Now, imagine a stage decorated with intention
This stage is obviously, literally, falling apart
A rose is a rose, is a rose, is a cigarette
The stage, is now decorated, with cigarette smoke
From a hundred, no, from a thousand mouths in synchrony
This is every cigarette my mother ever smoked
Dreaming to, to be a rose
But too far to be a rose
I was singing in my room
She smoked on the balcony
Long inhales and long exhales
Performed in choreography
Over our dead-end town
Smoke moving delicately
Dreaming up the summer air
Like our real body
To be a rose
But too far to be a rose
(Jenny Hval – To Be A Rose)
Das sehr empfehlenswerte Online-Magazin Allmusic schafft es eigentlich immer, in seinen Kurzbiographien das Wesentliche und Typische eines Künstlers oder einer Künstlerin herauszuarbeiten. Über die norwegische Sängerin, Songwriterin, Komponistin und Schriftstellerin Jenny Hval steht dort (und es passt auch zu ihrem neuen Album wie ein perfekter Handschuh): „With her music and writing, singer/songwriter and author Jenny Hval brings a questioning, passionate, and insightful perspective to art, feminism, and sexuality. In much the same way that she contrasts her delicate vocals and provocative statements, her mercurial combinations of folk, jazz, spoken word, and electronic music are equally unconventional and approachable.“
Angenehm frei drehender, skandinavisch grundierter Folk (aber bitte ohne Elfen-Klischees!) mit Jazz-Elementen, Electro-Pop-Rhythmen, irisierenden Streichern, seltsamen Soundeffekten und gesprochenem Wort (etwa in All Night Long) prägen auch Hvals neue Platte Iris Silver Mist in so eindringlicher Weise, dass man schnell in dieser faszinierenden Traumwelt aus verzaubernden Klängen und hauchzarten Vocals versinkt. „Benannt ist das Album nach einem Duft des Parfümeurs Maurice Roucel, über das man sagt, es rieche mehr noch als nach Silber nach Stahl, sei kalt und stechend, zugleich aber sanft und schimmernd – so als trete man früh an einem nebligen Morgen aus dem Haus, der Körper noch warm vom Schlaf“, schreibt ihre Plattenfirma 4AD (by the way: die perfekte Heimat für Hval, mit Künstlern wie Cocteau Twins, Lisa Gerrard, Mojave 3, Anne Clark oder Efterklang in einer 45-jährigen Label-Historie).
Und weiter: „Ein Parfüm mit seinen Herznoten und Akkorden teilt sich die Sprache mit der Musik. Beide reisen durch die Luft, unverkennbar und doch unsichtbar.“ Ja, Iris Silver Mist ist tatsächlich ein sinnlich erfahrbares Vergnügen, das auch nach dem zehnten Durchlauf noch neue Aromen und Höreindrücke garantiert. Insgesamt nähert sich die vor knapp 45 Jahren in Oslo geborene Jenny Hval damit in den 13 Tracks rein qualitativ den herausragenden aktuellen Alben von Cassandra Jenkins, Japanese Breakfast oder Tamara Lindeman an, ohne aber ihre ganz eigene Note zu unterschlagen.
Die Arrangements dieses Albums sind durch die Bank exquisit und einfallsreich – mit einer beispielhaften Klammer aus Opener und Closer. So konzentriert sich Lay Down zum Einstieg zunächst ganz auf Hvals helle Stimme, ehe nach einer Minute ein sanft schiebender Rhythmus und Naturgeräusche hinzukommen. Mit dem kongenial betitelten I Want The End To Sound Like This, einem sphärischen, an dystopische Film-Scores wie etwa Blade Runner gemahnenden Synth-Instrumental, setzt Jenny Hval einen ambitionierten Schlusspunkt. Und dazwischen – in Songs, die auch mal You Died oder Heiner Muller oder A Ballad heißen – sind der künstlerischen Phantasie ebenfalls kaum Grenzen gesetzt. Man fühlt sich manchmal an die isländische Kollegin Björk erinnert, am stärksten auch stimmlich im fabelhaften I Don’t Know What Free Is.
Beispielsweise auch in To Be A Rose, der Lead-Single von Iris Silver Mist. Hval spricht zum pochenden Beat einer Drum-Machine: “A rose is a rose is a rose is a cigarette.“ Über den Song sagt die Norwegerin selbst, Rosen und Zigaretten dienten als romantisches Bild des Wunschdenkens, das einen an andere Orte transportieren könne. „Der Song ist in sich ruhelos. Er hat diesen Chorus, die Akkorde und Melodien, aber er klingt jedes Mal etwas anders, so als kämen die Melodien aus verschiedenen Jahreszeiten, Jahrzehnten oder sogar aus verschiedenen Körpern. Die klischeehafte Metapher der Rose ist dabei genauso unstet. Sie kann sich in eine Zigarette verwandeln und schließlich einfach in Rauch auflösen.“
Am 27. Mai führt Jenny Hval Iris Silver Mist und älteres Material aus einer 15-jährigen Solokarriere bei ihrem leider einzigen Deutschland-Konzert auf – immerhin im Silent Green, der besten Berliner Location für leicht versponnene, magisch berührende Singer-Songwriterinnen-Musik.
Jenny Hval – Iris Silver Mist
VÖ: 02. Mai 2025, 4AD
www.jennyhval.com
www.facebook.com/jennyhval
Jenny Hval live:
27.05.25 Berlin, Silent Green
