DER MEISTER UND MARGARITA – Filmkritik


Foto-© Capelight Pictures

Der Teufel, an den niemand glaubt, besucht Moskau persönlich.

(Master – Der Meister und Margarita)

Der titelgebende „Meister“ ist ein Schriftsteller (Jewgeni Zyganow) aus Moskau der 1930er. Sein jüngstes Werk über den Werdegang Jesus, in dem man Claes Bang als Pontius Pilatus bewundern darf, wird noch vor der Premiere vom russischen Regierungsapparat wegen dem Verdacht der Volksverhetzung verboten. Resigniert will der Meister eigentlich die Arbeit hinschmeißen, als ihm Muse und Geliebte in Form der wunderschönen Margarita (Julia Snigir) erscheint. Ebenso angetrieben wird er von dem sinistren Woland (August Diehl), wobei dem Meister nicht ganz klar ist, ob Woland in seinem Roman als Teufel Moskau besucht oder tatsächlich Moskau und auch ihn selbst heimsucht. Und dies ist nicht der einzige Aspekt, in dem es ihm zusehends schwer fällt, Fiktion und Realitätbei Der Meister und Margarita auseinander zu halten.

Und genau so ergeht es uns als Zuschauer. So erinnert der Film ein wenig an Die 9 Pforten (1999) oder Jacob‘s Ladder (1990) oder im Hinblick auf die Verquickung von Fantasy und Kritik am Faschismus an Pan’s Labyrinth (2006), ohne jedoch so düster zu werden wie die letzten beiden. Dass man dabei ein wenig angenehm verloren ist, liegt zum einen daran, dass der russische Film sich den Mainstream-Sehgewohnheiten verschließt. Es ist nicht alles chronologisch, worauf jedoch nicht explizit hingewiesen wird und weder jede Figur noch jede Handlung wird ausschweifend erklärt. Das wirkt sehr mutig, ist es bei dem initial nun einmal russischen Zielpublikum jedoch nicht so sehr, wie man denkt. Dem Film liegt die Vorlage von Michail Afanassjewitsch Bulgakow zugrunde. Einen Roman, den er 1928 angefangen hatte zu schreiben und bei dem er 1940 seiner Frau die letzten Zeilen diktierte. Es wurde ein Roman, der erst 1966 erscheinen durfte, dazu stark gekürzt, was nur dazu führte, dass die gestrichenen Seiten unabhängig vom gedruckten Werk kursierten und das Werk handschriftlich in Gruppenlesungen oder gar auswendig gelernt und mündlich weiterverbreitet wurden. Man kann also annehmen, dass Bulgakow wusste, wovon er schrieb und es ein recht sicheres Zielpublikum für den Film in seiner Heimat gibt.

Das Ergebnis davon ist dann ein Film, der sehr selbstsicher eine unglaublich komplexe Geschichte mit viel Liebe zum Detail und guten bis sehr guten Effekte erzählt. Ein Film, der unbedingt im Original genossen werden sollte. Denn nicht nur liefert Claes Bang seine römischen Monologe in feinstem Latein, nein, der Teufel in Moskau hält seine in Deutsch. Wo August Diehl hier glänzen kann, muss jedoch gewarnt werden, dass Jewgeni Zyganow, der zumindest in den Dialog mit dem Teufel tritt, etwas weniger sicher in der Fremdsprache ist. Erzählerisch gibt es neben den eingangs erwähnten zwei Ebenen noch zwei bis drei weitere, die etwas fantastischerer Natur sind. Dafür solltet ihr offen sein, sonst werdet ihr nicht alles des zweieinhalb Stunden Epos genießen können.

Auf den ersten Blick sicher ein Film, der etwas abschreckend wirken kann. Weit über zwei Stunden Spielzeit, ein für die meisten unbekannter Roman, der bald 100 Jahre zurück liegt und dann auch noch Dialoge in Russisch und Latein, klingen nicht nach einem entspannten Filmabend. Aber wer sich auf dieses politische und fantastische Epos einlassen mag, wird es nicht bereuen. Fans des Romans attestieren nicht nur eine gute Verfilmung, sondern sogar sinnvolle Anpassungen und Erweiterungen. Politisch ist es mal wieder eines dieser Werke, das so perfekt zeitlos ist, dass es genau in unsere Zeit zu passen scheint. Denn die Frage aus dem eingehenden Zitat – „Was gefährlicher sein könnte, als die Gefahr, die niemand wahr nimmt“ – ist und bleibt relevant. Sowohl Politik- als auch Dark Fantasy- und Horror-Fans kommen auf ihre Kosten und sollten sich den Film nicht entgehen lassen.

Der Meister und Margarita (RUS 2024)
Regie: Michael Lockshin
Darsteller: August Diehl, Yulia Snigir, Evgeniy Tsyganov, Claes Bang, Yuri kolokolnikov, Aleksei Guskov
Heimkino VÖ: 7. August 2025, capelight pictures

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Malte Triesch

Malte wuchs im idyllischen Lilienthal, direkt an der Grenze zu Bremen, der schönsten Stadt im Norden Deutschlands, auf. Seine frühesten Film-Erinnerungen ist, auf dem Schulhof in der neusten TV Movie alles anzustreichen was gesehen und aufgenommen werden muss. Da die Auswahl an Horrorfilmen hier doch recht be- oder zumindest stark geschnitten war entdeckte er Videotheken für sich bzw. seine Mutter, da man diese ja erst ab 18 betreten durfte. Wenn er nicht gerade Filmreviews schreibt ist er wahrscheinlich im (Heim-)Kino oder vor dem Mikrophon für den OV Sneak Podcasts, SneakyMonday.

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