ONWARD – Filmkritik

But I hope there’s a little magic left in you.

(Mr. Lightfoot – Onward)

In der klassischen Dungeons & Dragons– Welt von Onward hat der Fortschritt Einzug gefunden. Anstatt selber zu fliegen benutzen Feen lieber Flugzeuge, Dungeons werden zugunsten von Schulhöfen abgerissen und die dort lebenden Drachen schlicht zum Maskottchen eben jener. Von den beiden Teenage Elf Brüdern hängt Barley (Chris Pratt) der Fantasy Vergangenheit nach, während der jüngere Ian (Tom Holland) diese nur belächelt. Beiden gemein ist, dass sie ihren viel zu früh verstorbenen Vater vermissen. Ausgerechnet Ian stolpert zufällig über einen Weg, wie die beiden, mit ein wenig Magie, noch einen letzten Tag mit ihrem Vater verbringen könnten. Alles, was zwischen ihnen und dem temporären Familienglück steht, ist ein klassisches Fantasy-Abenteuer in einer alles andere als klassischen Fantasy-Welt. 

Pixar– Filme funktionieren ja meist auf zwei verschiedenen Ebenen, mit dem Ergebnis, dass Kinder und Erwachsene zwei komplett unterschiedliche Filme sehen. Ein gutes Erfolgsrezept um Familienunterhaltung und keine reinen Kinderfilme zu kreieren. Onward geht einen Schritt weiter und präsentiert drei Ebenen. Der Fantasy-Roadtrip richtet sich dabei primär an Kinder. Wobei der eine oder andere Gag auch bzw. gerade bei Dungeons & Dragons Kennern landen sollte. Nicht umsonst hat sich Pixar die offizielle Wizards of the Coast Lizenz besorgt. Nur dem reiferen Publikum wird sich die Metapher der modernisierten Fantasy-Welt für das Ablegen kindlicher Unschuld erschließen. Das einst furchteinflößende Monster nun Familienrestaurants betreiben und Feen nicht mehr fliegen können, weil sie ihre Flügel nie benutzen, wirkt im Film komisch, regt aber durchaus zum Nachdenken an. Wer möchte kann auch noch den Roadtrip als Metapher für das Erwachsenwerden mitnehmen, was zum Beispiel durch die Botschaft, das der direkte Weg nicht unbedingt ans Ziel führt betont wird.

Die letzte und wichtigste Ebene ist, die Sehnsucht der beiden Brüder nach ihrem Vater, spricht zum Glück sowohl Kinder als auch Erwachsene an, ist aber gerade für letztere das beste Argument in diesen Film (mit) reinzugehen. Geblendet von dem bunten Fantasy-Spektakel stellt man immer wieder verwundert fest, dass einem plötzlich die Tränen kommen und weiß zunächst gar nicht so recht warum. Dieser Storystrang war auch die initiale Inspiration von Regisseur Dan Scanlon. Er selbst hatte früh seinen Vater verloren und sich immer gefragt, was für eine Person dieser wohl gewesen war. Die Chance auf eine Antwort auf genau diese Frage gibt er Barley und Ian und dem Publikum dabei den Raum über die Relevanz der Frage zu reflektieren. Nicht umsonst spannt schon der Titel Onward die Klammer um den Aufbruch zum Roadtrip, zum Erwachsenwerden aber eben auch das Loslassen eines geliebten Menschen der weiterziehen muss. Marvel Fans profitieren dabei in der Original Version zusätzlich von den Stimmen von Tom Holland (aka Spider-Man) und Chris Pratt (aka Star Lord), die popkulturell nicht passender als liebenswerter kleiner bzw. chaotischer großer Bruder besetzt sind. Jüngere Zuschauer werden dabei eventuell mit 102 Minuten Stillsitzen an ihre Grenze gebracht, während Ältere die üblichen Pixar Kurzfilme vermissen. Welche wohl als Zugeständnis an die Länge weggelassen wurden. Für die Kindgerechte Umsetzung eines so komplexen Themas jedoch ist die Länge beachtlich. Gerade, weil um ein gemeinsamen Sehvergnügen zu bieten, so viele Ebenen eingezogen wurden. Insgesamt nicht der originellste oder kurzweiligste Pixar- Film, aber absolut sehenswert, besonders, wenn man selbst noch ein wenig Magie in sich finden kann und nicht nur den erwachsenen Film sieht.

Onward (US 2020)
Regie: Dan Scanlon
Cast: Tom Holland, Chris Pratt, Julia Louis-Dreyfus, Octavia Spencer, Mel Rodriguez
Kinostart: 5. März 2020

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Malte Triesch

Malte wuchs im idyllischen Lilienthal, direkt an der Grenze zu Bremen, der schönsten Stadt im Norden Deutschlands, auf. Seine frühesten Film-Erinnerungen ist, auf dem Schulhof in der neusten TV Movie alles anzustreichen was gesehen und aufgenommen werden muss. Da die Auswahl an Horrorfilmen hier doch recht be- oder zumindest stark geschnitten war entdeckte er Videotheken für sich bzw. seine Mutter, da man diese ja erst ab 18 betreten durfte. Wenn er nicht gerade Filmreviews schreibt ist er wahrscheinlich im (Heim-)Kino oder vor dem Mikrophon für den OV Sneak Podcasts, SneakyMonday.

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