FANTASY FILMFEST 2021 – Rückblick

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Mit der Lockerung der Covid-19 Maßnahmen sind ja nun schon seit einigen Monaten die Kinos wieder offen und so langsam trauen sich auch die Festivalveranstalter zurück in die Lichtspielhäuser. So auch das Fantasy Filmfest, welches Ende Oktober bis Anfang November in sieben großen deutschen Städten stattfand. Was genau es mit dem Festival auf sich hat, haben wir letztes Jahr schon ausführlich beschrieben. Wir waren auch dieses Jahr wieder in unserem Stammkino, dem gemütlichen Arthouse Kino Harmonie in Frankfurt am Main. Ausgerechnet hier stand die Veranstaltung, wohl ob der geringen Saalgröße und aufgrund der Pandemie bedingten noch geringeren Kapazität, lange auf der Kippe. Dank der Umstellung auf 2G konnte das Fantasy Filmfest dann aber auch bei hier wieder stattfinden und das auch noch in voller Bestuhlung und davon profitiert dieses Festival ganz besonders.

Sind die Deutschen ja grundsätzlich eher wenig emotional im Kino, ist das FFF-Publikum hier wesentlich ausdrucksstärker. So wurde in 8 Tagen bei über 37 Filme lange laut gejubelt und gelacht, vor Angst geschriehen und im Stillen gezittert. Das Timing hätte auch nicht besser gewählt werden können, denn vom 24. Oktober an wurde filmisch bis zum Finale an Halloween das Genrekino abseits des Mainstreams gefeiert.

Den Auftakt machte der Revenge/Action/Comedy-Knaller Gunpowder Milkshake mit Lena Heady und Karen Gillan. Nicht ganz so stylish wie John Wick, aber dafür wesentlich amüsanter. Eine ausführliche Review hierzu reichen wir zum Kinostart Anfang Dezember nach. Ein weiterer Film, der den Vergleich zu John Wick über sich ergehen lassen muss, ist Pig: Trüffeljäger Rob (Nicolas Cage) zieht aus um sein gekidnapptes, liebgewonnenes Trüffelschwein zu retten. Nicht so abgefahren, wie man erwarten würde, dennoch so mitreißend, wie erhofft und überraschend tiefgründig. Hier steht glücklicherweise der Heimkino-Release am 19. November bereits kurz vor der Tür.

Etwas länger gedulden muss man sich hingegen bei boys from county hell. Ganz klar ein Horrorfilm von Fans für Fans. Regisseur Chris Bough liefert hier eine blutige Vampir-Komödie mit Herz in der Tradition von Shaun of the Dead oder American Werewolf in London. Das verschlafene irische Nest Six Mile Hill hat seine eigene Legende rund um Bram Stoker und die Entstehung des Vampir-Mythos im Allgemeinen. Eine Legende, deren Ruhe durch Baumaßnahmen gestört wird und Protagonist Eugene (Jack Rowan) und seine Freunde zwingt sich vom Tresen des einzigen lokalen Pubs Stoker zu erheben und zur Wehr zu setzen. Was folgt ist ein blutiger und bisweilen überraschend ergreifender Schlagabtausch zwischen den Untoten und der Dorfjugend. So springt der Film, unterstützt von vielen unaufdringlichen, liebevoll eingearbeiteten Hommagen an Genreklassiker, erfolgreich zwischen Comedy und echtem Horror. Einzig das Finale ist nicht ganz so konsequent und pointiert wie in den eingangs erwähnten Klassikern. Ende Januar steht der Blu-Ray Release an und Genrefans sowie Comedy-Liebhaber mit einem starken Magen sollten sich den Film unbedingt vormerken.

Noch rechtzeitig zu Weihnachten kommt der Abschlussfilm Silent Night ab dem 10. Dezember zu euch nach Hause, auf Wunsch sogar in 4K. Wie der Titel es bereits erahnen lässt, handelt es sich dabei um einen „typischen“ Weihnachtsfilm: die Familie und engsten Freunde von Nell (Keira Knightley) und Simon (Matthew Goode) treffen sich am Weihnachtsabend um gemeinsam zu feiern und sich gegenseitig in den Wahnsinn zu treiben. Die üblichen Vorbereitungen und damit einhergehenden Stress-Erscheinungen werden auf schwarzhumorige Art und Weise ausgeführt und kommentiert, bis sich auf einmal der Tonfall schlagartig ändert und die Familienmitglieder heftig über existenzielle Fragen diskutieren. Denn der Debütfilm von Camille Griffin bietet ein ungewöhnliches Szenario: der anstehenden Apokalypse in Gestalt von giftigen Wirbelstürmen wollen die Feiernden durch gemeinsamen Suizid entgehen. So wird Silent Night im Verlauf immer düsterer und die anfangs angedeutete Tragik manifestiert sich letztlich in schmerzhaften Liebesbekundungen zwischen Eltern und Kindern, Ehe- und Lebenspartner sowie besten Freunden. Zuweilen ist der Kontrast von zwei an sich nicht miteinander zu vereinbarenden Genres, Komödie und Drama, derartig groß, dass einige Handlungselemente beiläufig abgehandelt werden und der Zuschauer nach einer klar durchdachten Struktur suchen muss. Dem britische Ensemble gelingt es jedoch die Zuschauer mit ihrem großartigen und fesselnden Schauspiel für die einzelnen Charaktere einzunehmen und so wie es am Ende eines erfolgreichen Films auf dem FFF sein soll, den Anstoß zu heftigen Diskussionen zu geben.

Neben diesen Highlights gab es auch noch weiteres Abseitiges: die isländische Produktion Lamb mit Noomi Rapace war zwar herrlich surreal, aber leider auch dezent langweilig. Hunter Hunter hingegen ist ein enorm spannender Film, wenn ihr euch auf die Dynamik der Jagd einlassen könnt. Wer schon einmal jagen war, ahnt nun, dass den Zuschauer hier auf 93 Minuten primär Abwarten erwartet, denn wirklich dynamisch ist die Jagd nicht. Der Film überzeugt jedoch mit einer sehr direkten Bildsprache und fängt die Atmosphäre der Figuren alleine im Wald sehr gut ein. Bis auf sehr viele Bäume und die Hütte im Wald, sieht man von der Landschaft nicht viel, so das ein starkes Beklemmungsgefühl aufkommt, denn obwohl oder gerade weil der Wald so weitläufig ist, kann man dem Grauen nicht so einfach entkommen. Zum Ende hin wird der Film dermaßen brutal und grausam, dass man, obwohl man ja genau dieses Finale erwartet und vielleicht sogar auf die Konfrontation hin gefiebert hat, dennoch schockiert ist! Dann gab es noch mit Dashcam den zweiten Film von The Host-Regisseur Rob Savage. Nicht ganz so knackig wie sein durch Covid-19 / Homeoffice beflügeltes Debüt über die Zoom Séance, aber zumindest mit der Dashcam-Perspektive technisch nicht minder innovativ.

Horror ist eines der Filmgenres, die auch während der Pandemie nahezu konstant bedient wurden. Und so wird gerade diese Thematik in vielen Werken auf die eine oder andere Art aufgearbeitet. Sei es um das Geschehene zu verarbeiten oder für 90 Minuten zu vergessen. Beide Wünsche konnte man sich im Rahmen des Fantasy Filmfest immer wieder erfüllen. Alle, die nicht dabei sein konnten oder wollten, haben hoffentlich hier die eine oder andere Inspiration für das Heimkino mitgenommen und was viel wichtiger ist: Kino ist wieder da, Festivals sind wieder da und das Fantasy Filmfest wird auch 2022 wieder durch Deutschland touren.

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Malte Triesch

Malte wuchs im idyllischen Lilienthal, direkt an der Grenze zu Bremen, der schönsten Stadt im Norden Deutschlands, auf. Seine frühesten Film-Erinnerungen ist, auf dem Schulhof in der neusten TV Movie alles anzustreichen was gesehen und aufgenommen werden muss. Da die Auswahl an Horrorfilmen hier doch recht be- oder zumindest stark geschnitten war entdeckte er Videotheken für sich bzw. seine Mutter, da man diese ja erst ab 18 betreten durfte. Wenn er nicht gerade Filmreviews schreibt ist er wahrscheinlich im (Heim-)Kino oder vor dem Mikrophon für den OV Sneak Podcasts, SneakyMonday.

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