MOONFALL – Filmkritik


Foto-© Leonine Studios

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(K.C. Houseman – Moonfall)

Roland Emmerich hat wieder einen Film gemacht und der Löwenanteil des Budgets der deutsch, chinesisch, amerikanischen Co-Produktion kommt von den Huayi Brothers aus China. Mehr braucht man eigentlich nicht zu wissen. Für ca. 150 Millionen USD (so das Budget des Films, der damit der teuerste außerhalb des Studiosystems produzierte Film ist) wird der Mond auf Kollisionskurs mit der Erde geschickt. Ihm in den Weg stellen sich Ex-Astronautin und jetzt NASA Analystin Jocinda ‘Jo’ Fowler (Halle Berry), Ex-Astronaut und jetzt Tunichtgut Brian Harper (Patrick Wilson) und Verschwörungsmystiker K.C. Houseman (John Bradley).

Der Hauptplot, in dem NASA, unterstützt von SpaceX und natürlich den Chinesen, die Welt rettet wird dabei, Emmerich typisch, unterbrochen von Einzelschicksalen im Rahmen der Apokalypse. Wobei diese in Moonfall alle aus dem näheren familiären Umfeld der Protagonisten gespeist werden. Das kann man aufgrund der Nähe zum Plot besser finden oder schlechter aufgrund der schmälernden Repräsentativität – letztlich spielt es jedoch keine große Rolle, da weder die Einzelschicksale noch der Hauptplot tiefe Dramaturgie oder Glaubwürdigkeit aufbauen. Alle Figuren agieren auf dem Niveau von Teenagern in einem Slasherfilm. Während es in ebendiesen zwar befremdlich, aber der Unterhaltung durchaus zuträglich ist, „Geh da nicht rein” oder “Mach die Tür nicht auf!“ zur Leinwand rufen zu wollen, sind Ausrufe wie „Ich glaube nicht, dass ihr das Spaceshuttle zu dritt gestartet bekommt“ oder „Die durch den Mond ausgesetzte Gravitation wird wohl weder das Spaceshuttle noch euren Geländewagen zufällig vor dem Absturz retten“ wesentlich weniger befriedigend. Vor allem jedoch, weil in einem Slasherfilm dumme Entscheidungen mit dem Tod bestraft werden, hier jedoch alle noch so absurden Pläne von Erfolg gekrönt werden. Da stört der völlig unnötige Subplot um die chinesische Austauschstudentin (wie erwähnt, ein Großteil der Budgets kam aus China) oder dass Kaspersky nicht nur apocalypsensichere Werbetafeln benutzt, sondern anscheinend sogar die Betriebssysteme von Spaceshuttlen schützt, kaum (ein anderer Teil der Budgets kam wohl aus Product Placement-Deals). Ein letztes Wort zu einem der kleinen Plots, nämlich dem von Game of Thrones-Veteran John Bradley: sein Verschwörungsmystiker K.C. Houseman, der am Ende natürlich mit all seinen verqueren Theorien recht behält und wesentlich smarter als die gesamte NASA-Belegschaft ist, passt leider absolut nicht mehr in unsere Zeit. Erst neulich hatte Brian Tyree Henrys Podcaster Bernie Hayes in Godzilla vs. Kong alle Wissenschaftler in Bezug auf die Titanen eines Besseren belehrt. Das ist an sich, genau wie diese Filme, absolut harmloser Spaß, aber ob des aktuellen Diskurs in der realen Welt zwischen echten Wissenschaftlern und jenen mit einem Abschluss von der YouTube– und Telegram-Akademie, passt es einfach nicht in unsere Zeit. Vor allem wenn man wie Herr Emmerich an sich auf der Seite der Wissenschaft steht und sich zum Beispiel aktiv gegen den Klimawandel einsetzt. Anders als Fox Mulder aus Akte X in den 90ern ist dies einfach kein Heldenbild, das derzeit präsentiert werden sollte.

Wenn weder Charaktere noch der Handlungsverlauf oder die grundlegende Story überzeugen, bleibt ja noch die große Zerstörungsorgie, eine, wenn nicht sogar die Spezialität von Roland Emmerich. So lange es ordentlich knallt, macht es ja zumindest Spaß. Sowohl die Grundidee um den Mond, als auch die Bilder von dem immer näherkommenden gigantischen Himmelskörper sind dann auch das Highlight des Films. Die konkreten Auswirkungen in Form von Flut, Sturm etc. sehen ebenfalls überzeugend aus, verpuffen aber in dem belanglosen Gewirr der vielen kleinen, ziellosen Handlungsstränge. So wie der wütende Mob in der Netflix Produktion Don’t Look Up dazu rät bei dem Kometen Dibiasky einfach wegzuschauen, muss man dies leider auch bei Moonfall tun und vielleicht lieber zu der smarteren Streaming-Alternative greifen. Oder ihr schaut einfach den anderen Roland Emmerich Film über den Mond. Dieser bietet mit einem geradezu lächerlichen Budget von 7 Millionen D-Mark genau die trashige Unterhaltung, die man sich hier gewünscht hätte. Entgegen dem Titel ist Moon 44 zwar nicht ganz 44mal besser aber es ist einfach sehr schade, dass nach all den Jahren Erfahrung mit Katastrophen Filmen und dem gigantischen Sprung beim Budget nicht wenigstens ein kleiner Schritt in Sachen Qualität gemacht wurde.

Moonfall (US UK CN 2022)
Regie: Roland Emmerich
Besetzung: Halle Berry, Patrick Wilson, John Bradley, Michael Peña, Donald Sutherland, Charlie Plummer
Kinostart: 10. Februar 2022, Leonine

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Malte Triesch

Malte wuchs im idyllischen Lilienthal, direkt an der Grenze zu Bremen, der schönsten Stadt im Norden Deutschlands, auf. Seine frühesten Film-Erinnerungen ist, auf dem Schulhof in der neusten TV Movie alles anzustreichen was gesehen und aufgenommen werden muss. Da die Auswahl an Horrorfilmen hier doch recht be- oder zumindest stark geschnitten war entdeckte er Videotheken für sich bzw. seine Mutter, da man diese ja erst ab 18 betreten durfte. Wenn er nicht gerade Filmreviews schreibt ist er wahrscheinlich im (Heim-)Kino oder vor dem Mikrophon für den OV Sneak Podcasts, SneakyMonday.

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