ART FEYNMAN – Be Good The Crazy Boys


Foto-© Aubrey Trinnaman

Don’t say it, don’t say it, you don’t wanna be bad
Don’t think it, don’t think it, you don’t wanna be bad
Don’t say it, don’t say it, you don’t wanna be bad
Don’t think it, don’t think it, you don’t wanna be bad

I saw you on the moonlight, your shadow on my face
That’s when our difference was only but a trace
I was there so helpless, I was swimming in the field
That’s when our difference was just becoming real

I am down, I’m up again
It’s the early signs of rhythm
When my mind goes blank and thin
It’s the early signs of rhythm
Of rhythm, of rhythm

(Art Feynman – Early Signs Of Rhythm)

Ein anonymer Mann läuft im Anzug, mit Hut und Aktenkoffer über einen großen Platz mit einer Kathedrale (?), die verwackelten, teilweise kolorierten Bilder des Videos wirken in einer Endlosschleife auf den Zuschauer ein. Dazu ein Groove, der allen Vorstellungen von “normaler” aktueller Tanzmusik widerspricht – und dabei doch schier unwiderstehlich ist. Willkommen beim Song Desperately Free und damit in der wundersamen Welt von Art Feynman, der auf dem Album Be Good The Crazy Boys nun “vollständig in den kollektiven Wahnsinn eintaucht”, wie sein Label Western Vinyl fürsorglich vorwarnt.

Art Feynman? Wer jetzt stutzt und “Nie gehört” sagt, muss sich ob der Bildungslücke nicht grämen. Vielleicht sagt ihm/ihr der Name Luke Temple mehr. Oder aber das hervorragende Bandprojekt Here We Go Magic. Dahinter steckt stets derselbe äußerst umtriebige Singer-Songwriter und Multiinstrumentalist mit Sitz in New York, der sich nun eben erneut unter dem Alias Art Feynman anschickt, die Tanzflächen ambitionierter Indie-Discos in Brand zu setzen. Das passende Material hat er mit dem unfassbar energiegeladenen, direkt in die Beine gehenden Sound des neuen Albums jedenfalls geliefert.

Wer also die Talking Heads in ihrer afrobeat-infizierten, punkfunkigen Remain In Light-Phase, den stilistisch frei drehenden David Bowie der mittleren/späten 70er Jahre oder die (davon inspirierten) frühen Arcade Fire vermisst (wie der Schreiber dieser Zeilen), wird bei Art Feynman definitiv fündig. Vom Opener, passend Early Signs Of Rhythm betitelt, über das herrlich lässige All I Can Do bis zum oben erwähnten, tropisch heißen Afrobeat-Song Desperately Free drückt der Groove-Meister das Gaspedal voll durch. Erst mit dem romantischen, pianojazzigen Closer I Do kehrt etwas Ruhe ein.

“To me there was a lot of energy that needed to be released as the result of living in isolation for six years. It also seems to speak to a general anxiety we’re all holding, but it’s expressed in a cathartic way”, sagt Luke Temple über den Antrieb zu seinem neuen Album. Knackige Bässe, wuchtige Drums und funky Gitarren sind also allgegenwärtig auf dem dritten Art-Feynman-Album seit 2017. Dass immer wieder wilde Saxofone und schrille Synthesizer der Jerry Harrison/Bernie Worrell-Schule virtuos dazwischengrätschen und den Jazz-Anteil einiger Songs deutlich erhöhen, gehört zum Konzept dieses Freigeistes.

On top dann noch die oft atemlosen, ans Hysterische grenzenden Vocals von Temple (auch hier passt der Vergleich mit David Psycho Killer Byrne und den frühen Talking Heads oder mit Bowie) sowie tolle weibliche Background-Chants – und fertig ist das vielleicht beste, ganz sicher aber das tanzbarste Artpop-Album des Jahres. Die Entwicklung vom Nischen-Soloprojekt zur vollwertigen Studioband ist Luke Temple/Art Feynman mit Be Good The Crazy Boys jedenfalls definitiv geglückt.

Art Feynman – Be Good The Crazy Boys
VÖ: 10. November 2023, Western Vinyl
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YouTube video

Werner Herpell

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