STELLA SOMMER – Silence Wore a Silver Coat


Foto-© Gloria Endres de Oliveira

In my darkness
There’s a spare room for you
I’ll hand you the keys
They’re yours to use

In my darkness
There’s a toothbrush for you
It’s right where you left it
It’s as good as new

(Stella Sommer – In My Darkness)

Stella Sommer macht keine Kompromisse. Jüngster Beweis ist ihr drittes Soloalbum Silence Wore a Silver Coat, das am Freitag via Buback Tonträger erschienen ist. Das Kompromisslose daran? In einer Welt, in der die Musikbranche seit Jahren über Streaming und die Jagd nach dem Algorithmus diskutiert, veröffentlicht sie ihre Kunst nicht häppchenweise, sondern in einem Doppelalbum mit 24 Songs, durch die es sich zu arbeiten gilt. Diese werden in ihrer Gänze auf keiner der bekannten Plattformen zu hören sein, nur die Singles findet man dort. Ein kleiner Gruß an die Unangepassten – die es sich leisten können. Der reduzierte Folk, ihre dunkle und markante Stimme belohnen für die Reise, die man auf sich nimmt. Mehr als ein Klick, mehr als 2-minütige Gassenhauer. Ein Gesamtwerk, in das man sich fallen lassen kann – wenn man möchte.

Ihre erste komplett selbst produzierte Platte klingt intensiv, traurig, tröstlich. Die größere Instrumentierung mit Horn, Saxofon und Violine bereitet gepaart mit ihrem dunkel-romantischen Songwriting einen Klangteppich, von dem man sich gerne einhüllen lässt. Der Opener A Single Thunder In November nimmt mit einer düsteren Leichtigkeit und rhythmischen Wogen gefangen. Eine Einfachheit, die sich auf andere Art auch im reduzierten The Rain’s Hair gegen Ende des Albums wiederfindet. Tracks wie das chorale und mächtige Frozen Air oder im überwältigenden A Special Kind of Lostness sind dagegen schön in ihrer Mystik. Auch thematisch lässt man sich mitnehmen in Sommers lyrische Gedankenwelten über die eigene Kunst (Selling Disappointment), das Elend der Menschheit (A Matter of Days) und die Solidarität im Traurigen (In My Darkness).

Eigentlich möchte man die einzelnen Stücke gar nicht auseinandernehmen und einzeln betrachten. Die 24 Stücke, die Sommer aus über 60 geschrieben Songs ausgewählt hat, vereinen so viele Facetten ihres Schaffens, dass es nie langweilig wird. Sie führen entlang einer tröstlichen Melancholie durch das Doppelalbum, das man nicht ausschalten möchte. Für eine Wiederbelebung alter Hörgewohnheiten ist diese Platte der perfekte Anlass. Zeitlos, aber nicht von gestern, emotional, aber nicht verzweifelt, stark, aber nicht zerstörerisch. Man träumt sich nach Woodstock, in die eigenen Tiefen und auf einen flauschigen Teppich mit einem Rotwein in der Hand. Was könnte im grauen deutschen Dezember schöner sein.

Stella Sommer – Silence Wore a Silver Coat
VÖ: 25. November 2022, Buback Tonträger
www.stellasommer.com
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