IBEYI – Ash


Foto–© Amber Mahoney

Time is running
Though I’m young
Through my window
I see the day falling
Will the promise be held?
For at dawn I see unfolding

(Ibeyi – Away Away)

Wie aus dem Nichts ist das Geschwisterduo Ibeyi damals in der Musikwelt aufgetaucht. Aber das würde den beiden nicht gerecht werden. Der Tod ihres Vaters Miguel Diaz, selbst Musiker, weckte in den Schwestern die kreative Ader. Es entstand das erste Album von Lisa-Kaindé und Naomi Diaz, welches 2015 veröffentlicht wurde und sie zu einem der interessantesten Newcomer machte. Wo es sich darauf thematisch noch viel um die eigenen Gefühle drehte und es galt, Trauer zu überwinden und Erlebtes zu verarbeiten, da nimmt auf dem aktuellen Album ein ganz anderes Thema den größten Platz ein. Die diesjährigen Wahlen in den USA brachten den Stein ins Rollen. Ihre Reaktion? Der erste Song des Albums, der diesem zugleich seinen Namen leiht: Er heißt Ash.

Asche, weil sie gleich zweierlei Dinge sein kann: Zerstörung, aber eben auch Nährboden für etwas Neues. Und das ist es auch, was die Schwestern hier musikalisch schaffen: etwas Neues. Dabei handelt es sich ausnahmsweise nicht nur um die Musik, die keine Genre-Schubladen kennt, sondern um solche, die vor allem kulturelle Grenzen sprengt. Ibeyi verweben traditionelle Musik ihrer westafrikanischen Wurzeln mit elektronischem Sound, der selbst Autotune nicht scheut. Gesungen wird auf drei verschiedenen Sprachen: Englisch, Yoruba und diesmal findet mit Me Voy der erste Song auf Spanisch Platz auf einem Album von Ibeyi.

Sie schaffen eine Symbiose, die mal sehr zurückhaltend untermalt und schon fast mantra-artig durch repetitiven Gesang (Waves) und an anderer Stelle poppig-leicht daherkommt wie in I Wanna Be Like You. Eines haben die Lieder des Duos jedoch allesamt gemeinsam: Die Energie und Kraft, von denen jeder Song zu strotzen scheint. Schon der kurze Opener I Carried This for Years fackelt nicht lange, sondern weist viel mehr auf die Richtung, der auch der Rest des Albums folgt. Highlights des Albums? So einige. Neben dem fast siebenminütigen Mittelpunkt des Albums Transmission / Michaelion zählt definitiv No Man Is Big Enough for My Arms dazu – fast drei Minuten geballtes female Empowerment, gespickt mit einer Rede von Michelle Obama.

Die Schwestern beweisen mit Ash, dass man nicht alles niederbrennen muss, um wie ein Phoenix aus der Asche auferstehen zu können. Mit ihrem zweiten Album knüpfen sie dort an, wo ihr Debüt damals endete: Bei wundervoller Musik mit Anspruch an seine ZuhörerInnen. Das ist nicht immer bequem oder einfach, dafür aber in jeder seiner 40 Minuten spannend.

Ibeyi – Ash
VÖ: 29. September 2017, XL Recordings
www.ibeyi.fr
www.facebook.com/ibeyimusic

Sophia Sailer

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