CONTRA – Filmkritik & Verlosung


Foto-© Constantin Film

Nur wenn wir ein Thema kontrovers debattieren, können wir zu neuen Erkenntnissen gelangen.

(Richard Pohl – Contra)

Der Ton im öffentlichen Diskurs hat sich spätestens seit 2015 verändert. Wir reden weniger mit- als viel mehr gegeneinander und auf die Gegenseite eingelassen wird sich eh kaum noch. Regisseur Sönke Wortmann versucht, diese Problematik in seinem neuen Film Contra aufzuarbeiten und wählt dafür ausgerechnet ein Thema, bei dem es keine Kompromisse geben sollte.

Naima Hamid (Nilam Farooq) hat einen Traum. Sie möchte aus ihrer sozialen Schicht ausbrechen und all jenen, die sie auf den Migrationshintergrund ihrer Familie reduzieren, zeigen, was sie wirklich draufhat. Sie entscheidet sich Jura an der Goethe Uni Frankfurt zu studieren. Doch schon bei ihrer ersten Vorlesung kommt sie zu spät und wird von dem dozierenden Professor Richard Pohl (Christoph Maria Herbst) vor allen Studierenden rassistisch beleidigt und erniedrigt. Eine überspitzte Situation, die aber deutlich macht, was Menschen, die nicht in das westlich weiße Schema passen, tagtäglich aushalten müssen. Die Konsequenz für Pohl ist eine Vorladung des Disziplinarausschusses und die Angst, den Job zu verlieren. Aber eigentlich ist es ja schon klar, dass der alte, weiße, rassistische Mann seinen Job nicht verlieren wird – seines Gleichen schützen ihn. Und so wird ihm vom Universitätspräsidenten die Chance gegeben, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, wenn er Naima auf einen Debattierwettbewerb vorbereitet. Damit das funktionieren kann, müssen beide Figuren über den eigenen Schatten springen und lernen, mit den Macken des anderen umzugehen.

Und hier beginnt die Romantisierung des Rassismus, die sich durch Wortmanns Film ziehen wird. Es ist ein typisches Vorgehen, um etwas zu verharmlosen, das keinen Kompromiss zulässt. Rassismus ist keine Sache der Perspektive, er ist menschenverachtend und falsch. Da ein latenter Rassismus die deutsche Gesellschaft durchzieht, wird immer wieder versucht, die Rassist*innen empathisch zu gestalten. Die Figur Richard Pohl ist ein Paradebeispiel. Eine traurige Vergangenheit und ein einsames Leben sollen ihn nahbar machen. Als wäre es dann nicht ganz so schlimm, fast schon verständlich, wenn er sich rassistisch äußert. Natürlich ist es wichtig, Menschen eine Chance zur Läuterung zu geben, aber im Falle Pohl besteht sie nur darin, sich mit Naima anzufreunden, sie quasi als Tochterfigur anzunehmen. Er überdenkt die Vorurteile ihr, nicht ihrer Kultur gegenüber. Letztendlich zeigt das, dass Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland nur etwas wert sind, wenn sie intelligent sind und sich anstrengen. Sie müssen sich vor dem weißen Deutschland erst beweisen, bevor sie akzeptiert werden.

Wortmanns Film hatte den richtigen Ansatz. Wir müssen mehr aufeinander zugehen und uns wieder zuhören. Jemand mit rassistischen Vorurteilen kann seine oder ihre Meinung noch ändern. Aber wir müssen davon wegkommen, diese Menschen als Opfer zu inszenieren, denn sie sind die Täter*innen. Am Ende von Contra bleibt nur ein Gefühl von “Gut gemeint, schlecht umgesetzt”.

Contra (D 2020)
Regie: Sönke Wortmann
Darsteller: Christoph Maria Herbst, Nilam Farooq, Hassan Akkouch, Ernst Stötzner, Stefan Gorski, Meriam Abbas, Mo Issa
Heimkino-VÖ: 7. April 2022, Constantin Film

In Kooperation mit Constantin Film verlosen wir zum Heimkino-Start von Contra zwei Mal die DVD zum Film! Ihr wollt gewinnen? Dann schickt uns bis zum 15. April eine Mail mit dem Betreff „Contra“ und eurer Adresse an gewinnen@bedroomdisco.de und mit etwas Glück habt ihr bald schon Post von uns in eurem Briefkasten!

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Julius Tamm

Hat irgendwas mit Medien studiert, schaut gerne Filme und schreibt auch noch drüber. Autor bei bedroomdisco, FRIZZ Darmstadt, hr-iNFO Online und hessenschau Social Media.

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