Schmidt & Rodenberg – Chicago: Porträt Einer Stadt

besser

Heute mal etwas anderes als Romane und Lifestyle-Bücher: Sachbücher! Und bevor ihr jetzt alle fluchtartig den Blog verlasst, sei noch gesagt:  Reisebegleiter. Das hört sich doch schon viel besser an, oder?

Das Buch, das mein Fernweh in den letzten Wochen so wohl genährt hat, heißt Chicago: Porträt einer Stadt und ist im Insel Taschenbuch Verlag im 2006 im Zuge eines internationalen Symposiums entstanden. Ich weiß, das klingt schrecklich nach Arbeit. Aber ganz so schlimm ist es nicht… das Buch besteht aus 15 Essays verschiedener Experten zu den Themen Geschichte, Architektur, Literatur und Film und lässt sich gerade dank der Essayform wunderbar zwischendurch lesen. Die Beiträge liefern hervorragende Hintergrundinfos zu der „amerikanischsten“ aller amerikanischen Städte und sind nicht nur für Chicago-Liebhaber (wie mich) sondern auch für alle anderen eine Bereicherung im Bücherschrank.

Im Einzelnen muss man sich das so vorstellen, dass zum Beispiel Wolfgang Pehnt, ein deutscher Architekturhistoriker und Kritiker, in seinem Beitrag „Bauen, Niederreißen, wieder Bauen“ (ein Zitat Carl Sandburgs) seine Gedanken und Eindrücke zu Chicago vor seinem ersten Besuch festhält. Natürlich geht es bei ihm in erster Linie um architektonische Phänomene, aber er beschreibt auch die Geschichte der Stadt und ihre Bewohner. So arbeitet er besonders heraus, dass sich Chicago immer wieder selbst neu erfunden hat und voll von „ungezügelter Produktivität“ ist. Es ist die „Stadt der Modernität, wo die Menschen eine neue und unsentimentale Beziehung zur Zeit eingehen“ und in seinem letzten Absatz erwähnt er die Menschen, die er in Chicago getroffen hat, und die er allesamt als freundlich, offen, ehrlich und in ihrem Gebiet sehr fähig beschreibt. Stellenweise ist die Lektüre anderer Beiträge etwas trocken, aber durchaus lesbar und mit jedem Essay wird die Sehnsucht ein bisschen größer. Außerdem lenken viele schöne Fotos und Illustrationen das Auge bei den allzu anstrengenden Beiträgen ab und geben Kraft zum weiterlesen.

Da sich das Fernweh ja nicht bei allen so einseitig auf Chicago beschränkt, lege ich euch auch noch eine Reihe aus dem Insel Verlag ans Herz: die Literarischen Reisebegleiter. Weil die Covergestaltung quasi die gleiche ist habe ich auch das Chicago Porträt für ein Band dieser Reihe gehalten, aber vom Inhalt her geht es ein bisschen in eine andere Richtung. In diesen 59 Bänden werden diverse Städte, Regionen und Länder mal anders beschrieben, als wir es von Marco Polo und Konsorten gewohnt sind. An die Stelle von Öffnungszeiten und Stadtplänen treten hier Spaziergänge, die uns „auf den Spuren berühmter Autoren zu den Schauplätzen der Weltliteratur“ wandeln lassen. So lernt man selbst Städte, die man gut zu kennen meinte, auch mal von ganz anderen Seiten kennen. Und da sie im Preis durchaus erschwinglich sind (ab 10 €, wenige Ausnahmen bis 17 €), sind sie auch wunderbare Geschenke für alle Reiselustigen. Für das gepflegte Fernweh von zu haus  aus oder aber zur Unterstützung in der großen, weiten Welt. Und nun entschuldigt mich . . . ich muss meine nächste Reise planen!

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Chicago: Porträt einer Stadt
Herausgeber: Johann N.Schmidt und Hans-Peter Rodenberg
VÖ: 18.12.2006, Insel Taschenbuch 3032, 10 €
Insel Literarische Reisebegleiter, 10 €, Ausnahmen bis max. 17 €

Gianna Slomka

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