PLAINS – I Walked With You A Ways


Foto-© Molly Matalon

Give me a minute
For my soul and my heart to finish
What we started

This aching spirit’s gotta mend
Before I let you in

I can’t ask you to wait on this
Lord I wish you would
Some things won’t stop, you try to pause it
When love comes calling
When love comes calling
Hold on

(PLAINS – No Records of Wrongs)

Anfang des Jahres 2020, kurz vor der uns allen bekannten Pandemie, tauschten Katie Crutchfield aka Waxahatchee und Jess Williamson ihre Alben aus. Saint Cloud und Sorceress haben die beiden Künstlerinnen so eng verbunden, dass sie das Duo PLAINS gegründet haben. Nun erscheint am Freitag das Album des Projekts via Anti-Records. Crutchfield hatte sowieso das Gefühl, dass es an der Zeit war, eine andere Seite ihrer Kunst und Inspiration zeigen zu können und hatte das Gefühl, dass Williamson die perfekte Partnerin dafür wäre. Dieses Gefühl hat sich bewahrheitet: I Walked With You A Ways ist die gemeinsame Vision zweier Songwriterinnen, die zurück in ihre Vergangenheit führt zu zeitlosen, klassischen Country-Songs, die sie als Kinder mitgesungen haben. Die Country-Anleihen hatten sich schon auf Waxahatchees Saint Cloud angedeutet, mit Plains taucht sie nun endgültig in diese Welt ein.

Dabei ist – wie bei vielen Country-Gruppen – die besondere Verbindung der beiden Frauen der Kern, warum die Musik so gut funktioniert. Musikalisch wird das gleich beim Opener Summer Sun deutlich. Der Song vereint alle typischen Country-Elemente von Banjo bis Slide Guitar und zwei Stimmen, die perfekt harmonieren. Auch der thematische Dauerbrenner des Herzschmerzes auf der Veranda im Süden ist der perfekte Einstieg in diese zeitlose und doch moderne Platte: “It was always fun getting a little drunk / On your back deck in the rain / And I’d cook for you like a good woman do /You had no reason to be afraid.” Auch das ebenfalls von Williamson geschriebene No Records Of Wrongs versetzt einen gedanklich in einem Pick-Up-Truck im Westen Texas während Abilene sogar direkt geographisch die Szene setzt. Minimalistischer und weniger folkloristisch klingen die Songs von Crutchfield. Auch hier wird ein Arsenal an Country-Essentials aufgefahren, wirken aber akzentuierter und weniger voll. Vor allem die Gitarrensoli und ihre direkten Lyrics bleiben beim trotzigen Problem With It im Ohr. Die atmosphärische Erzählweise Williamsons und die Schonungslosigkeit Crutchfields sind eine gelungene Kombination, die nie symbiotisch, aber empowernd wirkt. Für verklärte Romantisierung ist kaum Platz auf der Platte. Die beiden Frauen machen deutlich, was sie wollen und was nicht. Die moderne Perspektive auf das Leben ist es, was dieses Album von vielen Klassikern unterscheidet und Identifikationspunkte trotz musikalischer Nostalgie bietet. In dem treibenden Hurricane heißt es: “I might do a little damage / But you always take my call / & I come in like a cannonball / I’ve been that way my whole life / Sweet as honeysuckle/ When you want a pocketknife.” Den Höhepunkt der gemeinsamen Harmonien bildet das ruhige und selbstkritische Easy. Die beiden Stimmen funktionieren hier so perfekt zusammen, dass es Gänsehaut verursacht.

Im ersten Eindruck ist I Walked With You A Ways eine wunderbar nostalgische Country-Platte, die sicher bei vielen Erinnerungen und Sehnsüchte weckt. Taucht man jedoch tiefer ein, sind es die Mischung aus intimer Direktheit, einem unverkennbaren Gespür für atmosphärisches Erzählen sowie die Beziehung und die Gegensätze der beiden Künstlerinnen, die diese wunderbare Platte tragen und sicher zum Klassiker machen. Ein kreativer Ausflug, der sich für beide gelohnt haben sollte.

PLAINS – I Walked With You A Ways
VÖ: 14. Oktober 2022, Anti-Records
www.plainsband.com
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