PAPER MAN – Filmkritik

Es gibt kein Kind? Dann wird das ja leicht…

(Abby – Paper Man)

Richard (Jeff Daniels) ist Schriftsteller, zumindest ist er einer gewesen, doch er befindet sich in einer tiefen Schaffenskrise. Um dieser zu entkommen, lässt er sich von seiner mütterlich-fürsorglichen und erfolgreichen Frau Claire (Lisa Kudrow) aufs Land fahren. In einer dörflichen Gegen an der Küste sucht er die nötige Ruhe um seinen zweiten Roman anzufangen. Aber er reist mit schweren Gepäck: Da wäre zum Beispiel, der Gedanke an seinen ersten, gescheiterten Roman, das Gefühl der Nutzlosigkeit und nicht zu vergessen sein imaginärer Freund und Helfer Captain Excellent (Ryan Reynolds), ein Superheld mit der Fähigkeit Richard aus brenzligen Situationen zu befreien. Viel zu tun hat der Captain damit allerdings nicht, denn Richards Leben ist nicht gerade das, was man als bewegt bezeichnen könnte.

Bei einem Ausflug in den nächstgelegenen Ort lernt Richard die siebzehnjährige Abby (Emma Stone) kennen und engagiert sie als Babysitterin, allerdings eher für sich selbst, denn er ist im Grunde immer Kind geblieben, übergeblieben in in einer eigenen kindlichen Welt voller Erwachsener. Überhaupt ist das Übrigbleiben Richards großes Thema, weshalb sein neues Buch auch von einer ausgestorbenen Vogelart handelt, dessen Protagonist der letzte seiner Art ist. Im Grunde also seine Geschichte. Erzählen aber kann er diese Geschichte noch nicht, denn er ist noch mittendrin.

Seine kindlich naive Unbefangenheit schreckt Abby nicht ab, im Gegenteil: die beiden entwickeln eine intensive Freundschaft. Schnell wird klar, das Abby nicht nur genau wie Richard ein Außenseiter ist, sondern dass sie das jüngere, weibliche Pendant des schrulligen Mannes ist. Begeistert über diese äußerlich ungleiche Freundschaft ist das Umfeld der beiden natürlich nicht, deshalb soll Richards Frau, die die Woche über als Chirurgin in einer Klinik arbeitet auch nichts von seiner Bekanntschaft erfahren. Aber auch Abbys bester Freund Christopher (Kieran Culkin), mit dem sie bisher alle Probleme teilte, sieht die Beziehung der beiden skeptisch.

Paper Man‘ ist ein ruhig erzählter Film über zwei Menschen unverstandene Menschen, die ihren Platz in der Gesellschaft der Erwachsenen noch nicht einnehmen einnehmen wollen, da sie ihre Kindheit noch nicht bewältigt haben und sich deshalb an diese Welt klammern. Aber es ist auch ein Film über Freundschaft und Phantasie, wie heilsam und notwendig beides für jeden ist. Voller Metaphern und Bezüge wird diese Geschichte mit dem gebührenden Respekt vor den Figuren gezeigt, was sich vor allem in schauspielerischen Leistung von Jeff Daniels und Emma Stone widerspiegelt. Aber auch Ryan Reynolds macht seine Sache als exzentrischer Superheld gut und überzeugt jenseits seiner Standardrolle als markiger Sprücheklopfer. Mit diesem Film ist dem Ehepaar Michele und Kieran Mulroney ein wunderbares, detailverliebtes und einfühlsames Autorenfilmdebüt gelungen.

Paper Man (USA 2009)
Regie: Michele & Kieran Mulroney
Darsteller: Lisa Kudrow, Jeff Daniels, Ryan Reynolds,Emma Stone, Kieran Culkin
VÖ: 10. Juni 2011, Koch Media GmbH

httpvh://www.youtube.com/watch?v=YwcexklfbbQ