MARTIN KOHLSTEDT – Von 0 auf 100

Martin Kohlstedt © Mike Zenari

Seit der ersten Begegnung auf dem Maifeld Derby war für Team Bedroomdisco klar, dass ein Konzert mit dem Komponisten und experimentellen Pianisten Martin Kohlstedt absolut notwendig ist. Einige Jahre sind seitdem ins Land gezogen, doch nun hat sich endlich in Kooperation mit der Centralstation in Darmstadt ein Termin finden lassen und das auch noch in Zeiten von Corona. Martin Kohlstedts Auftritt wird dabei im Rahmen der Veranstaltungsreihe Von 0 auf 100 stattfinden, die absolut konform zu Pandemiebeschränkungen durchgeführt wird und damit endlich wieder alternative Kultur im Darmstädter Raum erfahrbar macht. Wir freuen uns ein Loch in den Bauch und raten zum schnellen Ticketkauf, da es für das Konzert im Saal der Centralstation nur genau 100 Tickets gibt. Weitere Infos zum Ticketkauf findet ihr weiter unten im Text.

Der Konflikt steht Martin Kohlstedt ins Gesicht geschrieben. Dabei ist es egal, ob sich der Komponist und Pianist für einen Moment mit dem Publikum verbindet oder wieder in sein Refugium aus Klaviaturen für Stahlsaiten und Synthesizer versinkt. Unnachgiebig sucht sein Blick, fühlt sich durch irgendeinen Raum und ist damit dem Kopf meist um herzzerreißende Augenblicke voraus. Als Musiker ist das ein Wagnis, ein provoziertes wie provozierendes Spiel am Rand der eigenen Kontrolle – als Komponist dagegen hat das Konzept. Denn für die Energie und Unberechenbarkeit seiner Konzerte ist Kohlstedt, unübersehbar Bursche vom Thüringer Land, durchaus berüchtigt und hat es damit von der Russischen Staatsbibliothek über die iranische Talar-e Rudaki bis in den ausverkauften großen Saal der Hamburger Elbphilharmonie gebracht. Doch man findet bei all dem keine Attitüde der großen Inszenierung wegen, nur eine andere Art, Musik zu denken und mit ihr zu kommunizieren: Es gibt keine Werke, dafür kompositorische Versatzstücke, deren Kraft in dem Potenzial ihrer Kombinierbarkeit und Variationen liegt. Diese Module, wie Kohlstedt sie nennt, ergeben gerade in ihrer Verbindung unvorhersehbare Pointen und Konflikte.

Das gilt nicht nur für seine Konzerte. Schon auf den Schwester-Alben Tag (2012) und Nacht (2014) wirkt die Format-bedingte Aufnahme wie das notwendige Übel, eine ihrer Ausformungen festzuhalten. Voyeuristisch wohnt man einer Begegnung Kohlstedts mit seinem heimischen Piano bei. Mit Strom (2017) lösen sich dann die Schablonen der Bühnenfigur und ihres Instrumentes endgültig auf, in einem berauschenden Wirbel aus Klaviermelodien und elektronischen Landschaften. Es ist keine Grenze mehr auszumachen zwischen Neu und Alt oder zwischen analoger und digitaler Instrumentierung. Sound und Struktur treten hinter den Wunsch, Momente einfach zuzulassen. Als Motiv sind sie für Kohlstedt so inspirierend wie die Sprache seiner Hände für uns – Musik als ein sozialer Zustand.

2019 wird dieser ‚Werk’-Körper nun weiter verhandelt und es wäre nicht Martin Kohlstedt, würde er dafür nicht zur gerade größtmöglichen Fallhöhe streben: Zusammen mit dem bis zu 70 Stimmen starken GewandhausChor zu Leipzig und dessen künstlerischen Leiter Gregor Meyer arrangiert, kuratiert und erforscht Kohlstedt die Interaktion des menschlichen Kollektivs mit der streitbaren Intuition des Musikers. Ströme (Edition Kohlstedt / Warner Classics) macht sich dabei seine Erfahrung zunutze, und die seiner langjährigen Wegbegleiter, das Aufeinandertreffen beider ganz für sich stehenzulassen und als Experiment die Möglichkeit des Scheiterns zu geben. Das Ergebnis ist pure Dynamik, voll von monumentalen Verwerfungen und zarten Annäherungen, aber befreit von jeder Angst vor dem, was Klassik sein darf.

Martin Kohlstedt @ Centralstation Darmstadt
30. Juli 2020
Einlass 20:00, Begin 21:00
Tickets ab 26€ inkl. aller Gebühren gibt es hier
Obacht: Es wird keine Abendkasse geben.

Facebook Veranstaltung
www.martinkohlstedt.com
www.facebook.com/martinkohlstedt

WICHTIG: Bitte informiert euch auf der Webseite der Centralstation vorab über Verhaltensregeln und Abläufe am Veranstaltungstag.

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Fred

Fred ist 32 Jahre, wohnt in der Pop-City Damstadt und mag Hunde, Pizza und Musik.

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