PETER DOHERTY – Hamburg Demonstrations

Come on boys, choose your weapon, J-45 or AK-47
There’s hell to pay at the gates of heaven
And the whole show it comes tumbling down

[…]

The only way out of the dustbowl or the farm for thee

Join a band or join the army
It’s a hell of a kickback from the grind
Kick back and blow your tiny mind

(Peter Doherty – Hell To Pay At Gates Of Heaven)

Der Weg von Albion nach Hamburg ist lang. Vielleicht zu lang für Pete, der auf der Reise zu Peter wird und “fuck forever” gegen Zurückhaltung eintauscht. Amused or not amused? Ein Blick in Doherty’s 2. Soloalbum Hamburg Demonstrations verrät mehr.

2014. Im hohen Norden angekommen, verbündet sich Peter mit Johann. Johann (Scheerer) ist Produzent und Besitzer des Clouds Hill Recordings, einem Hamburger Studio mit anknüpfender Künstlerwohnung. „Great“, denkt sich Peter und zieht für knapp sechs Monate ein. Frieden in der Wohnung, Demonstrationen im Studio. Gearbeitet wird hier an einem Patchwork, das sich mit neuen Songs (einige davon existieren online bereits als Demos) aus emotionalem Pop, heiterem Country, romantischer Dichtung und nostalgischen Effekten zusammenstückelt (Cover).

Dearest friends, we bring news“, heißt es dann 2 Jahre später auf Pete’s Facebookseite. Diese News beginnen enthusiastisch mit Kolly Kibber, das von dem gleichnamigen Charakter aus Graham Greene’s Krimi Brighton Rock erzählt. Musikalisch bleibt der Krimi aus, vielmehr erklingen sanfte Gitarren im unbeschwerten Country-Pop. Um den Backgroundgesang kümmert sich die Band BOY, während Pete einige Fetzen auf Deutsch ins Mikro haucht: “Liebling, die Form zerbrach noch in der ersten Nacht, die Nacht des ersten Lichts. Und danach kommt nix, oder?

Doch danach kommen 10 weitere Songs, wie zum Beispiel Down For The OutingBirdcage oder Flags From The Old Regime (einer Hommage an Amy Winehouse), die aber eher schläfrig zurücklassen. Was sehr fröhlich und folkig klingt, entpuppt sich als der wohl politischste und berührendste Song des Albums. Hell To Pay At Gates Of Heaven behandelt die Pariser Terroranschläge 2015 und ruft mit kluger Lyrik dazu auf die “richtige Waffe” zu wählen: „Come on boys, choose your weapon, J-45 or AK-47” (mit J-45 ist eine Gibson-Gitarre gemeint).

Die erste Single I Don’t Love Anyone (But You’re Not Just Anyone) widmet der Romantiker seiner Freundin Katia de Vidas. Und weil die Liebe so groß ist, ertönt das Lied gleich zweimal auf der Platte. Einmal sehr ruhig mit vielen Streichinstrumenten (weniger wäre in diesem Fall mehr) und einmal etwas lebhafter mit Band. Interessant und skurril gibt sich Oily Boker, das zwischen Folk-Elementen (Mundharmonika) und energischem Rock (Sequenz mit bedrohlicher Männerstimme) pendelt. Jugendlicher Charme erblüht stattdessen noch mal in The Whole World Is Our Playground, bevor das Album mit She Is Far eher fad endet.

Ein Vergleich zu den The Libertines oder Babyhambles? Das wäre wohl unpassend, denn solo zeigt sich Peter ruhiger. Bereits 2009 wurde das mit seinem zurückhaltenden und doch sehr authentischen Debütalbum Grace/Wastelands deutlich. Mit Hamburg Demonstrations wurde versucht die “uniqueness of Pete” einzufangen und ein “very intimate feel” zu kreiieren, so Produzent Scheerer in einem Interview mit dem Sound On Sound Magazine. Dass Pete einzigartig und talentiert ist, wissen und hören wir. Die intime Stimmung hingegen kommt nicht immer so überzeugend rüber. Teilweise bleiben die Songs an der Oberfläche, wirken entweder monoton oder wollen zu viel auf einmal. Mehr natürliche Tiefe würde den Hamburger Demos noch besser stehen…dann also doch wieder zurück nach Albion?

Peter Doherty
VÖ: 2. Dezember 2016, Clouds Hill
www.facebook.com/peterdohertyofficial

Peter Doherty Tour:
20.02.2017 Batschkapp, Frankfurt
21.02.2017 Muffathalle, München
22.02.2017 Live Music Hall, Köln
24.02.2017 Große Freiheit, Hamburg
25.02.2017 Huxleys, Berlin

Janina Sommerlad

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