ISOLATION BERLIN – Und aus den Wolken tropft die Zeit

Ich bin ein Produkt
ich will, dass man mich schluckt
dass man mich konsumiert
sich in mir verliert

Schön, jung und stark
so will ich euch gefallen
nicht nur eine Seele,
sondern einfach alle

Im grellen Rampenlicht
fühl’ ich mich geliebt
Und dass es auch für mich
noch etwas Gnade gibt

(Isolation Berlin – Produkt)

Da ist sie nun endlich, die Debütplatte von Isolation Berlin. Glaubt man der einschlägigen Musikpresse haben wir kaum ein Album sehnlicher erwartet. Also bleibt nur eins: keine Berichte lesen und Album laufen lassen. Interessant ist die Entwicklung in der deutschen Musik gerade sowieso; lechzt doch offenbar das geneigte Publikum nach deutschsprachiger, depressiver Musik mit verzerrten Gitarren. Daran ist erstmal prinzipiell nichts schlecht, aber es ist schwierig den Überblick zu behalten, wenn auf einmal alles das nächste große Ding ist.

Also einmal Durchatmen und Play drücken. Nach zwei EPs beginnt hier nun also ‘Und aus den Wolken tropft die Zeit’ mit ‘Produkt’. Reflektiert man die eingehenden Worte, scheint sich die Band genau darüber offenbar sehr gut im Klaren zu sein. Rampensäue, die so gar keinen Bock auf Leben haben. ‘Fahr Weg’ und ‘Aufstehn, Losfahrn’ folgen und der Wunsch woanders zu sein, ist offenbar groß – dabei erinnert ersterer leider auf unangenehme Weise an Wanda, zweiterer dann glücklicherweise wieder an die frühen Sterne oder auch an Ja, Panik. Bei dem Namen kaum verwunderlich geht es auch immer wieder um Großstadterlebnisse, bei denen man mit seinen Mitmenschen kollidiert und sich in der Ringbahn im Kreis dreht. Langsam könnte das Album vielleicht doch an Fahrt aufnehmen.

‘Verschließe dein Herz’ erzählt uns da die Song gewordene Handlungsanweisung in einer überraschenden Weise voll groovendem Funk. Dieser Melodie-Text-Schere haben sich schon die Sterne immer gerne bedient und die funktioniert auch bei Isolation Berlin ziemlich gut. Menschenhass zum Tanzen, das funktioniert besonders gerne in Großstädten. Hass und Liebe liegen hier nah beieinander und verschmelzen zu einer liebgewonnenen Resignation; und die ist nicht erst bei dieser Band zum Leitmotiv geworden. Dieses paradoxe Gefühl treibt auch ‘Ich küss dich’ voran, das in seiner gleichgültigen Monotonie schonungslos umschreibt, wie es sich anfühlt, wenn man sich einem Menschen nur widmet, weil man nicht alleine sein möchte. Ein Höhepunkt des Albums.

Die Musik ist wahnsinnig unmittelbar. Man hat das Gefühl die Musik drängt sich ganz nah an einen heran und lässt es nicht zu, sich darüber keine Meinung zu bilden. Stellenweise holt dich die Musik ab und nimmt dich mit und an anderer Stelle zerrt sie zwar an dir, aber du bist genervt von ihrer Eintönigkeit – so geschehen bei ‘Ich wünschte, ich könnte’ und ‘Der Garten deiner Seele’. Gerade das letzte Beispiel erinnert in seiner Art zu Texten sehr an ‘Straßenbahn des Todes’ von Element Of Crime und zerbricht daran völlig. Mit ‘Wahn’ gibt es noch einen verbitterten, guten Moment, bis die Platte mit ‘Herz aus Stein’ in langatmigen Orgeltönen endet.

Selten hat einen eine Platte mit so einer Ambivalenz zurückgelassen. Irgendwie ist es gut und irgendwie nervt es jetzt schon. Vielleicht wird die Verwirrung darüber ein bisschen weniger, wenn der Hype wieder abgeklungen ist.

3von5

ISOLATION BERLIN – Und aus den Wolken tropft die Zeit
VÖ: 19. Februar 2016, Staatsakt
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