DER BESTE FILM ALLER ZEITEN – Filmkritik


Foto-© Manolo Pavon // Studiocanal

Ich will was Bleibendes schaffen, den besten Film aller Zeiten.

(Humberto Suaréz – Der beste Film aller Zeiten)

Als Geschäftsmann kann der Milliardär Humberto Suaréz (José Luis Gómez) auf einen beeindruckenden Lebenslauf zurückblicken. Aber mit nun 80 Jahren macht er sich Gedanken, was neben all dem Geld sein Vermächtnis sein wird, wie er es schaffen kann im kollektiven Gedächtnis einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Ein Film soll ihm hierbei helfen, aber nicht irgendein Film, sondern Der beste Film aller Zeiten. Da er sich bewusst ist, dass ihm jegliches Geschick auf dem Gebiet fehlt und ebenso jegliches Interesse, tritt er als Produzent auf und verpflichtet die nach Aussagen seines Beraters angesagteste Regisseurin Lola Cuevas (Penélope Cruz). Die verschrobene Dame wiederum verpflichtet die nach ihrer Aussage (für diesen Film) besten Darsteller Félix Rivero (Antonio Banderas) und Iván Torres (Oscar Martínez). Basieren wird der Film auf einem Roman, den Suaréz zwar nie gelesen, aber dessen Rechte ihn ein Vermögen gekostet haben. Ausgestattet mit einem fertigen Script und Lolas Konzeptmappe haben die Regisseurin und ihre beiden völlig unterschiedlichen Hauptdarsteller Félix (Actionstar) und Iván (renommierter Schauspieler) 21 Tage um eine gemeinsame Vision für die konkrete Interpretation der Rollen und Dialoge zu finden.

Der beste Film aller Zeiten ist ein Film für Filmfans, für Fans der Schauspielerei mit all ihren Facetten, für Fans und Kritiker der Branche und ihren teilweise absurden Praktiken. Exemplarisch für diese Liebe und das Spielen mit der Branche sei hier noch der Roman im Film erwähnt. Dieses fiktive Werk, geschrieben von dem fiktiven Autor Daniel Mantovani, tauchte bereits in dem Film Der Nobelpreisträger (2016) der beiden Regisseure Mario Cohn und Gastón Duprat auf. Damals gespielt von Oscar Martínez, der hier einen der beiden Hauptdarsteller mimt und ebensolche Preise verabscheut. Bis auf wenige solcher Meta-Gags ist für den Film jedoch keine detaillierte Kenntnis bestimmter Schauspieler oder Studios notwendig. Der Original Titel Competentia oficial deutet dabei an, worum es geht: um die oft verkrampfte und verkopfte Herangehensweise, wenn man einen dieser Filme schaffen möchte, die Filmpreise gewinnen. „Oscar bait“ wäre vielleicht ein passenderer, in Deutschland geläufiger Begriff gewesen, der sich hier als Titel angeboten hätte. Dabei begeht das argentinische Regieduo Mario Cohn (hierzulandevor allem bekannt für die schwarze Komödie Wild Tales) und Gastón Duprat gekonnt den schmalen Grat zwischen Überzeichnung und Realismus. Die Methoden von Regisseurin Lola sind zwar absurd und Ursprung der witzigsten Momente im Film, aber niemals komplett aus der Luft gegriffen und größtenteils sicher schon einmal irgendwo so oder so ähnlich angewandt worden. Vielleicht mit der Ausnahme eines riesigen Felsbrockens, der in einer Lesung mit einem Kran über den beiden Hauptdarstellern hängt und bedrohlich krächzend helfen soll den Darstellern die nötige Anspannung in der Szene zu vermitteln. Aber sogar diese Szene wird realistisch und mit einem der besten Gags des Films aufgelöst. Ebenso absurd wie realistisch sind die beiden Hauptdarsteller. Auf der einen der prätentiöse Arthouse-Darsteller Iván Torres (Oscar Martínez), der seinen Charakter emotional analysiert und auf der anderen Seite Actionheld Félix Rivero (Antonio Banderas), der Schlicht den Dialog ablesen will. Sein Motto lautet, wenn jemand einen weißen Kittel trägt, dann glauben die Zuschauer ihm schon, dass er ein Arzt ist. Überzeichnet, sicher, aber definitiv nicht schräger als reale Extrembeispiele der Schauspielerei wie Jared Leto oder Nicolas Cage.

Wie eingangs erwähnt, ein Film für Fans des Films, denn man lacht hier nicht über die Branche, sondern mit ihr. Auch wenn der Film sich nicht wie ein Wes Anderson Film anfühlt, dafür fehlt ein bisschen die Wärme, werden alle Fans von schrulligen Charakteren und opulenten Szenenbildern ihre Freude haben, ebenso natürlich Arthouse-Fans und Kritiker.

Competencia oficial (ES AR 2022)
Regie: Mario Cohn, Gastón Duprat
Besetzung: Penélope Cruz, Antonio Banderas, Oscar Martínez, José Luis Gómez, Irene Escolar, Pilar Castro
Heimkino VÖ: 29. September 2022, Arthaus

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Malte Triesch

Malte wuchs im idyllischen Lilienthal, direkt an der Grenze zu Bremen, der schönsten Stadt im Norden Deutschlands, auf. Seine frühesten Film-Erinnerungen ist, auf dem Schulhof in der neusten TV Movie alles anzustreichen was gesehen und aufgenommen werden muss. Da die Auswahl an Horrorfilmen hier doch recht be- oder zumindest stark geschnitten war entdeckte er Videotheken für sich bzw. seine Mutter, da man diese ja erst ab 18 betreten durfte. Wenn er nicht gerade Filmreviews schreibt ist er wahrscheinlich im (Heim-)Kino oder vor dem Mikrophon für den OV Sneak Podcasts, SneakyMonday.

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