Bedroomdisco Top Alben – Mai

Foto-© Carlos Cruz

1. Car Seat Headrest – The Scholars (VÖ: 02.05.2025)

Auch wenn Will Toledo, alias Car Seat Headrest, uns in den letzten Jahren nicht mehr so regelmäßig wie zu Beginn mit neuen Indie-Rock-Werken beglückt, hat die Qualität seiner bisweilen ausufernden Songs nicht unter den längeren Entstehungsprozessen gelitten. So markiert das im Mai erscheinende The Scholars das erste Studioalbum seit fünf Jahren und zeigt das mittlerweile zur vollwertigen Band angewachsene Projekt auf der Spitze ihres kreativen Schaffens – denn natürlich muss das neue Car Seat Headrest-Album nach so langer Zeit ein besonderes sein. Letztlich ist es ein konzeptionell ausgefeiltes Rock-Oper-Opus geworden, das von Toledo produziert und größtenteils analog aufgenommen wurde. Für die Lyrics und die erzählerische Struktur ließ sich Toledo durch Klassiker inspirieren – von Shakespeare über Mozart bis hin zu Opernmusik. Das Album spielt auf dem fiktiven Campus der Parnassus Universität. Die Songs des Albums erzählen von Studierenden und Dozierenden sowie deren Erlebnissen als lose Erzählung über Leben, Tod und Wiedergeburt. Und die Band zeigt damit wie leicht große Geste im Indie-Rock klingen kann!

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2. CATT – A Different Life (23.05.2025)

Auch die Singer-Songwriterin/Multi-Instrumentalistin CATT, die hierzulande zu unseren absoluten Lieblingen gehört, veröffentlicht im Mai ihr neues, drittes Studio-Album. Hieß ihr 2023er Zweitwerk schon Change, erzählt A Different Life von noch mehr Veränderungen und beginnt mit den Lyrics „Nothing changes if nothing changes“ – Veränderung als Mittelpunkt des Schaffens also. Wobei die Musikerin sich darauf eher soundtechnisch auf hohem Niveau treu bleibt, ein Album wie ein magisches Kaleidoskop, Musik als Ausdruck von Lebendigkeit. Die Weiterentwicklung der klassischen Zeitlosigkeit des Songwritings der 60er und 70er Jahre mit einem frischen Indie Spirit gelingt so nur CATT. Jahre des Schreibens, des Experimentierens und hunderte Konzerte mit ihrer Band auf den Bühnen Europas haben einen besonderen Sound geformt: Charaktervoll, organisch und außergewöhnlich inspiriert.

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3. MRCY – VOLUME 2 (VÖ: 30.05.2025)

Gerade etwa ein Jahr nach dem Debütalbum VOLUME 1 kehrt das Londoner Soul-Duo, bestehend aus Sänger Kojo Degraft-Johnson und Produzent/Multi-Instrumentalist Barney Lister, mit ihrem Zweitwerk zurück: VOLUME 2. Als MRCY halten sie auf den acht neuen Songs an ihrer Prämisse fest, gefühlsbetonte Musik zu machen, die ebenso überrascht wie tröstet und sich auf zeitlose Klänge ebenso bezieht wie auf einen Sinn für den neuesten Stand der Technik. „Wir versuchen, Ängste mit Optimismus und Sorgen mit Liebe zu bekämpfen“, sagt Barney über die Auseinandersetzung mit den vielen Krisen des modernen Lebens in ihrer neuen Veröffentlichung. „VOLUME 2 bricht die Form, um ein größeres Bild von uns zu präsentieren – etwas mit Ängsten, Überraschungen und mehr Mumm.“ Das klingt dabei noch vielschichtiger und vielseitiger als noch beim Debüt, mischt mal lebendige Afrobeat-Polyrhythmen mit Jazz-angehauchten Schnörkeln, mal besinnt sich das Duo auf soulige Balladen, die vor verspielten Klangexperimenten nur so trotzen. Auf jeden Fall eines der schönsten Alben des nahenden Sommers und ein weiterer Hinweis, dass man MRCY auf dem Radar haben sollte.

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4. Blondshell – If You Asked For A Picture (VÖ: 02.05.2025)

Der Titel If You Asked For A Picture des neuen Albums von Blondshell (Sabrina Teitelbaum) ist einem Gedicht der geschätzten amerikanischen Schriftstellerin Mary Oliver aus dem Jahr 1986 entlehnt, das den Titel Dogfish trägt. Darin setzt sich Oliver mit der Idee auseinander, die eigene Geschichte zu erzählen: Wie viel sollte man teilen, wie viel sollte man für sich behalten – alles Fragen, die sich Teitelbaum beim Schreiben der kommenden LP stellte. „Es gibt einen Teil des Gedichts, der besagt: ‚Ich muss dir nicht alles erzählen, was ich durchgemacht habe. Es ist nur eine weitere Geschichte von jemandem, der versucht, zu überleben“, sagt Teitelbaum. „Was ich an Liedern so liebe, ist, dass sie eine Momentaufnahme einer Person oder einer Beziehung zeigen, und einen Einblick in eine Geschichte zu geben, kann genauso wichtig sein wie der Versuch, die ganze Sache einzufangen. Manchmal ist es sogar wahrheitsgetreuer, als wenn man versucht, alles aufzuschreiben.“

If You Asked For A Picture ist sowohl klanglich als auch thematisch von einer lebendigeren Nuance geprägt und deutet auf eine tiefere autobiografische Geschichte hin, die etwas schmerzhaft Universelles anspricht, ohne dabei zu offenkundig zu sein. Teitelbaum erklärt: „Die erste Platte fühlt sich für mich sehr schwarz-weiß an. Diese Platte hat mehr Fragen“.

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5. Tune-Yards – Better Dreaming (VÖ: 16.05.2025)

“Kunst zu kreieren ist für mich ein ständiger Kampf den Fokus zu behalten; denn wir leben in einer Zeit voller Unterbrechung und Zerrüttung“, äußert sich die Tune-Yards Sängerin Merrill Garbus über ihr sechstes Album Better Dreaming. Mit einer klaren Haltung zu Antifaschismus, Befreiung und Anderssein präsentiert das neue Album einige der eingängigsten und funkigsten Pop-Momente von Tune-Yards bisher – und ja, tanzen kann man dazu auch, was auch daran liegt, dass das Duo, bestehend aus Garbus und ihren Bandkollegen und Partner Nate Brenner, in ihren Songs eine Gradlinigkeit gefunden haben, die sie so lange nicht mehr in ihren Songs hatten, ohne dabei die abwegigen Ausflüge zu vernachlässigen, für die das Projekt Tune-Yards seit Beginn bekannt ist. Dabei wachsen die Songs mit jedem Hören zu immer größeren Ohrwürmern an und zeigen, dass diese Band auch nach all den Jahren immer noch besser werden kann!

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Newcomer:

1. Jacob Alon – In Limerence (VÖ: 30.05.2025)

Dank einer herausragenden Fähigkeit für nachdenkliche, außergewöhnliche Texte, einer Stimme so kraftvoll wie zerbrechlich und dank eines komplexen Gitarrenspiels gilt der schottische Singer-Songwriter Jacob Alon in UK schon als eines der größten Talente seiner Zunft. Und wahrlich zeigt sein Debütalbum, das von Dan Carey (Wet Leg, Fontaines D..C.) produziert wurde, Jacobs komplette Gefühlswelt, geizt nicht mit Intimität und Tiefgang und gehört jetzt schon zu den spannendsten Debüts des Jahres! Der zeitlose Sound, oft mit Künstler*innen wie Jeff Buckley und Rufus Wainwright verglichen, durchdringt die Luft mit kraftvollem, eindringlichem Gesang, komplexem Gitarrenspiel und nachdenklichen, poetischen Texten.

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2. MODULAR – Lonely Hearts Club (VÖ: 23.05.2025)

Die Wahl-Hamburger Newcomerin MODULAR geistert schon seit einiger Zeit durch die hiesige Szene – jetzt erscheint endlich das Debüt Lonely Hearts Club, das eine neue Ära für die Künstlerin einläutet: zeitgeistig und ohne Genregrenzen etabliert sie eine neue Klangfarbe im Alternative-Pop-Kosmos. „Ich fühl’ mich wohl in dem sonnigen Sound, den das Alleinsein mit sich bringen kann und lade alle ein, sich mit mir wohlzufühlen“, erzählt MODULAR zum gleichnamigen Titelsong – oder anders gesagt: Lonely Hearts Club ist DIE Hymne zum Zusammen-einsam-sein. Und mit dem neuen Sound-Gewand bleibt MODULAR eh so unwiderstehlich eingängig, dass man ihr überall hin folgen will.

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3. Luke Noa – Début (VÖ: 30.05.2025)

Das erste Album zu veröffentlichen, ist ein einschneidendes Ereignis für jeden Künstler. Mit seinem facettenreichen, acht Songs umfassenden Debütalbum, das ehrlicher und intimer nicht sein könnte, zeichnet Luke Noa eine perfekte Darstellung seiner bisherigen musikalischen Reise und stellt damit sein natürliches Gespür für zeitlosen und internationalen Sound unter Beweis. Umso mehr, da er dafür mit dem Schlagzeuger seiner Lieblingsband aus Jugendzeiten arbeitet: Chris Maas, dem renommierten Schlagzeuger, der vor allem für seine Arbeit mit Sting, Mumford & Sons und Maggie Rogers bekannt ist. Warm, groovig und dann wieder laid-back – Luke Noas Début ist ein selbstbewusster Schritt nach Vorne für den hiesigen Songwriter, der sich damit nicht hinter internationalen Größen verstecken muss.

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Wiederkehrer: John Glacier – Like A Ribbon (VÖ: 14.02.2025)

Like A Ribbon, das Debütalbum der britischen Rapperin, Dichterin und Produzentin John Glacier, bündelte im vergangenen Februar die über mehre Monate gezogenen, stetigen EP-Veröffentlichungen der Newcomerin zu einem der spannendsten Alben der letzten Monate. Das Album bezieht sich auf die nahtlos ineinander übergehenden Fäden von Beziehungen und Verantwortlichkeiten, die das Band der modernen Existenz bilden. Es liefert John Glacier eine Momentaufnahme ihres Lebens und ihres Aufstiegs: von der abgeschotteten, einfachen Kindheit in Hackney, bis hin zur Projektion von Geschichten in die Welt. Der ausführende Produzent Kwes Darko hilft dabei, den Klangteppich für Johns Geschichte und ihren markanten Sprechgesang zu legen. Darüberhinaus gibt es auf dem Album Beiträge von Flume, Mk.gee, Andrew Aged, Surf Gang, Eartheater, Sampha und vielen anderen. Like A Ribbon ist die Geschichte eines Lebens in der modernen Welt, betrachtet durch ein fantastisches Prisma. Und ein Album, das man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte!

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Dominik

Bedroomdisco-Gründer, Redaktions-Chef, Hans in allen Gassen, Golden Leaves Festival Booker, Sammler, Fanboy, Exil-Darmstädter Wahl-Hamburger & happy kid, stuck with the heart of a sad punk - spreading love for great music since '08!

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