DISSY – Interview

Foto-© Pia Henkel

Etwas länger als ein Jahr ist es nun her, dass DISSY mit bugtape seine letzte Veröffentlichung feiern konnte. Nun hat das Warten ein Ende, denn er mit einem neuen Studioalbum zurück – Anger Baby heißt es und erscheint diesen Freitag! Während der Musiker beim bugtape viel Wert darauf legte, dass es zur kalten Jahreszeit erscheint, erscheint dieses Album nun genau dann, wenn es wieder wärmer wird. Und genau das beschreibt auch den Sound der neuen Platte, denn auf Anger Baby hören wir ungewohnt optimistische Töne des Künstlers, das Album ist ein Ausbruch aus der Negativspirale und den düsteren Tracks, die wir sonst von DISSY gewohnt sind. Mit dem Titel des Langspielers erinnert der Musiker nostalgisch an seine WG im Erfurter Anger und nimmt die Hörer:innen auf eine ungewohnt persönliche Reise durch seine eigene Gefühlswelt mit. Im Interview sprachen wir mit DISSY über seine Entwicklung seit der letzten Platte, seinen Umgang mit Kritik und den Wandel in seinem Songwriting.

Hey DISSY, wie geht’s dir heute?
Gut! Also ein bisschen verwirrt wegen der aktuellen politischen Lage natürlich. Wir sind heute alle mit den schlimmen Kriegsnachrichten aus der Ukraine aufgewacht und das ist schon echt gruselig.

Lass uns mal einen kurzen Abstecher in deine musikalische Laufbahn machen! Deine Mutter ist ja Opernsängerin – bist du dadurch auch schon mit Musik in Verbindung gekommen, oder kam das erst später?
Ich hatte als Kind immer Klavierunterricht, hab viel den Gesang meiner Mutter gehört und hab als Kind auch in einigen Opern mitgespielt.

Ach krass! Komplett andere Musikrichtung also erst mal.
Ja, genau!

War es für dich dann relativ schnell klar, dass du die Musik auch beruflich machen willst?
Ne, ich wollte eigentlich immer Filmkram machen.

Du hast auch was in die Richtung studiert, richtig?
Ja! Dann hat sich das aber immer total ergänzt, ich habe Musik gemacht und dazu dann auch die Musikvideos. Dann hatte ich ein paar Videojobs und die Leute, mit denen ich da zusammengearbeitet habe, waren dann auch wieder Teil der Musik.

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Deine letzte EP ist vor ziemlich genau einem Jahr erschienen, was hat sich seitdem bei dir getan?
Das ist total schwer zu sagen. Gar nicht so viel, glaube ich, weil sich das alles total überlappt, an Anger Baby arbeite ich nämlich schon seit zwei Jahren. Bei Bug Tape war es eher noch ein freies Rumprobieren und bei Anger Baby hatten wir von vornherein ein Konzept. An dem neuen Album habe ich zusammen mit kidney paradise auch viel mehr allein gearbeitet. Ich hatte auch das Bedürfnis, nicht mehr so düstere, destruktive Musik zu machen, das hat sich auf jeden Fall geändert.

Bug Tape hast du auch bewusst im Frühjahr veröffentlicht und den Release sogar noch ein Jahr verschoben, weil der Zeitpunkt für dich sehr wichtig war – wurde der Release von Anger Baby auch von solchen Umständen beeinflusst?
Bei Bug Tape wollte ich, dass es rauskommt, wenn es kälter ist und bei Anger Baby wollte ich eigentlich, dass es erst rauskommt, wenn es wieder wärmer wird. Aber ich glaube, eigentlich ist es bei diesem Album ziemlich egal, das hat sich dann einfach so ergeben, weil wir eine relativ lange Promophase machen wollten. Ich fand’s cool, dass die Leute dadurch mehr Zeit haben, die einzelnen Songs zu hören, statt alles so gebündelt, weil dadurch mehr Gewicht auf den einzelnen Tracks und der Geschichte, die erzählt wird, liegt.

In deinen anderen Alben hast du eher aus der Fremdwahrnehmung geschrieben, jetzt ist es eher deine Eigenwahrnehmung. Das Album ist dadurch sehr persönlich geworden – fiel es dir an manchen Stellen schwer, dich da so zu öffnen?
Ne, das ging mir eigentlich ganz gut von der Hand so autobiografisch zu sein, weil es dadurch auch konkreter ist und nicht mehr so kryptisch.

In dem Homegirls Podcast hast du erzählt, dass der Titel von dem Album sich auch auf die Location deiner WG in Erfurt bezieht – wie hat die Zeit dort die Texte von dem Album beeinflusst?
In der WG war alles sehr Links angehaucht, wir waren mehrere Leute und es war auch einfach eine krasse Partyzeit. In der Zeit habe ich angefangen, viel mehr rumzuexperimentieren und mich für artsy Shit zu interessieren. Dann habe ich angefangen zu studieren und habe viel Input von allen Seiten bekommen. Das war der Kern von dem ganzen DISSY Ding.

Wir haben ja gerade schon mal kurz dein Studium und deine Liebe für Film angerissen – die Regie für deine Musikvideos übernimmst du auch größtenteils selbst, ist das wichtig für dich und fällt es dir dann wiederum auch schwer, Sachen aus der Hand zu geben?
Ja, voll! Ich kann das nur sehr schwer und es macht mir auch einfach sehr Spaß, Sachen selbst zu machen, aber ich muss jetzt endlich anfangen, Dinge abzugeben, weil es langsam echt too much wird (lacht).

Gehst du Produktionen für andere Künstler:innen anders an, als deine eigenen? Also vielleicht weniger- oder auch mehr perfektionistisch?
Ich glaube, dass ich bei den Sachen, die ich für andere mache, noch perfektionistischer bin. Bei mir werde ich etwas nachlässiger, habe ich das Gefühl. Bei anderen bin ich halt nicht so frei, weil es mehr Vorgaben gibt. Aber deshalb mache ich so gerne meine eigenen Sachen, weil es da keine Grenzen gibt.

Du hast schon oft über dich selbst gesagt, dass du ein sehr selbstzweifelnder Mensch bist – wie gehst du damit in Bezug auf deine Veröffentlichungen um?
Ich glaube, dass es fast allen, die solche Mukke machen wie ich so geht, das ist aber auch ein bisschen erleichternd (lacht). Da können achtzig Leute kommen und dir sagen, dass es voll geil ist und dann kommen zwei und sagen dir, dass sie deine Musik kacke finden oder Nageln dich auf irgendwelchen Konzepten fest und dann fängst du an, alles zu hinterfragen und denkst, dass das vielleicht doch alles scheiße ist. Man verliert, sobald es fertig ist und sobald es raus kommt, total den Bezug dazu.

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Versuchst du das dann einfach abzulegen, wenn eine Veröffentlichung ansteht, oder denkst du trotzdem drüber nach?
Ich denke da schon viel drüber nach (lacht). Aber ich versuche mich davon freizumachen und irgendwann ist es mir bei dem älteren Stuff dann auch egal. Aber mir geht’s eigentlich vor allem darum, dass Freunde und Künstler:innen die ich schätze es geil finden, das ist mir das Wichtigste.

Du hast in dem Sputnik Podcast gesagt, dass du das Gefühl hast, dein Potential noch nicht so ganz ausgeschöpft zu haben – hast du das Gefühl dem mit dem Album jetzt ein Stück näher zu sein?
Ja, ein Stück weiter bin ich auf jeden Fall gekommen, aber auch eher so, dass ich jetzt eine Grundlage habe und für mein Skillset dazu gelernt habe. Ich habe das Gefühl, Sachen jetzt in Zukunft noch mehr auf den Punkt bringen zu können, aber es ist natürlich immer noch ein Prozess.

Was sind deine weiteren Pläne für die kommende Zeit?
Erst mal stehen jetzt viele Collabos mit anderen Künstlern an.

Darfst du da schon was verraten?
Morgen kommt ein neuer Song mit Tropical Ltd raus, nächste Woche kommt ein Remix mit Ahzumjot und Dexter, mit Fatoni hab ich was gemacht, mit Goldroger kommt was, auf einem neuen neuen Lord Folter Song bin ich drauf, also da kommt echt einiges.

Krass! Und wenn’s klappt gehst du mit deinem neuen Album auch auf Tour, oder?
Ja, genau! Im April soll es losgehen und gerade sieht es ja auch so aus, als würde das klappen!

Dissy Tour:
31.03. Schräglage, Stuttgart
01.04. Ponyhof, Frankfurt
02.04. Veedel Club, Köln
07.04. Uebel & Gefährlich, Hamburg
08.04. ÆDEN, Berlin
09.04. Ampere, München
10.04. Kalif Storch, Erfurt

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Emely Triebwasser

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