SPARKS – MAD!


Foto-© Munachi Osegbu

You may be devoted to your country, God, or flag
Maybe you’ve a passion for a hobby or your Jag
Maybe you love work although I’m puzzled why you would
Maybe it’s your home team, someday, someday they’ll be good

(Sparks – My Devotion)

Jedes Jahr giert man in der Musikindustrie nach der Sensation. Findet man ein paar Kandidaten, wirft man mit ihnen um sich. Die Mehrzahl versinkt und wird gleich wieder vergessen. Ein paar bleiben hängen, stoßen über längere Zeit auf Interesse und landen am Ende in der Nische. Und dann gibt es Sparks. Ron und Russell Mael sind seit 1971 die Ausnahme. Sie sind immer noch da, werden von vielen, nicht nur in der Musik, als Legenden gefeiert.

Ihr Weg verlief von Anfang an anders. In den Sixties lernten sie zu Hause in Los Angeles die Beach Boys, Doors und Love kennen, aber es gefiel ihnen nicht so. Besser war für sie, was aus Britannien kam. In den frühen Sparks-Hits This Town Ain’t Big Enough For the Both Of Us und Amateur Hour ist der Einfluss des britischen Glam-Rocks stärker vorhanden als der von Musik, die zur selben Zeit aus den USA kam. Die Zeit zwischen 1973 und 1976 auf Island Records kann man als Kardinalphase der Sparks bezeichnen. Danach haben die Maels immer wieder Wechsel vollzogen, hin zur elektronischen Popmusik und Neoklassik. Einiges davon funktionierte, anderes nicht. Dem Kultstatus tat es keinen Abbruch.

Der jüngste Aufschwung begann vor zehn Jahren mit der Zusammenarbeit mit Franz Ferdinand auf dem Album FFS. Es folgten drei eigene Studioalben, der Soundtrack und das Drehbuch für das Musical Annette, die Dokumentation The Sparks Brothers von Edgar Wright und ein Auftritt von Cate Blanchett im Video zu The Girl Is Crying in Her Latte. Wie so etwas gehen kann? Ganz einfach: „Not a fad, is that so bad, gonna do things my own way.“ Oder, noch besser: „Saw the pope, told him nope, gonna do things my own way.“ Die Idee zum Einstiegssong auf MAD! geht auf eine Aussage von Produzent Todd Rundgren zurück. Er sagte Anfang der Siebziger: Immer der eigenen Art vertrauen, nicht von anderen Meinungen leiten lassen. Das beherzten die Brüder, ist bis heute ihre Leitlinie. Bei ihnen weiß man nie, was als Nächstes kommt, auch auf diesem, ihrem 28. Album. JanSport Backpack ist ein Song über das Ende einer Beziehung. Das Letzte, was er von ihr sieht, ist ihr Rücken und der Rucksack dieser Marke. Damit es nicht traurig wird, wendet sich das Blatt in Hit Me, Baby. Plötzlich fühlt man sich wie in einer Wrestling-Arena, laute Trommeln und eine Metal-Gitarre untermalen den Zirkus, Russells Falsett konterkariert den Eindruck von übertriebenem Machismo.

„All pop music is rearranged Vince Clarke or rearranged Sparks. That’s the truth“, sagt Jack Antonoff in der Doku über die Band. Eine steile These. Unbestritten ist, das die Brüder eine Schwäche für Synthesizer-Pop haben. My Devotion klingt wie zu Zeiten, als dieser Sound der neueste Schrei war. Mit lässigem Pfeifen mittendrin unterstreichen sie, wie wenig verbissen sie die Sache angehen. Bei Running Up A Tab At The Hotel For The Fab hat man das Gefühl, man befinde sich in der Werkstatt von Trevor Horn. Der englische Produzent ist für seinen opulenten Stil bekannt, bringt elektronische Instrumente und Streicher zusammen. Sparks haben gut zugehört, verleihen dem Stück Melodie und Ausstrahlung. Im bizarr-komischen I-405 Rules nehmen die Maels den Klassik-Faden erneut auf. Angesichts der orchestralen Wucht sieht man sie in der Oper sitzen, doch an was denken sie? An den Freeway, der bei ihnen zu Hause um die Ecke eine wichtige Verkehrsader ist. „The Allegheny, Nile and the Rhine in Deutschland, all of them are beautiful but the 405’s a 10“, werten sie. Igitt, schonungslose Feierei des Verbrenners, werde einige hetzen. Das ist den Sparks schnurzpiepegal, es ist ihre Art von Lokalpatriotismus.

MAD! ist ein Album ohne Füller, auch nach hinten hin. In A Little Bit Of Light Banter ist wieder sehr britisch. Es geht um listige Neckerei, sie ist auf der Insel ein Gradmesser, ob man Humor hat oder nicht. Zur atmosphärischen Unterstützung gibt es Marschmusik einer Militärkapelle. Zum Abschluss in Lord Have Mercy fällt ein Gitarrensolo auf. Sein Sound bringt Verärgerung zum Ausdruck, die man angesichts aktueller Geschehnisse in der Politik empfinden darf. Sparks sind das beste Gegenmittel, eigentlich für jede Krise, die man sich denken kann. Egal, wie kaputt, verrückt oder sonderbar die Situation gerade ist – diese Brüder helfen, dass man alles übersteht. Auch im fortgeschrittenen Stadium ihrer Karriere überwältigt ihre ureigene Mischung aus Agilität, gewitzter Art, extrovertierter Persönlichkeit und Lust auf Pop. Bloß nicht verpassen.

Sparks – MAD!
VÖ 23. Mai 2025, Transgressive
www.allsparks.com
www.facebook.com/sparksofficial

Sparks Tour:
01.07.25 Köln, Live Music Hall (hochverlegt!)
06.07.25 Berlin, Uber Eats Music Hall

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