BIG RED MACHINE – How Long Do You Think It’s Gonna Last?


Foto-© Graham Tolbert

If I’m the trouble, you’re the storm
If I’m the sound, you’re the song
If I’m the thunder, you’re the law
If I’m the dusk, you’re the war

(Big Red Machine – Brycie)

Nicht erst seit gestern sind Kollaborationen ein Aushängeschild für kreative Schaffenskraft, Innovation und das Überwinden von Genre-Grenzen. Aaron Dessner ist wohl einer der Künstler, der das schon früh verstanden hat und in der internationalen Indie/Pop-Welt als eine Art Godfather der Kollaboration gesehen werden darf. Erst zuletzt gewann er mit Taylor Swift einen Album of the Year-Grammy für das gemeinsame Folklore und auch Ben Howards letztes Album erschien in seiner Zuständigkeit als Produzent. Viel älter schon ist das Kollektiv-Projekt PEOPLE, in dem Dessner und Justin Vernon (Bon Iver) endgültig zusammenfanden und seit dem mit ihrem Projekt Big Red Machine Fans auf der ganzen Welt beglücken.

Nun ist ihr zweites Album How Long Do You Think It’s Gonna Last? erschienen und es klingt als hätten Dessner und Vernon all die Erfahrung und Inspirationen der letzten Jahre zwischen Rockband, Indie-Klangexperimenten und gradlinigen Popsongs in ihrem Zweitwerk vereint – gepusht durch eine sehr produktive Arbeitsphase während der Pandemie.

Was die beiden US-Amerikaner besonders verbindet und was über alle 15 Stücke hinweg fast erschlägt, ist ihre einmalige Begabung Emotionen in Songs zu gießen wie kaum einer ihrer Kollegen:innen. Dazu nutzen sie alles was ihnen zur Verfügung steht: viel Klavier, Beat-Machines, Drums, Gitarren, Synthies, Streicher und auch Autotune in der Stimme wenn es mal wieder sein muss. Vor allem aber holen sie sich wie immer Freunde und Bekannte ins Studio: Taylor Swift, Anaïs Mitchell, Fleet Foxes, Ilsey, Naeem, Sharon Van Etten, Lisa Hannigan, Shara Nova, La Force und This Is The Kit. Das Album ist dadurch tatsächlich das Ergebnis einer großen Gemeinschaftsproduktion, wobei Dessner selbst nach wie vor den Großteil der Stücke selbst geschrieben und produziert hat. Darin geht es vor allem um ein Rückblick auf sein Leben als Sohn, Bruder und Freund. Er betont jedoch, wie jede:r auf Dessners Skizze hin seine eigenen Einflüsse mitgebracht und in das Album verstrickt hat. Und so ist es: die unglaublich eingängigen Melodien von Swift (Renegade, Birch) über die typisch meditative Atmosphäre von Howard (June’s a River) bis hin zur einfach nur bezaubernden Stimme von Mitchell (Latter Days, New Auburn).

Wie sehr Dessner seine Kollegen und Freunde schätzt wird deutlich in einem Lob an seinen Partner in Crime, Justin Vernon: „Justin is incredibly gifted, but he’s also disruptive in the best way,” sagt Dessner, über Vernons Einfluss auf den Song Birch als Beispiel. “It’s absolutely brilliant, but it was very surprising when I heard it the first time. I can’t tell you what that interval is. There are many moments working with him where your head hits the wall in amazement like that.” Und wenn es auch so wirkt und sicherlich so ist, dass Dessner die Oberhand in dem Projekt hat, ohne Justin Vernons Stimme – die das Album trägt, in Abwechslung mit all den anderen Stimmen, sowie erstmals auch mit Dessners eigener Stimme (The Ghost on Cincinnati, Magnolia, Bryce) – wäre Big Red Machine nicht das, was es ist. Die Kollaboration lebt!

Big Red Machines Zweitwerk ist alles, was Dessner und Vernon sind und waren. Und das ist eben auch The National und Bon Iver, aber gleichzeitig auch noch weit mehr als das. Big Red Machine ist eine Hit Maschine, so unromantisch das klingen mag. Sie beherrschen das Songwriting so gut, dass es weh tut und spenden mit ihrer Musik doch so viel Trost und Kraft, dass man nicht genug davon bekommt.

Big Red Machine – How Long Do You Think it’s Gonna Last?
VÖ: 27. August 2021, Jagjaguwar
www.howlongdoyouthinkitsgonnalast.com
www.facebook.com/BigRedMachineOfficial

YouTube video

Christian Weining

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