PANO & LUKE NOA – Interview

Foto-© Stephan Strache

Eigentlich war das Gespräch als Interview mit allen drei KünstlerInnen der gemeinsamen Tour Ende September beim Stop in Köln gedacht. Bei Brockhoff wäre es sogar ein Wiedersehen gewesen, nachdem wir zu Beginn der Festivalsaison auf dem Way Back When Festival Lina bereits auf ein Interview trafen. Leider war der Tag dann sehr viel chaotischer und Brockhoff musste – krankheitsbedingt – zuerst das Konzert in Köln, später dann einen Großteil der Tour canceln. Trotz Linas Ausfall nahmen sich Verona (Pano) & Luke Noa für ein Interview in alle dem Gewusel Zeit.

Erst einmal Dank, dass Ihr euch die Zeit fürs Interview trotz des eher chaotischen Tourstart nehmt.
Luke: Gern geschehen. Wir freuen uns darauf.

Seid Ihr aufgeregt?
Luke: Ich habe so ein richtig krasses Kribbeln, aber ich finde es voll geil. Aber frag mich noch einmal eine viertel Stunde vor dem Auftritt.
Verona: Ich finde es manchmal ganz angenehn. Manchmal aber auch nicht. Vor allem, wenn alles so neu ist. Mit In Ears zum Beispiel spiele ich heute das erste Mal. Das macht mich ganz schön nervös.
Luke: Ich habe auch am meisten Angst vor technischen Problemen. Gar nicht so sehr dass ich schief singe oder was schiefgeht. Klar es ist die erste Show, da hat man auch Angst, an alles zu denken, was man geprobt hat. Aber meine Angst ist eher technisch: das man sich nicht mehr richtig hört oder etwas ausfällt. Wir spielen auch alle hier mit einem vorübergehenden Set Up. Das ist neu für uns. Aber ich habe voll Bock. Ich habe schon lange nicht mehr mit Band gespielt.
Verona: Ich habe auch voll Bock. Aber ich bin schon sehr nervös.

Habt Ihr eine Setlist für die ganze Tour oder variiert ihr diese von Stadt zu Stadt?
Verona: Ich muss zugeben, heute ist bei mir gar nichts wirklich durchgeplant. Weil Brocki leider heute noch ausgefallen ist und wir jetzt nochmals zwei Sachen reingenommen haben und mein eigentlicher Gitarrist auch nicht dabei ist, sondern der von Brockhoff heute Sub bei mir macht. Deshalb ist alles ein wenig wild und wenig geprobt aber trotzdem gut – hoffe ich zumindest.
Luke: Ich habe meine Setlist. Die ziehen wir durch. Und dann muss ich schauen, ob ich vielleicht auch noch einen Song mehr spiele wegen dem Brocki Ausfall. Wir spielen das selbe Set für die ganze Tour. Das ist jetzt auch mit der neuen Band einfacher. Das man erst einmal grundsätzlich weiß, wie fühlt sich das an mit der neuen Band. Man hat einen klaren Ablauf. Und wenn man dann richtig eingezockt ist, sich ein bisschen besser kennt, dann kann man auch mal variieren.

Was heißt bei dir neue Band? Wie lange kennt Ihr Euch?
Luke: Ich habe mir mit der Band tatsächlich sehr, sehr viel Zeit gelassen. Das war mir sehr wichtig. Ich habe 2018, 2019 vor Corona viel mit Band gespielt und dann durch Corona ist das einfach schwierig geworden. Ich bin ja jetzt viel in Berlin, daher habe ich auch eine Berliner Band gebraucht. Mir war wichtig, dass in der Band das Menschliche vorne steht. Natürlich müssen die Leute auch spielen können und man muss das auf die Bühne bringen können, was man realisieren möchte, aber das Menschliche stand im Vordergrund, weshalb ich mir mega viel Zeit gelassen habe. Wir haben heute noch drüber gesprochen: meinen Gitarrist aus Island habe ich das erste Mal im Dezember letzten Jahres getroffen und wir spielen heute die erste Show zusammen. Und das war schon so ein Treffen: hey, spielen wir in einer Band zusammen? Es war gar nicht so kennengelernen sondern vielmehr, ich suche noch jemanden an der Gitarre. Und es war mir wichtig: ich wollte mit allen Leuten erst einmal drei, vier Mal ein Bier trinken gehen, ehe wir im Proberaum sitzen. Weil es essentiell ist. Und es hat sich ausgezahlt: jetzt ist die Stimmung mega geil in der Band.

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Das heißt, sie spielen alle Lieder, die Du komponiert hast?
Luke: Genau. Im Studio spielen mein Produzent und ich alle Instrumente selbst ein. Aber meine Vision, dass meine Musik eben mehr ist als Singer-/Songwritermusik, dass es ein Band-Sound ist, geht jetzt endlich wieder auf. Auch die ganzen Songs, meine letzte EP kam 2021 raus, kann ich jetzt endlich so spielen, wie sie konzipiert sind.

Und wie ist das bei dir, Verona?
Verona: Luki, der Bassist ist einer meiner besten Freunde. Ich habe mich 2019 entschlossen eine EP aufzunehmen und 2020 haben wir sie dann aufgenommen. Ich habe dann einfach zwei weitere Freunde von mir gefragt, ob sie dabei sind. Alle drei haben daraufhin gemeint, wir haben Bock, wenn es ums Livespielen geht und sind seitdem dabei.
Luke: Ich finde das voll schön, weil das so organisch passiert ist.
Verona: Die Jungs kannten sich alle vorab nicht und sind jetzt alle gut befreundet. Das ist voll schön zu sehen.

Und wie macht ihr das dann vor einer Tour mit dem Proben?
Verona: Das ist immer unterschiedlich. Manchmal fahren wir in den Odenwald zu meinen Eltern. Die haben ein Haus auf dem Land, da kann man ganz gut proben. Oder bei Manu in Mannheim. Manchmal auch in Berlin, da mieten wir dann etwas. Aber ganz oft nehmen wir uns dann vier oder fünf Tage am Stück Zeit und machen dann so etwas wie eine Probecamp, was auch ganz cool ist. Es wäre natürlich schöner, wenn alle in einer Stadt wären aber so ist es dann super intensiv immer und auch entsprechend produktiv.
Luke: Ich nehme es auch als einen Nachteil von einem Soloprojekt wahr, dass man keine Band hat, mit der man regelmäßig zusammenhängt. Ich hatte eine Band früher. Das war schon romantisch in der Hinsicht, dass man sich auch einmal die Woche trifft und dann wird geprobt und wird zur Routine. Das ist für mich bisher weggefallen. Wenn man ein Soloprojekt hat, ist das Proben mehr geplant. Man probt nicht mehr ins Leere, weil die Songs schon da sind. Bei manchen Soloacts ändert sich dies vielleicht noch, dass man irgendwann so eng mit der Band ist, dass es sich dann doch ins Kreative bewegt. Das ist vielleicht ein Nachteil: ich vermisse diese Routine beim Proben. Es ist oft dem Zeitstress geschuldet und wenn die Band nicht immer dabei ist, muss mann einfach gezielter proben.
Verona: Es hat Vor- und Nachteile, eine Band. Ich genieße es jetzt sehr. Ich habe vorher auch in einer Band gespielt. Das war oft vom Zeitmanagement und vom Prioritätensetzen super schwierig. Wenn zwei es super arg wollen und die anderen zwei sind nicht so enthusiastisch dabei, dann gibt es dauerhauft zu wenig gemeinsame Nenner. Bei mir war es dann auch so in der alten Band, dass viele ihre „andere“ Karriere hatten: der eine hat seinen Doktor gemacht, der andere ist Lehrer geworden. Dann kommt eins zum anderen. Das ist dann natürlich super stressig. Es war halt eine Jugendband. Aber jetzt ist es schon gut, wenn ich sagen kann: das sind meine Songs und so mache ich das gerne. Trotzdem gehen wir auch gemeinsam in den Kreativprozess und vollenden Songs gemeinsam.

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Was habt Ihr für Mucke mit Euren „alten“ Bands gemacht?
Verona: So Rockmusik.
Luke: Ich war 2014 bis 2016/2017 mit der alten Band im Folkpop unterwegs. Ich war sehr Indiefolk inspiriert und war Frontmann der Band. Es kam dann aber zur selben Thematik: zwei wollten studieren und die Band nur noch als Hobby weiterführen. Bei mir kam noch erschwerend dazu und dazu stehe ich einfach: ich bin ein absoluter kreativer Ego. Ich bin so ein Visionsmensch und tue mich extrem schwer mit kreativen Kompromissen. Das will ich keiner Band antun. Damit hatte ich immer zu hadern: ich gehe bei meinen kreativen Visionen keine Kompromisse ein.
Verona: Bei mir war es eher anderes bei meiner alten Band. Es waren schon dominante Jungs dabei und ich war eher ruhig. Klar war ich auch am Schlagzeug und habe am Songwritenprozess mitgewirkt aber es war mir auf Dauer zu wenig. Ich habe immer schon so nebenher mein eigenes Zeug geschrieben und wusste dabei, ich muss dass auf jeden Fall alleine durchboxen und suche mir die passenden Leute dafür und bin nicht mehr abhängig von jemanden. Aber klar, damit trägt man dann auch die ganze Last alleine. Das ist dann die Kehrseite davon.

Gerade, wo das Musikbuisness immer noch so männerdominiert daherkommt, finde ich es ein total schönes und gutes Zeichen, dass bei dieser Tour die Bands mit Frontfrauen in der Überzahl sind.
Luke: Das Thema ist berechtigterweise sehr präsent und ich habe das Gefühl, dass sich zum Glück gerade ganz viel tut.
Verona: Ich habe auch das Gefühl es wird besser. Es ist zwar noch Platz nach oben, aber die Musiklandschaft ist zumindest auf dem richtigen Weg. Es tut sich was.

Und wie kam es ganz konkret zu dieser Tour?
Luke: Ich weiss nicht, ob Du noch eine andere Story hast, Verona. Es war eigentlich eine Idee unserer Bookingagentur, die dachten, warum bündeln wir nicht Kräfte und legen das zusammen. Das war eine total spannende Idee. Es sind drei neue Gesichter, die da auf Tour gehen. Es ist schön, sich gemeinsam zu präsentieren. Wenn man sagt: ein Ticket, drei Bands, das ist ein cooler Abend für das Publikum, zumal wir alle nicht so hunderprozentig abendfüllende Setlängen haben. Das ist für mich ein super angenehmer Start in dieses neue Bandkapitel. Wir helfen uns mega. Es ist super angenehm und man lernt unheimlich viel.
Verona: Da kann ich mich nur anschließen. Es war eine super Idee.

Wobei bei dir und Brockhoff ist es auch so, dass Fabi bei beiden spielt.
Verona: Genau. Fabi hat mich auch schon zweimal bei anderen Gigs unterstützt, wenn mein Gitarisst nicht konnte. Das ist ganz gut so. Mein Bassist spielt jetzt auch bei Brockhoff.
Luke: Mein Drummer spielt auch zwei Shows für Brockhoff. Wir machen also so ein kleines Crossover in den Bands. Das ist aber einfach auch der Natur geschuldet, dass Subs gerade sehr rar sind.
Verona: Es zeigt aber auch, wie gut wir uns alle verstehen. Bereits zu Beginn kann ich sagen: es ist eine super Truppe, mit der ich unterwegs bin.

Ihr habt im Voraus offen kommuniziert, dass ein paar Konzerte aufgrund schlechtem Vorverkauf abgesagt wurden.
Luke: Es ist eine harte Zeit gerade. Auch hier in Köln ist die Bude nicht ausverkauft – im absoluten Gegenteil. Wir freuen uns riesig über jede Person, die kommt, die uns unterstützt. Wir sind krass froh, dass wir auf die Bühne können. Das was geht, das wir vorankommen. Es gab aber Städte, da war der Vorverkauf so niedrig, dass es keinen Sinn gemacht hätte, dort zu spielen. Es sind unsichere Zeiten, die Leute sind nicht mehr so offen auf Konzerte zu gehen. Aber wir sind da und wir machen weiter.

Ich finde es super wichtig, dass mittlerweile offen darüber gesprochen wird. Am Anfang wurden ja oft Konzerte oder teilweise sogar ganze Touren gecancelt, ohne dass der Grund des schlechten Vorverkaufs kommuniziert wurde. Ihr habt den anderen, transparenten Weg gewählt. Vielleicht hilft es ja, potentielle KonzertgängerInnen für das Thema zu sensibilisieren.
Luke: Das war uns wichtig. Wir haben es direkt besprochen, dass wir möglichst transparent damit umgehen wollen. Vielleicht war es am Anfang noch beschämend, da Bands es persönlich nahmen und meinten, man will uns nicht sehen. Mittlerweile sind viele weiter. Aktuell ist die Situation eher so, dass viele Leute, die sonst früher relativ spontan entschieden, ich will rausgehen, ein Konzert sehen, wegbrechen und zu Hause bleiben.
Es ist ja auch einfach krass: zuerst gab es Corona mit fast zwei Jahren Stillstand bei Livemusik und jetzt darf man wieder und nun das. Das kann einem zusetzen.
Es sind keine leichten Zeiten. Von einer Krise in die nächste Krise. Man kann es aber den KonsumentInnen am Ende nicht übel nehmen, dass die Situation ist, wie sie am Ende ist. Ich bin einfach krass dankbar und glücklich über jede Person, die da ist und das werde ich auf der Bühne sagen, dass mir das ultra viel bedeutet. Hoffentlich ist es dann so, dass die heutigen BesucherInnen in ein oder zwei Jahren bei einer der nächsten Shows sagen: ich war da. Damals noch im Artheater.
(Gelächter)
Verona: Mir geht es genauso. Ich kann für mich selber sprechen: ich habe auch noch drei Tickets für Nachholkonzerte am Kühlschrank hängen. Es gibt auch ein Überangebot gerade.
Luke: Es kommen einfach Sachen zusammen. Gerade wollen einfach alle auf Tour. Und das ist verständlich. Das ist in der Psychologie auch ein Thema. Bei einem gewissen Überangebot kann man sehen, dass die Leute einfach dicht machen und sagen, dann entscheide ich mich vorab gar nicht oder mache gar nichts. Das kommt erschwerend noch dazu.

Wenn Ihr selbst ein Festival kuratieren könntet, wer müsste unbedingt spielen?
Luke: Haim. Die habe ich in Stockholm gesehen. Das war absolut krass.
Verona: Ich bin ein rießen Sam Fender Fan.
Luke: Ja klar: Sam Fender als Headliner. Harry Styles auf jeden Fall.
Verona: The Districts. Finde ich richtig gut.
Luke: Das ist so eine krass offene Fragen. Man kann ganz oben anfangen aber es gibt auch mega viele tolle kleinere Bands.
Verona: Sharktank.
Luke: Es gibt so viele tolle Bands und so viele tolle Genres. Was mich gerade so inspiriert, obwohl es nicht die Musik ist, die ich mache ist gerade so Hardcore und Post-Punk: Turnstile oder Viagra Boys finde ich mega geil. Das finde ich gerade mega inspirierend. Ich mache gerne – kann man das so sagen – schöne Musik und ich finde den „auf die Fresse Charakter“ dieser Musik gerade sehr inspirierend, gerade weil es so anders ist. Daher würde ich gerne so ein paar paar Bands aus diesem Genre einladen. Auch Amyl & The Sniffers ist so eine Band.

Stimmt. Die sind krass. 2020 habe ich sie hier um die Ecke im Bumann & Sohn gesehen und dieses Jahr spielten sie auf der Mainstage vom Maifeld Derby. Mega gute, intensive Live Band.
Luke: Ja wie war denn das Maifeld Derby?

Großartig. Gefühlt hatte jeder Tag eine andere musikalische Ausrichtung. Den Donnerstag habe ich leider verpasst. Freitag war sehr smooth und tanzbar mit Easy Life, Arlo Parks oder Weval, Caribou und Bonobo, der mit Orchester performte. Samstag war dann weitaus rockiger mit black midi und King Gizzard & The Lizard Wizzard. Bilderbuch wurden dann noch kurzfristig aus dem Sack als Ersatz für Mac DeMaco gezaubert. Total krass. Sonntag dann ein würdiger Ausklang mit Stella Donnelly und Kings Of Convenience als Finale. Besser geht’s kaum.
Luke: Wie krass mit Bilderbuch. Sie sind für mich die deutschsprachige Band. Wie sie die Sprache benutzen, in einem Satz vom Deutschen ins Englische wechseln. Und überhaupt: Maurice ist vielleicht der Frontmann schlechthin. Ein Mensch der großen Geste. Bei vielen drüber, aber bei ihm passt es. Welch’ grossartige Band!

Was läuft in Eurer Bedroomdisco?
Verona: Bei mir gerade Wet Leg.
Luke: Ja klar: Wet Leg. Wie konnte ich die fürs Festival vergessen. Mega Mucke.
Verona: Districts. Da bin ich riesen Fan.
Luke: Bei mir ist das gerade richtig schlimm geworden. Manchmal habe ich noch Alben, die ich gerne höre, aber gerade habe ich oft so ein, zwei Songs die ich auf Dauerrotation höre, von denen ich nicht genug bekommen kann. Das ist gerade eine richtig gute Kombi. Da ist jemand, der sehr unbekannt ist, jemand der sehr bekannt und ein Song, der schon extrem lange draußen ist und ein Riesenhit ist, den ich jetzt aber wieder neu für mich entdeckt habe. Das ist Rolling in the Deep von Adele. Ich habe den neuentdeckt. Alles an diesem Song ist einfach perfekt. Das ist so ein krasser Song. Das macht mir eine Mordsfreude ihn zu hören. Unbekannt ist eine Band aus UK, die jedoch viel in LA ist, die heißen Sons Of Raphael. Es sind zwei Brüder. Super unbekannt aber super krass. Die haben eine Platte rausgebracht letztes Jahr. Sehr zu empfehlen. On Dreams That Are Sent By God. Brutal krass. Den liebe ich. Auch die ganze Platte. Sehr artsy, sehr spannend. Das ist unbekannt. Und was jetzt gerade neu herauskam, was mega bekannt ist, ich aber gerade mal wieder neu für mich entdeckt habe ist die neue Single von Artic Monkeys, There’d Better Be A Mirrorball die neue Single. Artic Monkeys fand ich immer cool, aber ich war nie so voll Fan und jetzt bei der ersten Single bin ich erstmals so voll connected. Das sind meine aktuellen drei Dauerrotation Songs.
Verona: Bei mir ist es noch Alice Phoebe Lou. Die finde ich auch richtig gut.

Vielen Dank für Eure Zeit.

Stephan Strache

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