BC CAMPLIGHT – A Sober Conversation


Foto-© Marieke Macklon

I took tequila and Paco Rabanne
Then poured it over the heart of a man
And tried to leave him in my dust
He tracked me down through the bustling crowd
And turned some heads when he said with a howl
I shouldn’t bite you, but I must

She laid awake as I wiggled around
Said, „Goodness sake, why you still on the ground?“
I said, „I’m not a fucking bird“ (Bird) (I said sorry, but)
It’s hard to leave when you’re lost in the light
It’s hard to breathe and then call it a night
It’s hard to offer you my worth

But like a dog, like a dog, like a two legged dog
Walking the sun
I’ll bet you monеy, bet you money, he’ll stay for anothеr
And they’ll pray for each other
Like I do, for you

(BC Camplight feat. Abigail Morris – Two Legged Dog)

Fans von Pulp, Brian Wilson, Elton John, Queen, David Bowie – bitte mal herhören! BC Camplight ist nämlich euer Mann. Den kennt ihr nicht? Das sollte sich dringend ändern. Spätestens jetzt, mit A Sober Conversation – einem wirklich fabelhaften Artrock/Songwriter-Album für jeden, der die genannten Ikonen des ambitionierten Pop mag oder verehrt. Ja, es wäre wirklich schön, wenn der supertalentierte Brian James Christinzio aka BC Camplight mit seiner neuen Platte über notorisch jubelnde Kritiker hinaus eine Anerkennung erhielte, die ihm seit 20 Jahren zusteht.

Überbordendes Selbstbewusstsein scheint BC Camplight, diesem unter einem etwas lächerlichen Pseudonym auftretenden Singer-Songwriter – gebürtig aus New Jersey, wohnhaft in Manchester – freilich nicht zu eigen zu sein. Dafür aber immerhin Selbstironie. So singt er im neuen Lied When I Make My First Million, einer Ballade, für die Elton John oder Ben Folds ein Verbrechen begehen würden: „When I make my first million / I’ll buy a friend with my big salary / He’ll say: Mr., you’re young and funny / I’ll say: Thanks but call me by my name“

Auch A Sober Conversation ist also wieder eine Platte, die das schwierige Seelenleben des Protagonisten Christinzio vor dem Hörer ausbreitet. Dieses zutiefst persönliche, oft schmerzhaft ehrliche Songwriting, verziert mit prachtvollen, aber nie glatten Melodien und ambitionierten Arrangements, ist seit dem Debüt Hide, Run Away (2005) ein Markenzeichen von BC Camplight. Oder, wie es das Onlinemagazin Allmusic formuliert: „a one-man band take on classic pop songwriting, marrying quirky, well-crafted pop melodies with lyrics that often dealt with dark themes informed by his struggles with depression“

Dass die neuen Lieder wieder kein leichtgewichtiger Kirmes-Klimper-Pop sind, sondern auch mal sperrige Indierock-Brocken, in denen urplötzlich pure Schönheit aufleuchtet, ist bei BC Camplight quasi eingepreist. Etwa in Rock Gently In Disorder, einem Track, der die Gegensätze schon im Titel trägt: Los geht’s mit Crooner-Gesang zu sanften Klavier- und Streicher-Klängen, bevor sich die Harmonien bedrohlich aufbäumen, ehe wieder Sixties-Pop-Wohlklang folgt, und so weiter. Als wenn Wilson und Rundgren sich für eine Artrock-Oper mit Queen im Studio getroffen hätten.

Der Ben-Folds-Vergleich trifft für so einige Liedern auf A Sober Conversation zu, etwa im Opener The Tent, im schon erwähnten First Million-Stück oder in Drunk Talk. Denn auch dieser kommerziell bisher wesentlich erfolgreichere australische Kollege vermählt ja gern bissigen oder schwarzen Humor mit feinsten, kaum vorhersehbaren Kompositionen. Dass Christinzio sich locker einen potenziellen Hit aus dem Ärmel schütteln kann, beweist er mit dem formidablen Seventies-Pianopop-Song Two Legged Dog, den er zusammen mit Abigail Morris von The Last Dinner Party performt. Ähnlich bezaubernd im Mann-Frau-Duett räsoniert BC Camplight später über Bubbles In The Gasoline.

Auch der Titeltrack (mit dem selbstverständlich ironischen Satz „I don’t care for David Bowie“) ist superb. Wer die aktuelle Pulp-Platte More zu Recht abfeiert, kann direkt andocken – denn BC Camplight klingt hier nicht nur sehr nach Bowie, sondern auch nach Jarvis Cocker. Der spiddelige Frontmann der besten Britpop-Band ever (nehmt das, Blur und Oasis!) singt ja ebenfalls Texte, die des öfteren dort hingehen, wo es weh tut.

Mit A Sober Conversation dokumentiert Christinzio „die letzten zwei Jahre seines Lebens, in denen er sich endlich einem schockierenden Kindheitstrauma stellt, während er sich der Nüchternheit verschreibt“, schreibt sein britisches Label Bella Union. Dabei herausgekommen sei „ein fesselndes, manchmal eindringliches Quasi-Konzeptalbum, das von schonungsloser tragikomischer Läuterung und erhabener, komplexer Melodik geprägt ist“

Kein Widerspruch. Mehr noch: ein Album für die Jahresbestenlisten. Zum dritten Mal in Folge nach Shortly After Takeoff (2020) und The Last Rotation Of Earth (2023) – eine bärenstarke Serie des BC Camplight. „Und ich habe beschlossen, mich nicht mehr unterkriegen zu lassen. (…) Ich hoffe, es hilft mir, aber dieses Album ist auch für alle, die Schwierigkeiten haben, ihren Mut zu finden, sich selbst zu finden“, sagt Christinzio selbst. Ja, dann sollte es doch endlich was werden mit dem eingangs beschworenen großen Durchbruch.

BC Camplight – A Sober Conversation
VÖ: 27. Juni 2025, Bella Union
www.facebook.com/BCCamplightMusic
www.bc-camplight.bandcamp.com/album/a-sober-conversation

YouTube Video

Werner Herpell

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