ARIELLE DIE MEERJUNGFRAU – Filmkritik


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They use a lot of words, but got nothing to say to me.

(Prince Eric – Arielle die Meerjungfrau)

Die junge und abenteuerlustige Meerjungfrau Arielle (Halle Bailey) träumt davon, irgendwann der Welt der Menschen einen Besuch abstatten und sie erforschen zu können. Doch ihr strenger, überfürsorglicher Vater Triton (Javier Bardem), der König der Weltmeere, verbietet ihr die Meeresoberfläche bloß zu berühren. An einem schicksalshaften Gewittertag wird ihr Interesse an den Menschen nun noch größer, als sie den ebenfalls jungen, abenteuerlustigen und schiffbrüchigen Prinzen Eric (Jonah Hauer-King) rettet. Um mit ihm zusammen sein zu können, schließt Arielle einen Handel mit ihrer im Exil lebenden Tante Ursula (Melissa McCarthy), die der Hexerei mächtig ist, ab und tauscht ihre Stimme gegen Beine. Und ab dann beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, um den Kuss der wahren Liebe und dem damit verbundenen erhofften Happy End.

Die Welle der Realverfilmungen aus dem Hause Disney hat nun auch den 1989er Klassiker Die kleine Meerjungfrau mitgerissen. Wie die meisten der anderen Zeichentrick-Klassikern ist auch Arielle fast doppelt so lang wie das Original, die Welt ist fotorealistisch und die eigentliche Existenz des Remakes wird an sich mit kaum einer Szene gerechtfertigt. Aber Arielle ist mitunter die beste Realverfilmung von einem der beliebtesten und wegweisenden Disney-Zeichentrickfilmen.

Die Handlung ist dem Original treu geblieben, mit ein paar modernen Anpassungen hinsichtlich der Rolle von Frauen und Umweltbewusstsein. So sind die sechs älteren Schwestern von Arielle nun die Herrscherinnen von sechs der sieben Weltmeere und setzen sich tatkräftig für den Schutz der Ozeane ein. Auch der Vater-Tochter-Beziehung von Arielle und Triton wird versucht mehr Tiefe zu geben. Auch wenn die Interaktion der beiden recht unterkühlt wirkt, womöglich ob des stoischen Mienenspiels des königlichen Vaters, so steht die Beziehung der Meermenschen besonders im Kontrast zu der Mutter-Sohn-Beziehung von Prinz Eric und seiner königlichen Mutter, die umso hitziger diskutieren. All die ikonische Szenen aus dem Originalfilm werden zwar mit einer kleinen, eigenen, realistischen Nuance versehen, aber man kann sich des Gefühls nicht erwehren, dass diese den Effekt verwässert.

Die Unterwasseraufnahmen und vor allem die Inszenierung der Unterwasserwelt wirken besonders naturgetreu. Auch die Darstellung des Meeresvolkes, vor allem die Fischkörper, die in ihrem ausgefallenen und farbenfrohen Mustern an real existierende Fische erinnern. Die menschliche Seite der Meerjungfrauen hingegen trägt leider zu viel und zu markantes (wahrscheinlich wohl wasserfestes) Make-up.

Viele solcher überflüssigen Details erinnern daran, wie ausdrucksstark, klar und greifbar die klassischen Disney-Zeichentrickfilme waren und es größtenteils noch sind. Glücklicherweise ist die Besetzung der Realverfilmung fantastisch. Allen voran Halle Bailey in der Hauptrolle. Sie singt nicht nur gut, sie schafft es auch in den Szenen, in denen sie weder singen noch sprechen darf, allein mit ihrer Mimik und Gestik so viel Esprit und Herzlichkeit zu versprühen, dass es niemanden verwundert, dass sich Prinz Eric bereits nach einem Tag in Arielle verliebt. Ein großes Lob geht auch an Daveed Diggs, der der Krabbe Sebastian die Stimme leiht und eine solch wahrhafte Glanzleistung als Synchronsprecher abliefert, dass Sebastian zum MVP des Films avanciert. Einzig die Meerhexe Ursula wirkt ein wenig wie ein extravaganter James Bond– Bösewicht, jedoch spürt man wieviel Spaß Melissa McCarthy mit der Rolle hatte und das macht sie dann doch wieder sehr bestrickend.

Arielle wurde mit sehr viel Liebe zum Original gedreht und diese spüren die Zuschauer ab der ersten Minute. Die Unterwasserszenen wurden mit sehr viel Mühe und sehr viel VFX zum Leben zu erweckt, das fällt den Zuschauer dann doch immer mal wieder ins Auge, doch sind diese bereits so feucht, da man, nachdem man die erste Töne von Part of your World hört, bereits den Tränen nahe ist.

Für Fans des Originals, die gerne in Erinnerungen schwelgen, und für die, die gerne mehr starke Frauenfiguren im Kino stehen möchten, ist Arielle wärmstens ans Herz gelegt. Denn Halle Bailey bringt als Arielle nicht nur die Welt der Menschen und des Meervolkes zusammen, sie nimmt das Steuer (des Schiffs) am Ende selbst in die Hand und zeigt, dass die Prinzessinnen von Disney schon immer Heldinnen waren.

The Little Mermaid (USA 2023)
Regie: Rob Marshall
Besetzung: Halle Bailey, Jonah Hauer-King, Daveed Diggs, Javier Bardem, Melissa McCarthy, Awkwafina
Kinostart: 25. Mai 2023, Walt Disney Studios Motion Pictures Germany

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Helena Barth

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