PAST LIVES – IN EINEM ANDEREN LEBEN – Filmkritik


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You make my world so much bigger and I´m wondering if I do the same.

(Arthur – Past Lives)

Zwei sehr gute Freunde scheinen, bereits im zarten Alter von zwölf Jahren, ihre Gefühle füreinander zu entdecken. Doch sie, Nora (Greta Lee), zieht mit ihrer Familie nach Kanada und er, Hae Sung (Yoo Leo), bleibt schweren Herzens in Korea zurück. Nach über einem Jahrzehnt nehmen sie zufällig wieder Kontakt zueinander auf und verbringen via Skype zahlreiche Stunden miteinander und näheren sich so einander wieder an, um sich dann ein weiteres Mal voneinander zu verabschieden. Weitere zwölf Jahre vergehen und Hae Sung beschließt erneut Kontakt zu Nora aufzubauen und dieses Mal in persona.

Past Lives erzählt über Vergangenes, das die Gegenwart prägt und unterschiedliche Lebenswege, die die Zukunft ebnen. Doch das Augenmerk legt der Film auf die Liebe und ihre vielen Facetten. Auf schicksalhafte Begegnungen und die Frage, ob es eine Art von Vorbestimmung gibt. Nora weiß von Klein auf, was sie in ihrem und mit ihrem Leben tun möchte: schreiben. Sie hat ihren Lebensweg nicht minutiös vorausgeplant, doch weiß sie, wohin es gehen soll. Hae Sung geht den Weg, der sich ihm eröffnet und kann dabei seine Vergangenheit und vor allem Nora nicht vergessen. Beide Figuren verkörpern auf eine besondere einfühlsame Art die unterschiedlichen Einstellungen, die jeder Mensch erlangt. Sie lebt für die Zukunft und er scheint in der Vergangenheit zu verweilen. Sie schmiedet ihr Schicksal selbst, er lässt sich von diesem treiben. Ob die beiden tatsächlich ineinander verliebt waren oder es noch sind oder ob zwischen den beiden eine tiefe Seelenfreundschaft besteht, wird in delikaten und geruhsamen Bildern mitgeteilt. So auch die erste Begegnung und die Beziehung zwischen Nora und ihrem Ehemann Arthur. Und mit ihm wird eine weitere Ebene und vor allem weitere Gefühle eingeführt: Ängste; Unsicherheiten, Sehnsüchte.

Die Liebe ist nicht einfach und doch ist es oft so einfach sich zu verlieben. Denn die Menschen lieben das Gefühl des Verliebtseins, besonders die Idee der Liebe. Aber Liebe ist so viel mehr: aufopfernd und stürmisch, anstrengend und erquickend, simpel und doch kompliziert. Dies alles versucht der Film in eine einfache Dreieicksgeschichte zu verpacken, die sowohl universelle Wahrheiten anspricht als auch existentielle Fragen aufwirft. Dabei wird nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig erzählt. Es gibt durchaus ein paar Längen in denen mehr passieren könnte, aber so ist das Leben nun einmal. So ist Past Lives eine sehr besondere und dennoch ganz alltägliche Geschichte, ein melancholisches und lebenskluges Spielfilmdebüt, das zum Nachdenken anregt.

Past Lives (USA 2023)
Regie: Celine Song
Besetzung: Greta Lee, Teo Yoon, John Magaro
Kinostart: 17. August 2023, STUDIOCANAL

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Helena Barth

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