WANDA – Wanda


Foto-© Tim Bruening

Träume gibt’s wie Plastik im Meer
Sie sind alle so lästig
Ich wart auf dich und freu mich so sehr
So sehr dass mir schlecht is

(Wanda – Rot ist die Farbe)

Wien versinkt im Sand. Ist das der Klimawandel, die Sehnsucht nach erholsamen Strandurlaub oder das Ziel, auf das auf dem letzten Wanda-Albumcover zugesteuert wurde? Sicher ist nur, was sich unter der Wüste verbirgt: Immer noch feinster Wiener Alko-Pop. Hier reihen sich die Anti-Selbstoptimierungs-Hymnen aneinander und verhaken sich ineinander.

Die Schunkelsongs nehmen viel Platz ein auf der neuen Platte, spärlicher sind die wirklich textlich starken Tracks. Aber wenn sie laufen, dann pfeffern sie richtig rein. Wie wenn’s der Barkeeper zu gut meint mit dem Hochprozentigen im Drink. Da dreht man ein, zwei, drei Runden mehr.

Highlighttrack ist natürlich Eine ganz normale Nacht in Wien, nicht nur, weil man’s einfach lieben muss, wenn Wanda von Orten singen und im Besonderen von der Heimat, aber weil das Lied so viel mit einem macht. Im luftleeren, zugequalmten Raum ein versöhnlicher Rückenstreichler, ein “Ich weiß, dass grad alles ziemlich blöd ist, aber nimm doch noch ein Glas Wein, wir machen das schon.” Marco singt: “Es ist gar nix schlimmer, es ist so wie immer.” Das will man niemals hören, wenn man rumjammert, aber falsch liegt er ja auch nicht. Marco macht weiter:

“Sie fragt mich wie ich mir die Welt so denk / Ich sag ich denk nur halb so gerne wie ich rauch”

Das Selbstbetitelte ist ein Album, das klingt wie der Moment, wenn am weinschweren Morgen danach endlich die aufgelöste Aspirin wirkt und ein wohlig warmes Gefühl sich ausbreitet. Dann ist da noch die Liebesgeschichte aus dem 23. Bezirk, Die Sterne von Alterlaa, als zweites großes Highlight, allein für die Zeile: “Du sagst auch wenn ich in Gucci sterbe, bin ich nackt unter der Erde.” Da kriegt man glatt Herzklopfen, weil die Lebensweisheiten sich zeitgeistig geben.

Bei Wanda kommt man mit dem Musikalischen und dem Lifestyligen nicht umher zu fragen, wie lange das noch gut geht. Das Schöne: Es geht noch gut. Aber nach zwölf Mal dem Selbstoptimierungsdruck entfliehen brauche ich bei all dem Wein ein Wasser.

Die ganze Review ist vor der traurigen Nachricht zu Beginn der Woche entstanden. Da verkündete die Band über Social Media, dass Wanda-Keyboarder Christian Hummer nach langer, schwerer Krankheit gestorben ist. Sofort ’n Kloß im Hals, wenn man danach nochmal durch das Album hört. Plötzlich kein leichtsinniger Konsum der kurzen Freude wegen, sondern ein trauriger Toast auf das Leben, das viel zu kurz ist, egal wie exzessiv man es füllt. Ein eigener Umgang mit der traurigen Gewissheit, dass eben nicht alles gut ist oder wird. Das Leben ist zu endlich, um nicht endlich mit den Schunkeln anzufangen. In Pilot lernen wir: “Das Leben is ein wertvoller Ort, alles was wir machen is schon okay.” Danke Christian. Danke Wanda. Keep on rocking in Wien! <3

Wanda – Wanda
VÖ: 30. September 2022, Vertigo Berlin
www.wandamusik.com
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