HUNDREDS – Interview

Foto-© J Konrad Schmidt

„Tiefsee – Bewegung – Licht“  – so beschreibt Hundreds-Frontfrau Eva Milner das neue Album The Current. Wir haben mit ihr über den Entstehungsprozess des neuen Albums, die Hamburger Orchester-Show in der Elbphilharmonie im Januar sowie die stets aktuelle Thematik Feminismus in der Musikbrache gesprochen. Hier und jetzt für euch – unser Interview mit Hundreds.

2020 ist ein ganz besonderes Jahr für euch: Es erscheint nicht nur eurer viertes Album, sondern ihr könnt inzwischen auch auf eine 10 Jahre lange Bandgeschichte zurückblicken. Wie fühlt sich das an?
Generell fühlt sich das toll an. Es fühlt sich stabil an und rückblickend gab es natürlich wilde Zeiten, mit wenig Geld, geplatzten Versprechungen und wenig guten musikalischen Einfällen, aber wir haben durchgehalten und sind als Team stärker denn je. Weil wir wissen, dass eigentlich nichts Schlimmes passieren kann. Die Musik trägt uns. Außerdem arbeiten wir auch wirklich mit tollen Menschen zusammen, die unsere Art verstehen und uns in der Umsetzung der Kunst und der Vision zu 100% unterstützen, aber auch wichtige Kritik äußern. Und unser Publikum ist natürlich auch ein sehr wichtiger Unterstützer. Sie freuen sich aufs neue Album, schreiben Nachrichten, fragen nach Klaviernoten oder Mitschnitten und kaufen Konzertkarten. Das ist nicht selbstverständlich und wir hoffen, dass wir uns gegenseitig noch lange begleiten.

Anlässlich eures Bandjubiläums habt ihr im Januar eine Orchester-Show in der Hamburger Elbphilharmonie gespielt. Da ihr die Band ja damals in Hamburg gegründet habt, muss das doch überwältigend und etwas ganz Besonderes gewesen sein oder?
Der Abend war surreal und gefühlt nach 3 Minuten vorbei, weil es so viel auf einmal war. Soviel Input für den Kopf, weil wir ja alle Stücke umarrangiert hatten und das in kurzer Zeit lernen und umsetzen mussten. Mit den Berlin Strings hatten wir einen Tag Zeit zu proben, z.B. Und dann der Druck, das ausverkaufte Konzerthaus, die Erwartungen! Aber es ist alles gut gegangen! Zumindest gab es Standing Ovations am Ende, das lässt ja darauf schließen. Wir hoffen, das Ganze nochmal auf die Bühne zu bringen, vielleicht nicht nochmal in der Elphi, weil es so ein besonderes Programm ist, so toll arrangiert wurde (von Gunter Papperitz). Mal sehen…

Wie ist die Idee zu dem Projekt entstanden? Wie kam es zur Umsetzung?
Wir haben Anfang 2018 mit dem HR-Sinfonieorchester zwei Abende in der Jahrhunderthalle in Frankfurt am Main bespielt. Dieses Konzert (Music Discovery Project) ist komplett auf Youtube zum Anschauen (zweieinhalb Stunden). Das hat unser Veranstalter in Hamburg sich angesehen, dann kam von ihm der Vorschlag, das Ganze doch mal in der Elbphilharmonie aufzuführen. Termin: in zwei Jahren. Und so hat es sich langsam entwickelt. Irgendwann wurde uns bewusst, dass ein ganzes Sinfonieorchester mit 90 Mensch-Besetzung nicht möglich ist, dass wir alles etwas eindampfen müssen und außerdem wurde uns bewusst, dass wir ja Bandjubiläum haben. Das war alles nicht so geplant, wie es aussieht, aber es hat alles perfekt gepasst. In 10 Jahren dann wieder.

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Euer neues Album trägt den Namen The Current. Mögt ihr uns ein bisschen was zum Entstehungsprozess erzählen?
The Current – der Strom, die Strömung. Wir kamen zu zweit nicht weiter, haben uns ewig einen abgebrochen, es gab sowas wie eine kreative Stagnation. Und wir wussten wirklich nicht weiter, wahrscheinlich würden wir jetzt noch da sitzen. Dann haben wir zum ersten Mal Leute bewusst dazu geholt, haben mit vielen verschiedenen Künstlern gearbeitet, gesprochen, komponiert und getextet. Es ist trotzdem ein Hundreds-Album, aber es klingt offener und weiter. Das liegt auch daran, dass wir uns dem Strom der Ideen von anderen geöffnet haben und uns treiben lassen.

Die erste Single von eurem neuen Werk ist Ready Shaking Silent. Der Sound geht sehr stark nach vorne, fast schon treibend, man könnte auch aggressiv sagen. Eine Seite, die man sonst nicht unbedingt von eurer Musik kennt. Ähnlich ist es auch beim Text – eine klare Ansage, sich nichts erzählen zu lassen. Was genau macht diesen Song zur ersten Single-Auskopplung? Wie kam es zu der Entscheidung?
Ihr sagt, es ja schon, es ist eine Ansage. Und damit kann man sehr gut Aufmerksamkeit erzeugen. Songwriterisch ist RSS auch sehr anders, als unsere anderen Werke. Hier haben wir von einer Idee unserer Freundin Lilly Among Clouds ausgehend, den Song aufgebaut. Es geht um Solidarität und den Ärger darüber, dass einem Steine in den Weg gelegt werden. Gerade als Frau muss man dreimal so laut werden, um gehört zu werden. Um dann als nervig und anstrengend abgestempelt zu werden. Trotzdem sollte einen das nicht abhalten, seine Meinung zu sagen. Darum geht es.

Hundreds © J Konrad Schmidt

In dem Song schneidet ihr gesellschaftlich wichtige Thematiken an: Feminismus und Gleichberechtigung. Auch in der Musikbranche werden diese zurzeit heiß diskutiert. Habt ihr als Female-Fronted Band schon mal negative Erfahrungen machen müssen?
Sicherlich werden wir nicht so oft gebucht, aber wir haben ja nicht den Vergleich. Sicherlich wird man auch bei einigen Festivals schlechter bezahlt. Aber hier tut sich ja gerade einiges, z.b. arbeitet die Keychange Initative daran und hat schon viel erreicht. Aber trotzdem ist es noch ein weiter Weg bis wir wirkliche Gleichberechtigung erreicht haben, sie in den Köpfen und Herzen wirklich angekommen ist, und das betrifft nicht nur die Musikbranche.

Noch einmal kurz zurück zum Album: Um die drei Jahre ist es her, dass ihr zuletzt Musik veröffentlicht habt. Wie würdet ihr sagen, dass ihr euch musikalisch gesehen (weiter-)entwickelt habt? Und inwiefern?
Wir arbeiten immer an neuen Sounds und neuen Denkrichtungen. Aber natürlich klingt es trotzdem nach Hundreds. Es ist ein bisschen ein Back-to-the-Roots Album. Nachdem wir auf Wilderness alles zerschreddert haben, versuchen wir jetzt hoffnungsvoll in Bewegung zu bleiben und zu kämpfen.

Wie würdet ihr The Current in drei Worten beschreiben?
Tiefsee – Bewegung – Licht

Was sind eure nächsten Pläne?
Wir arbeiten gerade an einer großartigen musikalischen Idee, von der ich leider noch nichts verraten kann. Sagen wir es so: Die Reise von The Current ist mit der Albumveröffentlichung noch nicht abgeschlossen.

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Liv

Für die Bühne hat es leider nicht gereicht, deshalb schreibt Liv jetzt einfach über Musik.

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