SUFJAN STEVENS – Carrie & Lowell

I forgive you, mother
I can hear you
And I long to be near you
But every road leads to an end
Yes, every road leads to an end

(Sufjan Stevens – Death with Dignity)

Im Dickicht des Musikjournalisten-Dschungels hatte man es bereits vor Veröffentlichung des Öfteren gehört – ‘Carrie & Lowell‘, Sufjan Stevens‘ siebtes Studioalbum sei sein bisher bestes, hieß es da immer und immer wieder, und bereits nach dem ersten Hören trifft die atemlose Erkenntnis ein: all die Lobpreisungen sind völlig gerechtfertigt.

‘Carrie & Lowell’ ist ein zutiefst persönliches, intimes und dennoch universell zugängliches, berührendes und fast schon schmerzhaft wunderbares Album – und es fühlt sich fast an, als würden wir Sufjan noch einmal völlig neu entdecken, zurückkehren zu der Stelle als wir ihn zuerst entdeckten – der fragile Gesang, die spärliche und dennoch so wirkungsvolle Instrumentierung, die Texte die einem fast schon aus der Seele geschrieben sein könnten.

Stevens verarbeitet auf diesem Album seine ganz persönliche Familientragödie in Form seiner Mutter Carrie, die lebenslang an einer bipolaren Persönlichkeitsstörung und Schizophrenie litt, die sie mit Drogen zu medikamentieren versuchte. Und so begleiten wir Stevens auf einer intimen Reise durch seine Kindheit – von der stetigen Zurückweisung der Mutter in der Kindheit in ‘Should Have Known Better‘, über die seltenen glücklichen Kindheitserinnerung auf Familientrips nach Oregon mit dem geliebten Stiefvater Lowell in Songs wie ‘Carrie & Lowell‘ oder ‘Eugene‘ bis hin zum tragischen Tod der Mutter, den er in ‘Fourth of July‘ verarbeitet, jetzt schon einem der besten und wahrhaftigsten Songs dieses Jahres. Spärlich lediglich von einem dunkel-tanzenden Piano und einigen wenigen Streichern begleitet, sticht Sufjans so wunderbar verletzlicher Gesang umso mehr heraus und gräbt sich schmerzlich tief in das Herz des Hörers ein: “The hospital asked should the body be cast / Before I say goodbye, my star in the sky / Such a funny thought to wrap you up in cloth / Do you find it all right, my dragonfly?” singt er, und es bleibt einem nichts anderes übrig als seine imminente Liebe zu der Mutter, die ihn so sehr verletzt haben muss, zu bewundern. Ein Song, der mit so wenig so viel erreicht und damit das unglaubliche Talent Stevens’ als Songwriter herausstellt.

‘Carrie & Lowell’ führt Stevens und den Hörer zurück an die Basis seines Songwritings – fast schon spärlich in der Ausfürung, beweist Stevens eindrucksvoll, dass ein atemberaubender Song oft eben nicht mehr braucht als ein Piano und einen grossartigen Sänger und Songwriter.

5von5

Sufjan Stevens – Carrie & Lowell
VÖ: 27. März 2015, Asthmatic Kitty
www.asthmatickitty.com/artists/sufjan-stevens
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