ISOLATION BERLIN – Interview

Das Debüt der Band Isolation Berlin trägt den klangvollen Namen ‘Und aus den Wolken tropft die Zeit‘. Es ist am 19. Februar auf dem Berliner Label Staatsakt erschienen. In den Augen der meisten Kollegen der Musikpresse sind Herzen zu erkennen, das Feuilleton kriegt den Mund kaum mehr zu. Man klatscht Applaus und schreibt wohlwollende Plattenkritiken. Aber wie geht die Band damit um? Wir haben Sänger Tobi und Gitarrist Max auf ein Bier in einer Kneipe in Friedrichshain getroffen.

Isolation Berlin - Interview
© Noel Richter

Habt ihr die sehr positive Resonanz auf euer Album erwartet?
Tobi: Nee, ehrlich gesagt hätten wir nicht gedacht, dass überhaupt so viele Leute über uns schreiben.
Max: Wir haben zum Beispiel nicht damit gerechnet, dass wir im Musikexpress „Platte des Monats“ werden und die beste Bewertung bekommen.
Tobi: Es ist nicht so, dass wir denken, unsere Platte ist nicht gut, im Gegenteil, aber wir hätten einfach nicht damit gerechnet, dass so ein krasser Rummel entsteht.

Wie findet ihr das denn, so gehyped zu werden?
Tobi: Wir freuen uns natürlich darüber, wenn Leute uns gut finden. Aber es hat ja gerade erst angefangen. Frag uns in zwei Wochen noch mal. (lacht)

In vielen der bisher veröffentlichten Rezensionen werdet ihr mit teilweise großen Künstlern verglichen: Element of Crime, Ja, Panik oder – oft genannt – Rio Reiser. Habt ihr einen Lieblingsvergleich?
Tobi: Uns ist bewusst, dass Leute Vergleiche brauchen, um zu beschreiben wie Musik klingt, um Freunden zu erzählen, was sie an bestimmten Bands begeistert oder vielleicht auch stört. Aber wir freuen oder ärgern uns über keinen Vergleich mehr als über einen anderen.
Max: Das Rio Reiser Ding wurde irgendwann mal losgetreten und dann haben es alle übernommen.
Tobi: Wir haben nichts gegen Rio Reiser, aber die Leute sagen eben nicht nur, dass wir ein bisschen wie er klingen, sondern dass wir uns Sachen von ihm abgucken. Das ist nervig, weil es nicht stimmt.
Max: Wir haben auch schon so Sätze gehört wie: „Rio Reiser würde sich dafür schämen, dass ihr versucht ihn zu kopieren“.

Echt? Ich hatte eher das Gefühl, diese Vergleiche wären wohlwollend gemeint und hätte vermutet, dass ihr euch von denen mit Rio Reiser besonders geehrt fühlt?
Tobi: Er ist ja kein Idol von uns. Wir haben Rio Reiser nie gehört und eigentlich keinen wirklichen Bezug zu ihm.

Um euch rum schwebt ständig der Begriff „Understatement“. Zu Recht?
Tobi: Ich verstehe diese ganze Understatement-Sache gar nicht. Wir sagen einfach das was wir denken. Wahrscheinlich machen viele Leute mehr aus ihrem Zeug als wirklich dahinter steckt. Sie schreiben Songs oder machen Kunst und reden dann ewig darüber, was sie sich dabei gedacht haben, was es symbolisiert und kritisiert und eigentlich wollten sie einfach nur einen Song schreiben der ihnen etwas bedeutet. Dass wir Understatement betreiben wird so wahrgenommen, weil andere „Overstatement“ betreiben.

Seid ihr eine traurige Band?
Max: Nee.
Tobi: Eigentlich überhaupt nicht.

Ich habe nämlich kein Foto gefunden, auf dem mal mehr als zwei von vier Bandmitgliedern – wenn überhaupt – lachen oder wenigstens grinsen.
Tobi: So gucken wir einfach. Sieht halt auch doof aus, wenn man auf einem Foto grinst. Ich meine, wer grinst schon die ganze Zeit, das wäre ja dämlich. Die meisten Leute, die auf Fotos lachen, machen das ja fürs Foto und davor lachen sie überhaupt nicht. Nur weil die Kamera da steht, machen sie plötzlich ein Grinsegesicht, das machen wir halt nicht. Wir bleiben so wie wir sind.

Aber das Album ist ja trotzdem traurig…
Tobi: Ja, die Themen vieler Lieder sind traurig, aber nicht die Band. Traurigkeit ist ein Gefühl, das einem den Grund gibt sich zu äußern. Eine mittelmäßige Grundzufriedenheit oder das Grinsen über einen mittelmäßigen Witz lösen irgendwie nicht das Bedürfnis aus, großartig darüber reden zu wollen. Meine letzten Jahre waren eher geprägt von Depressionen und Trauer. Darüber habe ich dann geschrieben.

Grob gesagt geht es um dich und die Trennung von deiner Ex-Freundin, richtig?
Tobi: Naja, aber wirklich nur ganz grob gesagt. Es geht um mich, es geht um meine Freunde, um meine Erfahrungen, es geht aber auch irgendwie um die ganze Menschheit – nicht nur um die Verarbeitung meiner Trennung. Die ist ja auch schon länger her. Alle Songs entstehen immer aus gewissen Konflikten in mir und diese Konflikte entstehen wiederum durch Sachen, die ich auf der Straße, in Kneipen oder im Fernsehen sehe oder durch Geschichten, die mir Bekannte und Freunde erzählen. Es muss irgendwas sein, das mich bewegt, so dass ich das Gefühl habe, mich mit einem Lied ausdrücken zu müssen.

Hast du mit deiner Ex-Freundin seit der Trennung mal wieder geredet?
Tobi: Ja.

Wenn man ihr mal spiegeln würde, wozu die Trennung – zumindest musikalisch – geführt hat, zum ersten Album nämlich, dann ist das ja fast schon wieder etwas Positives, oder?
Tobi: Ja, könnte man mal machen, ist vielleicht gar nicht schlecht. Aber das habe ich bisher noch nicht getan.

Ab Ende März seid ihr nur noch unterwegs und spielt Konzerte. Was steht bis dahin an?
Tobi: Ich bin neulich gegen das Mikrofon gesprungen und muss erst mal meinen Zahn reparieren lassen. Und dann gehen wir auf Tour und hoffen, dass wir die Zeit überleben.

Patricia Hölscher

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