MONA LISA AND THE BLOOD MOON – Filmkritik


Foto-© Institution of Production, LLC

Y‘all need those…those chill vibes, yo.

(Fuzz – Mona Lisa And The Blood Moon)

Nach einem Opening, das sehr an True Blood erinnert, sehen wir auch gleich Lauren Bowles (Holly Cleary aus True Blood), wie sie sich auf den Weg macht, Mona Lisa Lee (Jong-seo Jeon; Burning (2018)) eine Pediküre zu verpassen. Leider ist diese gerade nach 10 Jahren plötzlich aus ihrem katatonischen Zustand erwacht und nutzt die Gelegenheit dank neuer, mysteriöser Fähigkeiten aus der Anstalt auszubüxen. Nun irrt sie mit hängenden Zwangsjackenärmeln und gespendeten Converse All-Stars durch New Orleans. Weitestgehend weltfremd, bekommt Sie Unterstützung von allerhand skurrilen Charakteren aus der verschrobenen Schattenseite der Stadt, angeführt von DJ Fuzz (Ed Skrein) und Tänzerin Bonnie Belle (Kate Hudson), bei ihrem Bestreben einen Schritt vor Officer Harold (Craig Robinson) zu bleiben, der alles daran setzt, sie zu fassen.

Pawel Pogorzelskis (Chefkamera) visueller Stil, vor allem in den neon-getränkten Party-Vierteln der Stadt, macht ordentlich was her. Der ebenso stylische Soundtrack von Daniele Luppi, angereichert mit überwiegend synthigen Electronica-Songs von Bottin und Rodion, stellt ein weiteres Standbein des Films dar. Die Handlung hingegen ist recht dünn und stellenweise löchrig, es bleibt viel unerklärt oder wird nur angedeutet (was ja nicht per se schlecht sein muss), der Humor ist fast “anti”, die Charakterisierung etwas oberflächlich, der Kind-Schauspieler Evan Whitten schwer zu ertragen, Mona Lisa und Jong-seos Interpretation etwas zu stoisch und doch: die audiovisuelle Meisterleistung dieses B-Movie-Goldstandards geht direkt unter die Haut. Spätestens wenn Ed Skrein bei seinem Balanceakt auf der richtigen Seite von schmierig-charmant landet und dann auch noch der Beat droppt, geht einem das Herz auf. Scheinbar möchte jede Hollywood-Schönheit mal eine heruntergekommene Figur spielen: Charlize Theron in Monster, Juliette Binoche in Paradise Highway, Nicole Kidman in Destroyer, Natalie Portman in Goya’s Ghosts, Lena Headey in Dredd, Vanessa Hudgens in Shelter, Angelina Jolie in Girl, Interrupted und hier nun Kate Hudson als alleinerziehende Mutter, die ihr Bestes gibt; letztere gibt durchaus eine glaubwürdige Vorstellung.

Ana Lily Amirpour (Drehbuch & Regie) zeigt uns, wie viele unserer Interaktionen rein transaktional sind: ich helfe dir nur, wenn ich davon profitiere. Wenn ein Fremder dadurch einen Nachteil hat, ist mir das egal. Umso überraschender ist unerwarteter Altruismus. Verschiedene Systeme und Institutionen erschweren zusätzlich einen menschlichen Umgang miteinander. Anstatt wirklich aufeinander einzugehen und nachhaltig zu helfen, handelt jeder nur nach Vorgabe. Unerwartete Querschläger wie Mona Lisa zeigen die Selbstgefälligkeit des Status Quo, der es allen, die nicht ins fein säuberliche Muster passen, das Leben schwer macht. Amirpour liefert kompromisslos ihre Vision ab und alle, die nicht auf ihrer Wellenlänge sind, haben das Nachsehen.

Mona Lisa and the Blood Moon (USA 2021)
Regie: Ana Lily Amirpour
Besetzung: Jong-seo Jeon, Kate Hudson, Ed Skrein, Craig Robinson, Evan Whitten
Kinostart: 6. Oktober 2022, Weltkino

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