HEILSTÄTTEN – Filmkritik

Am Leid anderer ergötzen – das ist eine Angewohnheit, die vielen Menschen innewohnt, doch die meisten wollen es nicht wahrhaben. Vor allem im Zeitalter des Internets mit YouTube, Instagram, Facebook und Co. zeigt sich dieses Verhalten sehr oft. Der audiovisuelle Voyeurismus beginnt schon bei einfachen Prankvideos und steigert sich bis zu Snuff-Filmen mit physischer und psychischer Gewalt. Pietät und Ethik finden dabei kaum bis gar keine Berücksichtigung und für mehr Likes und Views wird fast alles gemacht. Mit Heilstätten versucht Michael David Pate dieses gesellschaftliche Phänomen in das Korsett des Horrorfilms zu quetschen.

Die YouTube-Stars Betty (Nilam Farooq), Charly (Emilio Sakraya), Finn (Timmi Trinks) und Kamerafrau Emma (Lisa-Marie Koroll) planen ihre bisher größte Challenge. Sie wollen eine Nacht in den Heilstätten, eine verlassene Klinik bei Berlin, die als verflucht gilt, verbringen. Dank Finns altem Schulfreund Theo (Tim Oliver Schultz), der einen Schlüssel für das Gelände hat, schafft es die Gruppe hinter die Absperrungen und in die alten Klinikgebäude. Mit Wärmebild- und Nachtsichtkameras ausgerüstet, bereiten sich die fünf Jugendlichen auf die Nacht vor. Womit die Gruppe nicht gerechnet hat, ist Theos Ex-Freundin Marnie (Sonja Gerhardt). Weil sie schon einmal in den Ruinen war und dort gemeinsam mit Theo und ihrer Schwester eine übernatürliche Erfahrung gemacht hat, ist sie nun besorgt um die Gruppe und will sie warnen. Die Gruppe beschließt trotzdem die Challenge fortzusetzen. Leider scheinen sich Marnies Befürchtungen zu bewahrheiten. Nach und nach kommt es zu immer merkwürdigeren Vorfällen, Gruppenmitglieder verschwinden und die Jugendlichen finden keinen Ausweg mehr aus der ehemaligen Nervenheilanstalt.

Viel gibt es zu diesem Streifen eigentlich nicht zu sagen, außer dass es ein 0815 Horrorfilm ist. Weder das Found-Footage-Format, noch die Gruseleffekte oder die Geschichte des Films sind in irgendeiner Weise aufregend oder innovativ. Kein anderes Format hat so viele Klischees wie der Horrorfilm und manchen gelingt es sogar, mit diesen Klischees eine gute Handlung auszuschmücken, wie es zum Beispiel Ghost Stories von Andy Nyman und Jeremy Dyson aktuell mal wieder bewiesen hat. Heilstätten schafft das leider nicht. Teenager in einer verlassenen Psychiatrie, ohne Handys und Internet, die sich während der Geschichte aufteilen und ein paar Jumpscares? Das ist ungefähr so aufregend, als würde ein Komiker oder eine Komikerin ihr Publikum kitzeln, damit es lacht. Dieser Film wirkt so, als würde das deutsche Kino gerade erst den Horrorfilm für sich entdecken.

Heilstätten (D 2018)
Regie: Michael David Pate
Darsteller: Tim Oliver Schultz, Emilio Sakraya, Nilam Farooq, Timmi Trinks, Sonja Gerhardt, Davis Schulz, Lisa-Marie Koroll
Heimkino-VÖ: 13. September 2018, Twentieth Century Fox

Julius Tamm

Hat irgendwas mit Medien studiert, schaut gerne Filme und schreibt auch noch drüber. Autor bei bedroomdisco, FRIZZ Darmstadt, hr-iNFO Online und hessenschau Social Media.

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