SLEATER-KINNEY – The Center Won’t Hold


Foto-© Nikko LaMere

Manchmal dauert alles ganz schön lang und manchmal geht es ganz schnell. Bei Sleater-Kinney ist irgendwie beides der Fall. Nach der prägenden Anfangszeit und ihrem durch die Welt schallenden Einfluss war erstmal Schluss. Zehn Jahre Pause. Dann kam die Wiederentdeckung 2015 mit dem großen Album No Cities To Love. Der Einfluss schallte nicht minder durch die Musikzeitschriften und -blogs und da waren sie, die neuen Sleater-Kinney – seit 1996 in der Besetzung Carrie BrownsteinCorin Tucker und Janet Weiss. Jetzt vier Jahre später überschlugen sich die Ereignisse: Als erstes kam die Ankündigung, dass man sich für Annie Clark alias St. Vincent als Produzentin entschieden hatte, einige Zeit später erschien die starke Single Hurry On Home und dann gab kurz vor der Veröffentlichung des Albums Schlagzeugerin Janet Weiss ihren Ausstieg bekannt. Wer kann es einem verdenken, dass man da mit einer sehr ambivalenten Erwartungshaltung auf Play drückt.

Sich für Annie Clark als Produzentin zu entscheiden, konnte eigentlich nur einen Richtungswechsel oder zumindest ein Experiment bedeuten. Genau das bestätigte Carrie Brownstein auch oft in Interviews. Sie wollten die Veränderung, sie wollten eben nicht den typischen Sound, den man mit dieser Band verbindet. Diese Entscheidung wurde zwar noch gemeinsam getroffen, aber der Prozess und das Ergebnis dieser Zusammenarbeit hat wohl ein Opfer gebracht. So sind jetzt Sleater-Kinney zu zweit, haben aber zu dritt noch das geschafft, was sie sich vorgenommen haben. Elektronische Spielerein, Synthies und isolierter Gesang beim Opener The Center Won’t Hold, der dann doch noch von zwei Gitarren zusammengefegt wird. Reach Out ist dann Große-Gesten-Pop – wie man ihn eben von St. Vincent kennt; die Gitarre wird ausladender, Tempo runter, Gesang rauf.

Can I Go On erinnert wieder mehr an die vorangegangene Platte, aber die Handschrift der Produktion ist immer deutlich ins Papier gedrückt – es wirkt fast so als hätte die Gitarre einen eigenen Gesangspart. Restless ist in seinem Arrangement überraschend karg, bleibt aber vielleicht genau deswegen im Ohr hängen. RUINS und LOVE – beide Songs werden groß geschrieben – können als Symbiose dieses Wir-wollen-raus-aus-der-Komfortzone verstanden werden. Knatternde Gitarren treffen auf ein schweres, schleppendes Schlagzeug, während sich der wütende Gesang seinen Weg pflügt und in einem Hallgewitter verschluckt wird. So bedrohlich RUINS endet, so aufgedreht begrüßt einen LOVE: nervöse Beats vermischen sich mit entrückten Gesangslinien. The Future Is Here ist dann wieder wavig und gewaltig, The Dog / The Body erst stoisch und dann ausbrechend. Mit der Ballade Broken endet die Platte am Klavier und damit auch eine konsequente Auseinandersetzung mit den eigenen Grenzen.

Sleater-Kinney – The Center Won’t Hold
VÖ: 16. August 2019, Caroline
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