Kinotipp der Woche & Kritik: DIE VERFÜHRTEN

Es scheint der Feind ist nicht das, was wir glaubten.
(Mrs. Farnsworth – Die Verführten)

Sofia Coppola ist das Filmemachen nicht in die Wiege gelegt, vielmehr wurde ihre Wiege schon rund zehn Wochen nach ihrer Geburt ans Set von Der Pate, den ihr Vater Francis Ford Coppola zu dieser Zeit drehte, verlegt worden und brachte ihr damit ihre erste Rolle im Film ein. Schon ihre ersten Filme  als Regisseurin zeugten von dem enormen Talent der US-Amerikanerin Stimmungen und Atmosphären einzufangen und mit atemberaubenden Bildern den emotionalen Zustand ihrer zumeist weiblichen und eher schweigsamen Hauptcharaktere herauszuarbeiten. Große Dialoge, Spannungsaufbauten oder eine stringent verfolgte Handlung waren dabei keine Steckenpferde der Oscar-Preisträgerin (Bestes Drehbuch für Lost In Translation) – doch mit ihrem neusten Film Die Verführten und ihrem damit verbundenen Einstieg in das Thriller-Genre wagt sich Coppola auf neues Terrain!

1864 tobt der Bürgerkrieg in den amerikanischen Südstaaten und auch in der vermeintlichen Idylle des Mädcheninternats von Mrs. Farnsworth (Nicole Kidman) sind die Kanonenschüsse noch zu vernehmen. Doch der Krieg macht nicht vor ihren gut verschlossenen Toren halt, denn ein angeschossener Nordstaateninfanterist (Colin Farrell) wird beim Pilzesammeln von einer der fünf verbliebenen Schülerinnen aufgelesen. Da es die christliche Nächstenliebe gebietet, den am Bein verwundeten Soldaten nicht hilflos in den Tod oder zumindest in die Gefangenschaft der lokalen Truppen zu schicken, pflegen die Frauen und Mädchen den ungebetenen Gast von dort an…und beginnen immer mehr um dessen Aufmerksamkeit und Zuneigung zu konkurrieren.

Basierend auf dem gleichnamigen Southern-Gothic-Roman von Thomas Cullinan von 1966, der schon 1971 von Don Siegel mit Clint Eastwood in der Hauptrolle verfilmt wurde, versammelt Coppola eine A-Riege der weiblichen Hollywood-Darstellerinnen. Nicole Kidman als achso korrekte Internatsaufseherin, Kirsten Dunst als nach Romantik und einem Ausweg suchende Lehrerin und Elle Fanning als sich ausprobierende pubertierende Teenagerin sind nur die Speerspitze des tollen Casts, bei dem Colin Farrell als verletzter Soldat den Hahn im Korb und das Objekt der Begierde mimt. Selten war ein Film von Sofia Coppola mit solch einer Leichtigkeit umhangen, selten blitzen so viel Witz immer wieder durch die Szenen und nie wurde es am Ende so düster und spannend. Die Verführten ist ein großes Schau- und Lustspiel und der vielleicht am besten erzählteste Film Coppolas bisher. Bravo!

Die Verführten (USA 2017)
Regie: Sofia Coppola
Darsteller: Nicole Kidman, Kirsten Dunst, Colin Farrell, Elle Fanning
Kino-Start: 29. Juni 2017, Universal Pictures International Germany

Dominik

Bedroomdisco-Gründer, Redaktions-Chef, Hans in allen Gassen, Golden Leaves Festival Booker, Sammler, Fanboy, Exil-Darmstädter Wahl-Hamburger & happy kid, stuck with the heart of a sad punk - spreading love for great music since '08!

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