GRAN TURISMO – Filmkritik


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All I ever wanted to do was to be a racer!

(Jann Mardenborough – Gran Turismo)

Jann Mardenborough (Archie Madekwe) träumt davon, Rennfahrer zu werden. Sehr zum Unmut seines Vaters (Djimon Hounsou), der ihn zwar durchaus ermutigt seinen Träumen zu folgen, nur sollen diese bitte etwas näher an der realistischen Perspektive der britischen Arbeiterklasse liegen. So ist das, was seinem Traum am nächsten kommt, der „Real Driving Simulator“ Gran Turismo auf der PlayStation. Ein Spiel, von dessen Realismus Entwickler Kazunori Yamauchi (Takehiro Hira), der Autohersteller Nissan, vor allem aber Marketer Danny Moore (Orlando Bloom) so überzeugt sind, dass sie einen Wettbewerb veranstalten, dessen Gewinner die Chance haben „echte“ Rennfahrer zu werden.

Der Plot des neuen, zum Erfolgsspiel gleichnamigen Blockbusters erinnert zunächst an The Last Starfighter von 1984, in dem über ein Videospiel Raumpiloten auserwählt wurden. Der Unterschied und zugleich die zentrale Daseinsberechtigung des Films: Die Geschichte von Gran Turismo ist wahr. Ja, es ist tatsächlich ein Gran Turismo PlayStation Gamer, über einen Nissan Wettbewerb zum echten Rennfahrer geworden. Er doublet sogar sein Alter Ego im Film für die Rennsequenzen. Aber noch einiges mehr spricht für diese sehr unkonventionelle Videospielverfilmung. So überzeugen Archie Madekwe und David Harbour als Rennfahrer Jann und gescheiterter Rennfahrer, nun Mechaniker Jack auf nahezu ganzer Strecke. Wobei der grummelige Mechaniker, der seit gescheiterter Rennfahrerkarriere seinen weichen Kern unter einer harten Schale und klassischer Metalmusik versteckt, ein absolutes Heimspiel für Harbour ist.

Der Rest der Cast ist hingegen leider blass oder im Falle von Orlando Blooms Marketeer Danny nervig. Das wäre an sich kein Problem, nur schienen die Drehbuchautoren immer einen Antagonisten im Team haben zu wollen, weshalb ständig entweder der Marketeer oder der Mechaniker gegen den jungen Jann sind. Störender als die wechselnden Allianzen ist jedoch sein Love Interest Audrey (Maeve Courtier-Lilley), die über weite Strecken des Films einfach vergessen wird und dann später als Belohnung für gewonnene Rennen zurückkehrt. Wenn kein Platz für eine Romanze im Film ist, dann sollte man sie einfach weglassen. Da auch das Familiendrama kaum eine Rolle spielt und ebenfalls kaum auserzählt wird, wäre hier mehr Fokus sicher besser gewesen. Was der Film jedoch nahezu perfekt einfängt, ist das Feeling der Videospielvorlage. Immer wieder werden Hud Elemente (sprich die INgame Anzeigen) der Serie eingeblendet und die Grenzen zwischen Spiel und Realität gekonnt verschmolzen. Wobei der Film mit seinem extrem klinischen Look jedoch mehr dem Spiel als dem realen Rennsport gerecht wird.

Gran Turismo hält daher über weite Strecken leider nicht die Ideallinie und überzeugt mehr als Videospielverfilmung, denn als Film. Er fällt weit hinter große Rennsportfilme wie Ford v Ferrari oder auch Days of Thunder zurück, aber ebenso weit liegt er vor Totalschäden, wie sie schon viele Videospiele bei ihrer Verfilmung erleiden mussten. Dank innovativem Droneneinsatz schafft es Regisseur Neill Blomkamp (Elysium, District No.9) erneut jedoch zumindest optisch vollends zu überzeugen. Autorennen sahen vielleicht schon mal besser aus – aber so wie hier sahen sie bisher wirklich nur in Videospielen aus. Gran Turismo bringt damit einen frischen Ansatz, um sein Ursprungsmaterial auf die Große Leinwand zu bringen und setzt diesen konsequent um. Er bringt das Flair der Ausnahme Videospielserie bzw. Rennfahrer-Simulation sehr gut rüber, bleibt dabei aber aufgrund dessen etwas zu sauber und oberflächlich. Wenn man einen Film über die Geschichte einer Simulation macht, kann sich das eben nicht mehr echt anfühlen und ist ein Stück der Realität entrückt.

Dennoch perfekt für Videospieler und eine sehr erzählenswerte Geschichte, nur hätte man sie etwas kürzer und mit mehrdimensionalen Figuren erzählen sollen.

Gran Turismo (USA 2023)
Regie: Neill Blomkamp
Besetzung: Archie Madekwe, David Harbour, Orlando Bloom, Djimon Hounsou, Geri „Ginger Spice“ Halliwell und Thomas Kretschmann
Kinostart: 10. August 2023, Sony Pictures Entertainment

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Malte Triesch

Malte wuchs im idyllischen Lilienthal, direkt an der Grenze zu Bremen, der schönsten Stadt im Norden Deutschlands, auf. Seine frühesten Film-Erinnerungen ist, auf dem Schulhof in der neusten TV Movie alles anzustreichen was gesehen und aufgenommen werden muss. Da die Auswahl an Horrorfilmen hier doch recht be- oder zumindest stark geschnitten war entdeckte er Videotheken für sich bzw. seine Mutter, da man diese ja erst ab 18 betreten durfte. Wenn er nicht gerade Filmreviews schreibt ist er wahrscheinlich im (Heim-)Kino oder vor dem Mikrophon für den OV Sneak Podcasts, SneakyMonday.

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