OSKA – Interview

Foto-© Ines Futterknech

Man könnte sagen, dass wir das neue Album von OSKA (AKA: Maria Burger) Tarotkarten zu verdanken haben. Mitgebracht an den Kartentisch hatte sie den Wunsch nach Veränderung. Nach ihrem erfolgreichen Debut My world, My love, Paris, einer Europatour mit Tom Odell, Openingshows für Coldplay und Maggie Rogers und vielen warmen Worten der Musikpresse wollte sie eigentlich nach Berlin ziehen. Die Karten sagten Nein. Trotzdem verließ sie Wien und zog zu ihrer Mutter aufs Land. Sie reiste viel nach London, wo sie mit Produzent David Kosten die Songs aufnahm, die sie auf einer Reise durch Sizilien begonnen hatte zu schreiben. Vielleicht haben wir Refined Believer also auch Italien zu verdanken. Das Album erschien vergangene Woche via Nettwerk. Es erzählt von Aufbruch, dem Verlust und Gewinn von Vertrauen – eben von Veränderung. Klanglich hat sich OSKA noch stärker ihrem warmen, reduzierten Art Pop hingegeben, der ihre feinsinnigen Texte scheinen lässt. Wir sprachen mit Maria vorab – unser Interview!

Du bist in einem Dorf in Niederösterreich mit vier Geschwistern aufgewachsen. Welche Rolle spielte Musik in deiner Familie und Kindheit?
Musik war bei uns zu Hause immer präsent. Meine Mama hat uns oft mit Joan Baez oder irischer Musik geweckt und selbst Gitarre gespielt – Balladen voller tragischer, düsterer, aber auch humorvoller Geschichten. Ich glaube, das hat in mir früh die Liebe zum Geschichtenerzählen geweckt. Auch die Art, wie sie gespielt und gesungen hat – mit einem ganz natürlichen Zugang und viel Ausdruck – hat mich stark geprägt. Meine Geschwister haben ebenfalls viel und sehr unterschiedliche Musik gehört – von Regina Spektor bis Linkin Park. Mein Bruder Oskar hat mir einmal Made of Bricks von Kate Nash geschenkt – das Album lief bei mir wochenlang in Dauerschleife, oft die ganze Nacht.

Mit 18 bist du nach Wien gezogen und hast direkt alles auf die Karte „Musik“ gesetzt – als Straßenmusikerin während deines Studiums Pop- und Jazzgesang. Was waren für Dich prägende und lehrreiche Momente, die du aus dieser Zeit mitgenommen hast?
Inspiriert von Alice Phoebe Lou wollte ich unbedingt auf der Straße Musik machen – einen anderen Plan gab es eigentlich nicht nach der Matura, was meiner Mama natürlich ein bisschen Sorgen gemacht hat. Sie hat mir geraten, zusätzlich ein Musikstudium zu beginnen, was ich dann auch gemacht habe. Aber am meisten gelernt habe ich tatsächlich auf der Straße. Ich habe dort verstanden, dass ich Verantwortung habe – dafür, eine gute Atmosphäre zu schaffen, für Menschen, die gar nicht mit einem Konzert gerechnet haben und sich plötzlich mit Fremden im Kreis wiederfinden. Dieses Geben und Nehmen, das Spontane daran, hat mir immer gefallen. Es hat mir nicht nur Selbstvertrauen und Routine gegeben, sondern auch gezeigt, wie wichtig Kunst im öffentlichen Raum sein kann – als verbindendes, lebendiges Element im Alltag.

Kannst du uns etwas in den Entstehungsprozess deines neues, zweiten Albums Refined Believer mitnehmen? Wir haben gelesen eine Reise durch Sizilien, Tarotkarten und London spielen dabei eine Rolle?
Nachdem ich das starke Gefühl hatte, dass meine Zeit in Wien vorerst vorbei ist, wollte ich eigentlich nach Berlin ziehen – habe aber vorher Tarotkarten befragt. Die meinten, Berlin sei keine gute Option, aber es würde sich bald eine neue Tür öffnen. Ich war kurz enttäuscht, schwor den Karten ab und dachte trotzig: „Jetzt ziehe ich erst recht nach Berlin.“ Doch dann kam tatsächlich etwas ganz anderes – und zwar London.
Dort lernte ich den Produzenten David Kosten kennen, mit dem ich gemeinsam (und in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Produzenten Marian Plösch) an meinem zweiten Album gearbeitet habe. Ich war zu der Zeit viel zwischen Österreich und London unterwegs, und als ich einmal zu meiner Mama sagte, wie schön es wäre, ein fixes Zimmer in London zu haben, lernte sie – am selben Abend! – zufällig einen österreichischen Anwalt kennen, der in London lebt. Als sie erwähnte, dass ich gerade dort Musik aufnehme, meinte er: „Wenn sie ein Zimmer braucht, soll sie sich melden.“ Das fühlte sich schon eher nach Fügung als nach Zufall an.

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Die zehn neuen Songs deines Albums drehen sich um Freundschaften und romantische Beziehungen. Inwiefern hilft dir dein Songwriting persönliche Erfahrungen in zwischenmenschlichen Beziehungen zu verarbeiten?
Mein zweites Album Refined Believer erzählt von einer Zeit, in der ich das Gefühl hatte, allein zu sein – und damit leben zu müssen. Ich dachte: „Ich kann niemandem wirklich vertrauen, ich habe nur mich.“ Auf Dauer ist so eine Sicht natürlich einsam und traurig. Beim Schreiben habe ich langsam wieder gelernt zu vertrauen – in andere Menschen, in Beziehungen, in eine gute Zukunft.
Das Schreiben hilft mir vor allem, zu erkennen, wo ich gerade stehe und was ich eigentlich empfinde. Mir fällt es, genauso wie vielen anderen, manchmal schwer zu erkennen, wo der Schuh gerade drückt. Wenn ich schreibe, ist das für mich zunächst etwas Intuitives und Spontanes. Oft erkenne ich erst durch das Schreiben, was mich wirklich bewegt, kann es benennen, fühlen und manchmal auch loslassen. Deswegen rate ich jedem, Tagebuch zu schreiben.

Foto-© Manuel Hauer
Foto-© Manuel Hauer
Gibt es einen Song auf dem Album, der dir besonders viel bedeutet?
Forever Blue war einer der ersten Songs, die ich für das Album geschrieben habe. Er gab mir eine neue Richtung und Perspektive. Der Song beschreibt das Zulassen eines Gefühls – nämlich, dass die Traurigkeit, die man empfindet, für immer da sein wird. Manchmal muss man sich ihr einfach hingeben und sie wirklich spüren, um weiterzukommen.
Deshalb habe ich auch meine Tour Forever Blue Tour genannt. Sie hatte außerdem das Thema „amerikanischer Prom“ – denn je älter wir werden, desto weniger intensiv und drastisch fühlen wir oft. Im hektischen Alltag bleibt kaum Zeit dafür. Bei meinen Konzerten wollte ich den Menschen Raum geben, all das bewusst zu fühlen, was man oft verdrängt – so wie es vielleicht früher im Teenageralter eher möglich war.
Am Ende jedes Konzerts enthülle ich einen Banner mit der Aufschrift Nothing lasts forever. Kein Gefühl ist für immer – aber man kann es loslassen, wenn man es anschaut und zulässt.

Du hast bereits Musikpreise abgeräumt, Millionen Spotify-Streams, warst Support für Tom Odell und Coldplay. Welche musikalischen Ziele stehen noch auf deiner Bucketlist?
Ich möchte ganz viele Alben machen und Songs schreiben, die das Potenzial haben, viele Menschen zu berühren. Ich habe einen großen Drang nach Verbindung zu anderen. Je mehr ich spiele, je mehr ich erlebe und je mehr Menschen ich mit meiner Musik erreichen darf, desto größer wird der Wunsch, das ein Leben lang zu machen.

Wenn du nicht gerade Songs schreibst, wie verbringst du gerne deine Zeit?
Am liebsten bin ich bei meiner Mama im Waldviertel, denn wir sind uns ähnlich und haben viele Projekte, die wir gerne gemeinsam angehen – wie Möbel restaurieren oder im Garten arbeiten. Außerdem gehe ich gern spazieren, lese viel oder verbringe Zeit mit meinen unglaublich süßen Neffen und Nichten.

OSKA Tour:
30.08.25 Darmstadt, Golden Leaves Festival
21.11.25 Berlin, Prachtwerk
23.11.25 Hamburg, Nochtspeicher
26.11.25 Hannover, Kulturzentrum Pavillon
13.03.26 München, Milla

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