DVR – dirty tapes EP


Foto-© Maxwell Granger

What’s goin’ in?
Can’t you see the feelings ends to me
Midlife crisis in my teens, only thing in my dreams,
I think I’m stupid
Really fuckin’ stupid
I like the sound,
I make some time for something really makes me life
I forget to take my drugs, so now my health is goin’ takin’ a diet,
I think I’m stupid
Really fuckin’ stupid
Yeah

(dvr – stupid)

Es ist kaum zu glauben, wahrscheinlich auch für ihn selbst: innerhalb eines Jahres hat sich dvrs Leben von links nach rechts gewendet: der Schotte hat eingeständig zwei EPS aufgenommen und produziert, mit diesen die Aufmerksamkeit des US-Produzenten Kenny Beats gewonnen und noch ein Jahr später erscheint dirty tapes ganz offiziell auf einem Label. Das ist nur die Kurzfassung der Netflix-tauglichen Geschichte dieses Songwriter-Wunderkinds. Denn haltet Euch fest, er ist gerade mal 17 Jahre alt.

Aber dieser Werdegang ist mehr als verdient: Mit zwölf beginnt er mit Garageband HipHop-Beats zu basteln. Mit 15 bringt er sich das Gitarrespielen via YouTube-Videos bei. Daraufhin motiviert er seine Schule Produktionsunterricht in deren alten Studio anzubieten, was sein neuer Lieblingsort wurde. Doch dann kam Corona, zuerst eher Motivation denn Hindernis für ihn. Diese Pause musste doch für etwas gut sein. Und so vollendete er seinen ersten Song, ihm fehlte aber das Produktionsprogramm, das er in der Schule genutzt hatte. Im Zusammenhang mit seiner Kenny Beats-Recherche auf der Streaming-Plattform Twitch, suchte er nach einer illegalen Kopie, woraufhin Kenny selbst ihm die 90-Tage Testversion empfahl. Eine Challenge, die er annahm und in dieser kurzen Zeit sein Debüt tape_01 produzierte. Long story short: Kenny Beats gefiel’s und er wollte mit ihm zusammenarbeiten, infolgedessen kam auch das Label XL Recordings hinzu.

Es hätte also nicht besser laufen können, auch was die Zusammenarbeit mit Kenny betrifft. Als Produzent spielt er gerne mit den HipHop- und R&B-Tempi, fühlt sich dem TripHop daher am nächsten und kennt sich mit entspannten Beats also bestens aus. Zusätzlich mag er den Mix aus prägnanten Hi-Hats und Akustikgitarre. Insgesamt entsteht ein Live-Effekt, der das „Zimmergefühl“ dieser EP stark unterstützt.

Einen tiefen Einblick in diesen Rückzugsort gibt uns Dillon van Rensburg, so sein bürgerlicher Name, der auch sein Künstlerkürzel erklärt. Die dirty tapes nehmen uns mit in sein Zimmer, wo er tagelang rücklings auf dem Bett liegt, gegen die Decke starrt, auf seine Plattensammlung, aus dem Fenster und die Zeit verstreichen sieht (tunnel vision), sich mit der Isolation abgeben muss. Eine Zeit, in der er mit Krankheit und psychischen Problemen kämpft: “My songs are basically diary entries”, gibt der Songwriter zu.

Und so täuscht der lässige Beat und der Lo-Fi Gitarrensound nur schwer über die tiefgründigen Gedanken hinweg, an denen er uns in seinem akzentstarken Sprechgesang teilhaben lässt. Die Schockstarre und Zukunftsangst hat Dillon mit Kreativität meisterhaft kompensiert und blickt nun gespannt auf alles, was kommt. Und das ist eine aufregende Zukunft, ist er doch noch nie live aufgetreten und hat auch erst eine Live-Show in seinem Leben besucht.

Eine unglaubliche Geschichte mit Happy End und eine vielversprechender Zukunft, auch für uns. Ich bin sehr gespannt, was wir alles von ihm hören werden, bei so viel künstlerischen Fähigkeiten und der Aussicht auf sein erstes Album. Für Fans von King Krule, Loyle Carner, The Streets und den Arctic Monkeys (zu denen er sich in dirty tapes aber distanziert und die natürlich viel zu happy sind für ihn).

dvr – dirty tapes EP
VÖ: 14. Januar 2022, XL Recordings
www.instagram.com/dvrtrax

YouTube video

Saskia Böttjer

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