MAX RICHARD LEßMANN – Liebe in Zeiten der Follower

Wenn Sie liebt, dann ganz ohne Zweifel,
doch leider passt das nicht in die Zeit.
Die Jungs reichen ihr Herz immer wieder weiter,
sie wartet auf einen der bleibt.

Einer ist heute beim Fernsehen,
sieht traurig aus auch wenn er lacht.
Und manchmal kann man’s ihm ansehen,
hat er heimlich noch an sie gedacht.

Sie trinkt, sie raucht, sie riecht gut!
Sie sieht ein bisschen so aus wie Brigitte Bardot.
Sie ist schön, so schön, dass es weh tut.
Wenn sie weint, wenn sie lacht sowieso.

(Max Richard Leßmann – Sie trinkt, sie raucht)

Romantik ist in diesen Tagen selten und wenn es sie gibt, dann in Form von Strandfotos und Sonnenuntergängen auf Instagram. Allgemein ist der Stellenwert dieses Gefühlszustands, der zuweilen Musiker und Künstler einer ganze Epoche geprägt hat, sehr niedrig geworden und man sagt sich: „Romantik, pff…wer braucht die schon?

Max Richard Leßmann zeigt mit seiner ersten Solo-Platte das ganze Potenzial auf, das Romantik, eingebettet im 20er Jahre Swing-Sound hat und bringt damit etwas in die Stereoanlagen dieser Republik, wonach sich wohl ein jedes kaltes, und gebrochenes Herz im digitalen Zeitalter sehnt. Liebe in Zeiten der Follower heißt die 12 Titel umfassende Platte, die am 21. Juli bei Caroline Records erscheint. Bekannt geworden als Sänger von den Indie Rockern Vierkanttretlager ist Max Richard Leßmann schon seit einigen Jahren kein Unbekannter mehr.

Leßmann bringt in diesem Album die Musik der 20er Jahre zusammen mit romantischen, und humoristischen Texten, die trotz der Banalitäten, Tiefgang haben und die Sprache in all ihren Facetten als Medium der Kunst feiern. Chanson, Swing und Poesie fügen sich zu Gassenhauern zusammen, die schon nach dem ersten Hören so tief im Ohr bleiben, dass es scheint, als wären sie schon immer da gewesen. Leßmann schafft es damit uns in eine Zeit zu entführen, in der wahrhaftige Romantik noch wichtiger war als ein digital vermitteltes Liebesgeständnis in Emoticons. Trotzdem fließen die Themen unserer vernetzten Welt mit in die Texte ein. Da geht es um den Mann im Stream, lange Freundeslisten, Instagram und gleichzeitig um Küsse, roten Lippenstift und Lavendelfelder. Die dadurch inhaltliche erzeugte Spannung zwischen Mondlicht und Smartphone-Screens löst sich jedoch vollkommen in der angenehmen Leichtigkeit der Kompositionen auf.

Angefangen hat alles mit einem Gedicht, das am Ende eines Briefes an seine Freundin stand und in Ich wünschte verarbeitet wurde. Darauf folgten weitere Texte und nach und nach die Musik, die mit niemand Geringerem als den beiden Brüdern Johannes und Sebastian Madsen entstand. „Ich habe Lieder über Liebe geschrieben und Sebastian hat dazu gepfiffen und plötzlich machte alles Sinn. Also natürlich nicht alles. Das wäre aber auch schlimm.“, kommentiert Leßmann selbst den Entstehungsprozess. Und genau so unkompliziert wie er das Vorgehen schildert, so unkompliziert breitet sich diese gelassene, angeheiterte und romantische Stimmung im Hörer aus, sobald er die Nadel auf die Platte legt.

Man kann durchaus Madsen Elemente erkennen, wenn man an die vielen Melodien denkt und generell haben Madsen ja auch schon immer ein Faible für Gassenhauer gehabt. Nur eben nicht im 20er Jahre Stil. Aber genau das beschwört diese Magie hier eben herauf. Streicher, Bläser, Piano. Eine kleine Big Band groovet mit Ohrwurmmelodien Dean Martin-artig Song für Song über die Tanzfläche und Max Richard Leßmann haut dabei mit Witz und Aufrichtigkeit einen Reim nach dem anderen raus. Comedian Harmonists, Kurt Weill, irgendwo dazwischen und doch so schön aktuell und zeitgemäß.

Wenn Volksfest-Veranstalter und Kneipenbetreiber schlau sind, dann spielen sie ab sofort dieses Album rauf und runter. Denn soweit sie in ihrer Machart vom Mainstream entfernt sind, so groß ist das Potenzial dieser Lieder, sich zu Klassikern des gemütlichen Beisammenseins in die Herzen von Jung und Alt zu brennen. Sie haben das Potenzial, die zu meist übel klingenden Volksfest-Playlists ins maßlos Positive zu verwandeln.

Einen im Tee, so ehrlich und wunderbar zum Mitsingen, Keine Langeweile oder nicht zuletzt die Zeilen: „Sie trinkt, sie raucht, sie riecht gut! Sie sieht ein bisschen so aus wie Brigitte Bardot!“. Aber auch für die ruhigen und melancholischen Momente hat Leßmann mit dem wunderschönen Am Hafen oder Spuren auf dem Mond und vielen anderen Nummern vorgesorgt. Du kannst dazu tanzen, kannst singen und weinen oder am besten alles gleichzeitig und am Ende geht es dir in jedem Fall gut.

So ist das Einzige, das an diesem Album vielleicht gefährlich ist, dass es die Realität verschleiert und uns auf ein sommerliches Fest mit schönen Kleidern (Vintage natürlich), und Cocktailgläsern mitnimmt, wo uns ein lässiger zwanzigjähriger Leßmann anlächelt und sagt: „Nimm das Leben nicht so schwer.“ Diese Musik gibt uns das Gefühl, dass alles in Ordnung ist in dieser Welt. Aber wahrscheinlich ist es genau das, was wir brauchen in Zeiten der Follower.

Max Richard Leßmann – Liebe in Zeiten der Follower
VÖ: 21. Juli 2017, Caroline Records
www.facebook.com/MaxRichardLessmann

Christian Weining

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