THE DEEP – Filmkritik

Gulli (Ólafur Darri Ólafsson) treibt alleine im Ozean. Sein Boot ist kurz davor gekentert, seine Kameraden alle tot. Eine Rettung ist fast aussichtslos und trotzdem fängt Gulli an zu schwimmen. In eine Richtung, mit der Hoffnung irgendwann das Land zu erreichen und die furchtbare Kälte zu überleben.

Das ist im Grunde der Hauptplot von ’The Deep’, dem neusten Film von Regisseur Baltasar Kormákur. Bekannt geworden ist dieser mit seinem Film ’101 Reykjavík’. Sein Faible für schrullige Charaktere und karge Landschaften lässt er auch hier freien Lauf. Die wahre Geschichte, die dem Film zugrunde liegt, hat sich auf einer kleinen Inselgruppe im Süden Islands zugetragen. Gleich zu Beginn während einer Kneipenszene werden wir Zeuge der Schiffscrew. Bärtige, raue Männer die schnell auch mal zuschlagen und immer einen brummigen Spruch auf den Lippen haben. Zu ihnen passt, wie die Kamera immer wieder festhält. die triste und karge Landschaft. Alles in einem Blaustich, der einen beim Schauen immer mal wieder selbst frösteln lässt. Hier wird sich viel Zeit gelassen, die Insel, ihre Bewohner und die Natur vorzustellen. Vielleicht zu viel Zeit, weil selbst während Gulli hoffnungslos im Ozean dahintreibt, wird der Film weder hektisch noch dramatisch. Sachlichkeit und Ruhe herrschen hier weiterhin vor. Mit einer der eindringlichsten Szenen des Films ist, als eine Möwe auftaucht. Sie begleitet den in Seenot geratenen. Gulli fängt ein Gespräch mit dem Vogel an und fleht um einen weiteren Tag. Daraufhin stellt er sich einen solchen Tag vor – kurze Einspielungen fiktiver 8mm Aufnahmen untermalen das Gesagte und brennen sich in das Gedächtnis des Zuschauers ein.

Der Film wirkt auf ganzer Linie schon fast dokumentarisch. Er endet nicht mit der Rettung der Hauptfigur, sondern weitet sich über die wissenschaftliche Erforschung des Wunders auf. Jedes Detail wird Schritt für Schritt abgehandelt. Das zieht sich und bringt einen auch weit weg von dem eigentlich versprochenen Thema eines ums Überleben kämpfenden Fischers. Kormákur wollte hier keine eigene Dramatik à la Hollywood etablieren, sondern wahrheitsgemäß eine Geschichte erzählen, die sich so wirklich zugetragen hat. Lobenswert ist es zwar, dass kein unnötiger Pathos mit einfließt, spannend wird das aber auch nicht und entwickelt sich ziemlich schnell in Langeweile. Eigene Schwerpunkte wären wünschenswert gewesen, die den Film auf eine andere Ebene stellen. Visuell ist das Werk berauschend, zumindest zu Beginn. Das Einlassen auf den Grundton des Film ist hier essenziell , sonst wird man ihn hassen. Wenn diese Hürde überwunden wird, erhält man einen auf weiten Strecken ruhigen Film über eine spektakuläre Rettung und den erstaunlichen Lebenswillen eines Mannes, der eigentlich dem Tode geweiht ist.

Regie: Baltasar Kormákur
Darsteller: Ólafur Darri Ólafsson, Thröstur Leo Gunnarsson, Jóhann G. Jóhannsson, Björn Thors
DVD-VÖ: 5. November 2013, Ascot Elite Home Entertainment

 

Tobias

Tobias ist 31, Schwabe aus Überzeugung, trägt aus Prinzip keine kurzen Hosen. Liebt Musik, Bücher, Filme und Schnitzel.

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