BECOMING – Das Böse in ihm – Filmkritik

There´s a lot you havn´t seen…

(Lisa – Becoming – Das Böse in ihm)

Wir fürchten uns vor dem Fremden, dem Unsichtbaren, dem Versteckten. Doch was ist, wenn die Gefahr in etwas Vertrautem steckt? Wenn zum Beispiel unsere liebste Person auf einmal zum Bösen wird und das Gefühl von Sicherheit in ihrer Gegenwart dem der Angst weicht? Mit seinem neuen Film Becoming – Das Böse in ihm versucht Regisseur Omar Naïm, aus Liebe Überlebensangst zu machen und will im gleichen Atemzug häusliche Gewalt thematisieren.

Um ihm endlich ihre Eltern vorstellen zu können, begibt sich Lisa (Penelope Mitchell) mit ihrem Verlobten Alex (Toby Kebbell) auf einen Roadtrip durch die USA. Alex selbst hat kaum noch Familie und so hält das Paar auf dem Weg bei einem entfernten Verwandten, um Kontakt zu knüpfen. Doch schnell stellt sich der Gastgeber als aggressive, aufdringliche Person heraus und Lisa beschließt, direkt am frühen Morgen wieder abzureisen. Im Laufe der weiteren Fahrt bemerkt die junge Frau eine Veränderung in ihrem zukünftigen Ehemann. Immer unberechenbarer werden seine Handlungen und aus einer eigentlich heiteren Stimmung wird urplötzlich eine bedrohliche Situation. Während Lisa noch im Unklaren ist, wissen wir als Zuschauer, dass Alex während des kurzen Zwischenstopps von irgendetwas besessen wurde und dieses Etwas ist nicht gerade auf Kuschelkurs. Zu spät begreift Lisa, was los ist und hat die Gefahr schon in ihr Elternhaus gebracht. Jetzt geht es nur noch darum, Alex von diesem Wesen zu befreien und ihm seine Macht zu nehmen.

Becoming hat mit seiner Handlung eine interessante Gegenposition zu klassischen Horrorfilm-Motiven eingenommen. Diesmal ist es nicht das kleine Kind oder die Frau, die besessen sind, sondern der Mann. Er wird als schwach und angreifbar für böse Mächte gezeigt und der Film nimmt damit ein feministisches Narrativ an. Leider ist es nicht so einfach, wie Omar Naïm es gerne hätte. Indem er häusliche Gewalt, allgemein Gewalt von Männern, durch ein böses, den Geist besitzergreifendes Monster darstellt, gibt er einem sehr realen Problem eine falsche Maske. Männer, die ihre Frauen und Kinder schlagen, sie vergewaltigen und ermorden, sind kein Monster. Es sind Menschen wie wir und sie leben zu Hauf unter uns. Es ist ein Anfang, dass sich auch männliche Regisseure solchen Themen annehmen, aber dann sollten von Anfang an falsche Botschaften vermieden werden.

Becoming (USA, 2020)
Regie: Omar Naim
Cast: Toby Kebbell, Penelope Mitchell, Jason Patric, Jeff Daniel Phillips, Beth Broderick
Heimkino-VÖ: 10. April 2020, LEONINE

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Julius Tamm

Hat irgendwas mit Medien studiert, schaut gerne Filme und schreibt auch noch drüber. Autor bei bedroomdisco, FRIZZ Darmstadt, hr-iNFO Online und hessenschau Social Media.

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