28 YEARS LATER – Filmkritik


Foto-© Columbia Pictures

Once you walk onto that mainland, there is no rescues.

(Jenny – 28 Years Later)

28 Jahre nachdem ein Virus über England hergefallen und Großteile der Bevölkerung in Zombie-artige Monster verwandelt hat, ist das Land vom Rest der Welt völlig isoliert und auf sich alleine gestellt. Ebenso isoliert, jedoch im positiven Sinne, ist die eine kleine Kolonie, die sich auf einer Insel, vom Festland nur bei Ebbe erreichbar, eigene Strukturen aufgebaut hat. Spike (Alfie Williams), der die Welt vor dem Virus nie kennengelernt hat und die Welt außerhalb der Kolonie nicht kennt, steht kurz davor diese zum ersten Mal zu verlassen. Gemeinsam mit seinem Vater Jamie (Aaron Taylor-Johnson) begibt er sich auf eine Mission, die sein Leben für immer verändern wird.

Es war 2002 und plötzlich konnten Zombies rennen. Für die einen der Untergang des Genres, für die anderen eine längst überfällige Evolution. So oder so war dank Regisseur Danny Boyle das Genre wieder in aller Munde und würde nie wieder das gleiche sein. Nicht ganz 28 Jahre später meldet er sich zusammen mit dem ursprünglichen Drehbuchautor Alex Garland, mittlerweile vielen besser als Regisseur von Filmen wie Ex Machina, Civil War oder Warfare bekannt, zurück. Nachdem Boyle nur am Rande als Produzent bei 28 Weeks Later dabei war, liegt ihm dieses, als Trilogie angelegte Projekt wieder sehr am Herzen und das spürt man ab der ersten Szene. Der Plot und seine Wendungen sind wahnsinnig spannend, aber für die Entscheidung den Film zu sehen oder nicht an sich unerheblich – nur so viel sei gesagt: erwartet das Unerwartete. Der Trailer ist nämlich einmal mehr maximal irreführend und dies im besten Sinne. Wobei das nur teilweise stimmt, denn die Aufnahme des Boots betitelten Gedichts von Rudyard Kipling, aufgenommen 1915 von Schauspieler Taylor Holmes, spielt eine überraschend große Rolle. Aber dass ausgerechnet dieses Element, was vorher eher wie ein wahnsinnig smartes Marketing gewirkt hatte, im Film zu tragen kommt, haben wohl die wenigsten geahnt.

Ebenso überrascht waren Fans, die sich sicher waren einen infizierten Cillian Murphy, Star des ersten Teils im Trailer gesichtet zu haben, dass er nicht Teil des Films ist (dies war Darsteller Angus Neill, wenn ihr der nächsten Kneipendiskussion punkten wollt). Was Danny Boyle hingegen von Teil eins übernommen hat, sind wackelnde Kameras, schnelle Schnitte und ein grobkörniges Bild. Zumindest in den treibenden Actionszenen fühlt sich das sehr nach den frühen 2000ern an und zwar auf eine gute Art und Weise. Teilweise inszeniert mit einer Technik, die er scherzhaft die „Bullet Time des kleinen Mannes“ getauft hat: ein Ring aus iPhones, der fantastische, von Raum und Zeit befreit erscheinende, Kameraschwenks erlaubt. Neben der technischen Machart überrascht auch erneut das Worldbuilding. Anders als 2002 ist es weder aktuell noch in den letzten Jahren besonders ruhig im Zombiegenre gewesen und dennoch fühlt sich zu allen Parallelen und Querverweisen zu Spielen, Serien und Filmen, die Welt von 28 Years Later frisch und einzigartig an. Und dies nicht nur in Bezug auf die Zombies, sondern auch die postapokalyptische Welt als Ganzes. Denn auch wenn wir auf der einen Seite kaum verdeckte Kritik am Brexit, des isolierten, auf sich alleine gestellten Landes haben, wird in dem Dorf dennoch ein funktionierendes einfaches Leben gezeigt, das nicht von den typischen, „der Mensch ist das wahre Monster“, Streitigkeiten sofort gebrochen wird. Puristen können auch beruhigt sein, denn auch wenn sich die Beschränkung der Seuche auf Großbritannien ein wenig mit dem Ende von 28 Weeks Later beißt, in dem auch noch Paris infiziert wurde, hat Autor Alex Garland eine Erklärung für euch. Wenn auch nicht im Film, so sagte dieser zumindest in einem Interview, dass hier wahrscheinlich schnell und erfolgreich mit einer Atombombe interveniert wurde.

Am Ende sind es aber die Figuren, vor allem die kleine Familie rund um Spike und der mysteriöse Dr. Kelson (Ralph Fiennes), die euch in Erinnerung bleiben werden. Einerseits weil die Figuren komplex geschrieben und toll gespielt sind, aber auch, weil nach den knapp zwei Stunden Laufzeit (die wie im Flug vergehen) noch so viel Geschichte von der Welt nicht erzählt ist. Denn auch wenn hier ein sehr befriedigender Abschluss gefunden wird, sollen noch zwei weitere Teile folgen. Während Teil Drei noch nicht vollkommen sicher ist, kommt 28 Years Later: The Bone Temple, 28 Wochen (!) später, am 15 Januar 2026 in unsere Kinos. Wieder von Alex Garland geschrieben, aber dieses Mal unter der Regie von Nia daCosta, die uns in 2021 das gelungene Candyman-Remake mit Yahya Adbul-Mateen II beschert hatte. Höchste Zeit also um sich die mittlerweile quasi Trilogie oder zumindest diese sehr gelungene Fortsetzung nach Hause zu holen.

28 Years Later (GB US CA 2025)
Regie: Danny Boyle
Darsteller: Jodie Comer, Aaron Taylor-Johnson, Ralph Fiennes, Alfie Williams
Heimkino VÖ: 09.10.2025, Sony Pictures Entertainment

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Malte Triesch

Malte wuchs im idyllischen Lilienthal, direkt an der Grenze zu Bremen, der schönsten Stadt im Norden Deutschlands, auf. Seine frühesten Film-Erinnerungen ist, auf dem Schulhof in der neusten TV Movie alles anzustreichen was gesehen und aufgenommen werden muss. Da die Auswahl an Horrorfilmen hier doch recht be- oder zumindest stark geschnitten war entdeckte er Videotheken für sich bzw. seine Mutter, da man diese ja erst ab 18 betreten durfte. Wenn er nicht gerade Filmreviews schreibt ist er wahrscheinlich im (Heim-)Kino oder vor dem Mikrophon für den OV Sneak Podcasts, SneakyMonday.

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