THE NINTH WAVE – Infancy

I’m sick of having to console you
I’m sick of all of this human behaviour
I’m sick of how much it takes to hold you
I’m sick of it all

(The Ninth Wave – Human Behaviour)

Foto © Stuart Simpson

Warum halten sich die 80er schon so lange in Charts und Trends? Vielleicht weil die logische Antwort auf grün-oder-braun-angehauchte Flüchte und Begriffe wie “Ökodiktaktur” der Weg nach vorne ist. Nach vorne heißt, in die Technik, hin zur positiven Sicht auf Fortschritt und den Geschenken, die er uns bringen könnte. Zukunftsoptimismus. Das hatten wir schon einmal: Die 80er. Der Soundtrack: Synth Pop. Das Bild: Der Mensch als Überwesen, welcher sich von seiner erdischen Hülle löst um im Etherspace und auf Sonnenuntergängen zu reiten. Ergebnis sind fast hybride Wesen ohne Bartwuchs: David Bowie, Cutting Crew, Johnny Hates Jazz, uvw.

Seit Blade Runner hat sich der Optimismus in eine Schreckensvision verwandelt: Der Tod der Natur, die Übermacht der Maschine, Synthesizer und Scheinwerfer: Willkommen im Cyber Punk, musikalisch vertreten durch Depeche Mode, Duran Duran, The Cure.

The Ninth Wave, vier Musiker aus Schottland, verneigen sich mit Infancy vor dieser Idee und hauen ihr neue Schminke und Punk um die Ohren. “Majestic dark post-punk with stealth pop hooks and a firmly DIY ethos” – so der offizielle Pressetext der Band. Die Frontsänger erinnern mit ihren Frisuren und bloniderten Haaren an die Figur Roy Batty, der in seiner “C-Beams Speech” als Maschine, dem Tode nah, zeigt, dass er menschlicher ist, als jene, die ihn geschaffen haben. Und während Harrison Ford Replikaten jagt, liefert die neunte Welle ihren Soundtrack. 

“The album is their first exploration into a deeper understanding of what it means to be human”. Interessant, da die Band wie hybride Wesen wirken. Als seien sie eben jene Replikanten, die sich das Geschehen in einer Post-Apokalyptischen Welt anschauen und kommentieren. This Broken Design ist eine Bankrotterklärung an die Macht des Menschen, Human Behaviour unterstreicht den distanzierten Blick. Es wirkt so, als hätten künstliche Hybriden, Replikanten dieses Album geschrieben und wenn man sich auf dieses Gedankenspiel einlässt, entfaltet dieses Album erst seine wahre Power: Die vom Menschen Geschaffenen urteilen über den Menschen selbst. Extrem spannend und überzeugend!

(Einen halben Punkt Abzug gobt es, weil Co-Sängerin Amelia Kidd viel zu kurz gekommen ist. Woran man das merkt? Man höre das Juwel Unspoken.)

The Ninth Wave – Infancy
VÖ: 15. November 2019, Distiller (Membran)
https://www.facebook.com/TheNinthWaveOfficial/
https://theninthwave.online/

YouTube video

 

 

Dennis Möller

Mehr erfahren →