Roskilde Festival – oder der dänische Ausdruck für “alles richtig machen”


Foto-© Stiig Hougesen

Seit 1971 schreibt das Roskilde Festival nun schon seine Erfolgsgeschichte. Jahr für Jahr gibt es ein Openair-Aufgebot der Sonderklasse: Eine gute Woche lang kann der gemeine Festivalbesuchende dort verbringen, Workshops beiwohnen, Lesungen lauschen, Kunst betrachten und ein grandios zusammenkuratiertes Line-Up genießen. Ein Angebot das natürlich zieht: Mit insgesamt 130.000 Besucherinnen und Besuchern ist das Roskilde Festival eines der größten seiner Art in Europa.

Gut – das ist ja an sich alles schon mal sehr beeindruckend (ganz davon abgesehen, dass wir hier noch nicht mal die platinschweren Namen der Acts genannt haben). Beim Roskilde reicht ein schnödes “Uiii toll!!!” aber einfach nicht, es geht ganz eindeutig um weitaus mehr. Das Festival macht ganz Europa seit Jahrzehnten vor, wie das funktionieren kann, wenn man einfach mal alles richtig macht – soziale Verantwortung, Gleichberechtigung, Unabhängigkeit, dies das.

Das Roskilde ist seit jeher eine Non-Profit Veranstaltung: 30.000 ehrenamtliche Helfer arbeiten am Gelingen des ganzen Brimboriums, alles, was an Einnahmen in die Festival-Kassen gespült wird, wird für einen guten Zweck, eine Organisation der Wahl oder ein Projekt gespendet, dass die Macher des Festivals gerne unterstützen möchten. Wo vor allem seit diesem Jahr in ganz Deutschland noch über das Thema fehlende Gender Equality auf Festival-Bühnen diskutiert wird – und gewisse Veranstalter es tatsächlich noch für ok halten, Sexisten wie Gzuz eine Bühne zu bieten – kann das Roskilde nur müde lächeln: Die Spitze des Line-Ups bestimmen Cardi B und Travis Scott, Bob Dylan, Janelle Monáe, The Cure, Maggie Rogers, Tears For Fears, Robyn oder Neneh Cherry. Auch im Indie-Bereich wird feinstes Gespür bewiesen: Lucy Dacus, Aldous Harding, Vampire Weekend, Ross from Friends, Lankum, Lil Halima, Farveblind oder Alma geben sich gegenseitig das Mikro in die Hand. Würstchenparties wie sonst gerne üblich sucht man hier vergeblich.

Das Argument deutscher Festival-Booker ist gerne, dass es halt nicht genug weibliche Acts gibt, die man buchen könnte…erneut müdes Lächeln vom Roskilde (und der Autorin dieses Texts), denn mal ehrlich: So viel gute Musik, wie hier in die paar Festivaltage gepackt wird, lässt einen erstens aus Vorfreude frohlocken und einen direkt danach ob der Riesenauswahl in völliger Fassungslosigkeit erstarren. Ist das jetzt ein bisschen pathetisch ausgedrückt? Vielleicht schon. Nicht übertrieben ist aber eine Tatsache: Das Roskilde ist das absolute Streber-Festival. Und zwar in the best fucking way possible.


Silvia Silko

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