BEABADOOBEE – Beatopia


Foto-© Erika Kamano

I know you hate it when there’s nothing to say
I’m not quite sure wе’d fix it, guess we’re so usеd to it
Wish I’d known this from the beginning
We’d find it hard to work out, why we have all this doubt

(Beabadoobee – the perfect pair)

Ob Beatrice Laus klar war, wie wichtig ihr Album für Musikfans sein würde, wenn es rauskommt? Mit dem aktuellen Zustand unserer Welt konnte eigentlich niemand rechnen. Und dennoch wirkt es so, als hätte Beabadoobee genau gewusst, was sie da tut. Denn Beatopia ist wie eine pastellfarbene Beruhigungstablette, die das Chaos der westlichen Welt gerade für 45 Minuten und 44 Sekunden ertragbar macht.

Das zweite Album nach ihrem Debüt Fake Flowers fühlt sich an wie ein wilder Traum, in den man sich völlig angstbefreit hineinfallen lassen kann. “I wanted it to feel like a massive trip”, sagte die britische Sängerin vorab gegenüber NME. Ein Lucid Dream auf Platte, veröffentlicht genau zur richtigen Zeit. 

Ihren Platz im Kosmos von verträumten Bedroompop und kuscheligem Indierock hat sich Beabadobee schon mit ihrer ersten Single Coffee (2017) klargemacht. Mit dem Label Dirty Hit ist die 22-Jährige seitdem musikalisch an der richtigen Adresse, wie auch ihr neues Werk zeigt. Los geht der Trip auf Beatopia mit dem Beatopia Cultsong der mit leisem Geflüster und rhythmischen Gitarren stille Vorarbeit für die restliche LP leistet. Mit 10:36 werden unsere Synapsen mit verzerrten Gitarrenriffs entflammt, bevor sie sich mit Sunny day wieder entspannten dürfen.

Insgesamt wird schnell klar, Beabadoobee lässt sich auf Beatopia den Freiraum verschiedene Ecken ihrer musikalischen Brillianz zu erkunden. Am Ende entsteht dadurch eine Dreifaltigkeit aus Lo-Fi, kratzigem Indierock und Bedroompop, der einen direkt in die Welt einer Teeniekomödie aus den frühen 2000ern katapultiert.

See you soon wurde bereits vor Release des Albums als Single veröffentlicht und hat direkt das Gütesiegel von Pop-Queen Taylor Swift abgesahnt. Ein Push, den sich die Nummer, die von einem Magic Mushroom Trip inspiriert ist, mehr als verdient hat. Sie ist neben Songs wie Ripples und Lovesong ein sanftes Psychedelika, das kurz einen pastellfarbenen Schleicher zwischen uns und die harte Realität der Welt legt. Die weichen, dreamy Klänge auf Beatopia bedeuten übrigens nicht, dass sich Bea Laus auf Beatopia nicht lyrisch mit den ernsten Dingen des Lebens beschäftigt.

Die Sängerin setzt sich zum Beispiel in the perfect pair mit (gescheiterten) romantischen Beziehungen auseinander und reflektiert über ihre eigenen Macken und Ängste in Pictures of Us. “And I don’t know what it means to get better Last night’s emergency Her and me” Ein Song, den sie gemeinsam mit Matty Healy von The 1975 geschrieben und aufgenommen hat.

Den Abschluss des 14-teiligen Albums bildet You’re here that’s the thing, ein romantischer Lovesong, der auf wundervoller Weise den Finger in die Wunde einer ganzen Generation legt, die sich viel zu oft weigert, Beziehungen zu labeln: “And I know you said that we’re not a thing, But you’re here that’s the thing, And I’m not trying to give you a ring Well maybe on the phone if you let it sing You’re overcomplicating everything.”

Beatopia ist die perfekte Mischung aus Komfort und Eskapismus, die mal weich wie ein Wattepad und mal rockig und verzerrt um die Ecke kommt und gerade deshalb allen Songs erlaubt, für sich zu stehen, ohne das Gesamtwerk aus den Augen zu verlieren.

Beabadoobee – Beatopia
VÖ: 15. Juli 2022, Dirty Hit
www.beabadoobee.com
www.facebook.com/radvxz

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Juliane Reuther

Juliane ist Redakteurin und Autorin aus Berlin. In ihrer Arbeit befasst sie sich vor allem mit Popkultur, Musik und Feminismus.

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