UNA UND RAY – Filmkritik

Una und Ray erzählt die Geschichte der 28-jährigen Una (Rooney Mara), die mit ihrer Mutter in einem ruhigen Einfamilienhaus zusammenlebt und die, als wir sie treffen, grade von einem bedeutungslosen One-Night-Stand emotionsleer zurück nach Hause kehrt. Wie wir schnell herausfinden, war Una vor nunmehr 15 Jahren, als damals 13-jährige, von Ray (Ben Mendelsohn), einem Freund ihres Vaters missbraucht worden – und hat sich von dem traumatischen Erlebnis sowie dem darauffolgenden Prozess nie erholt.

Doch es zeigt sich schnell, dass hinter diesem Missbrauch etwas mehr steckt als zunächst vermutet. Durch Zufall hat Una herausgefunden wo Ray, der nach Ende seiner vierjährigen Haftstrafe untergetaucht war, nun lebt, und sucht ihn an seiner Arbeitsstelle auf, um ihn zur Rede zu stellen. Schnell zeigt sich, dass die körperliche und emotionale Beziehung der Beiden damals durchaus einvernehmlich war – was die Tatsache, dass sie von Grund auf falsch war, natürlich nicht ändert. Ray ist schockiert, als Una ihn konfrontiert, und in einem emotionalen Wortgefecht rollen die Beiden die verjährte, aber nie vergessene Beziehung wieder auf. In Flashbacks erfahren wir von dem tragischen Tag, an dem Una und Ray sich entschlossen, zusammen davonzulaufen, und der mit der 13-jährigen Una allein und verlassen in einer ihr unbekannten Stadt endete – und während sie nun, in der Gegenwart, versucht zu begreifen wie Ray sie damals im Stich lassen konnte, droht der Zusammenprall der lange verdrängten Emotionen gefährlich hochzukochen…

Una und Ray basiert auf einem Theaterstück von David Harrower names Blackbird und die Intensität einer primär für die Bühne gedachten Geschichte überträgt sich auch auf den Film, der fast nur aus Dialog besteht und es dennoch schafft, die Aufmerksamkeit des Zuschauers stets bei sich zu behalten.

Es ist auf keinen Fall ein leichter Film – in vielen Momenten fällt es einem schwer, diesen beiden Menschen in ihrer selbstzerstörerischen Intensität zuzuschauen, aber dennoch kann man den Blick nie ganz abwenden, was vor allem an den groβartigen schauspielerischen Leistungen von Rooney Mara und Ben Mendelssohn liegt. Die beiden liefern emotional intensive Darstellungen ab, die zu den besten ihrer jeweiligen Karrieren gehören. Mara schafft es mit ihrer Performance, einen stets zwischen Mitleid für ihre schmerzhafte Vergangenheit und Wut über ihre ungesunde Obsession mit Ray schwanken zu lassen, während Mendelssohn die Gratwanderung zwischen pädophilem Triebtäter, der es nicht schafft, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen, und gleichzeitig Opfer der ungesunden Fixierung Una’s ist, brilliant gelingt.

Das tolle an diesem Film ist eben, dass er nicht alles schwarz und weiβ sieht, sondern stattdessen auch den Grauzonen ihren Raum gibt, die die tragische Geschichte dieser beiden zerstörten Seelen ausfüllen. „I hate the life I’ve had“, schmettert Una Ray fast gegen Ende des Films zu, und in diesem einen Satz klingt so viel Schmerz und Wut mit, dass es einem schon fast peinlich ist, dass man je auch nur einen Funken Mitleid für Ray hatte, als er sich den Vorwürfen Una’s erwehrte. Denn zum Schluss ist es eben doch so, dass Ray die Möglichkeit hatte, abzutauchen und ein neues Leben anzufangen – doch Una’s Wunde wird für immer bleiben.

Una (USA 2016)
Regie: Benedict Andrews
Darsteller: Rooney Mara, Ben Mendelsohn, Riz Ahmed, Ruby Stokes, Tara Fitzgerald, Natasha Little, Tobias Menzies
Kinostart: 30. März 2017, Weltkino