ROBERT FORSTER – Strawberries


Foto-© Stephen Booth

Someone ate all the strawberries someone could have been me
They tasted out of the ordinary what can ordinary be?
What can ordinary be?

I once owned a Brett Whitely, you were living the life
I gazed up at nightly as it gazed down on your life
As It gazed down on my life.

Miracle days of happiness
Joyful moments of bliss
Miracle days of togetherness
Sealed with your tender kiss

We can’t go back to what we were
Feeling something like this
We went to the mountain
We saw it and we can’t resist

It took time to recover back from the edge of the knife
There were many ways to discover the road back out of the night
The road back out of the night.

(Robert Forster – Strawberries)

Wir erinnern uns: The Candle And The Flame, das bisher letzte Album des großartigen australischen Singer-Songwriters Robert Forster, spiegelte vor gut zwei Jahren ein persönliches Drama in der Musikerfamilie wider. War doch Karin Bäumler, Forsters deutsche Ehefrau und Mutter seiner Kinder Louis und Loretta, lebensbedrohlich an Krebs erkrankt. Die Platte erwies sich dann (so stand es hier bei Bedroomdisco zu lesen) als „eine Hoffnung spendende, von großem Familiensinn geprägte Lebensmut-Infusion“ – und als tolles Solo-Spätwerk des früheren Masterminds von The Go-Betweens sowieso.

Wenn sich Robert Forster nun mit einem vor Glück und Harmonie nur so glühenden Lied wie Strawberries zurückmeldet, das er zusammen mit einer fröhlichen Karin Bäumler in der heimischen Küche in Brisbane singt, dann ahnt man erleichtert, dass die Patientin zumindest auf dem Weg der Besserung oder sogar wieder ganz gesund ist. Und dass ihre Familie das Schlimmste überstanden hat.

Strawberries heißt dann auch das neue Album, und es ist (schon thematisch) zwar anders, aber kein bisschen schwächer als der Vorgänger. Im Gegenteil: Vielleicht wird man diese aus nur acht Songs bestehende Platte einmal als Opus magnum von Robert Forster und als sein bestes Solowerk neben The Evangelist (2008) einordnen, der berührenden Verbeugung vor dem kurz zuvor gestorbenen Freund und langjährigen Band-Kollegen Grant McLennan.

„It took time to recover back from the edge of the knife/there were many ways to discover the road back out of the night/the road back out of the night“, singt Robert Forster im Titelsong und macht damit in den Lyrics bei aller neu gewonnenen Leichtigkeit des Seins deutlich, dass schwere Zeiten hinter den Beteiigten liegen. Rein musikalisch ist das Stück von herrlicher Verspieltheit – da necken einander und frotzeln zwei immer noch verliebte Leute nach über 30 Beziehungsjahren wegen einer Schale heimlich weggefutterter Erdbeeren. Eine „kleine Feier des Überlebens und der Lebenslust“, wie der geschätzte Rolling Stone-Kollege und Go-Betweens-Experte Maik Brüggemeyer in seinem Forster-Feature schreibt.

Gleich der Album-Opener Tell It Back To Me bricht herein wie ein glitzernder Sonnenstrahl. Jingle-Jangle-Gitarren wie zu besten Zeiten seiner phänomenalen Band, eine sehnsüchtige Mundharmonika und eine catchy Melodie, die zu den schönsten in Forsters Oeuvre zählt – ein Start nach Maß. Danach kommt mit Good To Cry ein munteres Rockabilly-Country-Folk-Feeling auf, ehe Breakfast On The Train (mit fast acht Minuten eines der längsten Lieder in dieser Karriere) recht explizit eine Gelegenheit-macht-Liebe-Geschichte vor uns ausbreitet. So klug und sensibel kriegt das wohl nur ein sehr reifer Songautor hin (Forster wird Ende Juni 68).

Im Gegensatz zu den hoch persönlichen Songs des Vorgängeralbums erzählt der Australier diesmal distanzierter, etwa wenn er sich mit Foolish I Know in die Perspektive eines schwulen Mannes begibt, der seine aussichtslose Liebe zu einem Heterosexuellen beklagt. Dies sei anfangs gar nicht so einfach gewesen, sagt Forster im Rolling Stone-Interview, aber dann habe er sich an Lou Reed und David Bowie orientiert: „Reed und Bowie, da komme ich her. Und das Spiel mit sexueller Identität ist ein Teil davon. Plötzlich ergab alles Sinn.“

Neben den Glam-Ikonen, auf die sich Robert Forster hier beruft, kann man auch andere große Vorbilder heraushören (wobei dieser Musiker freilich immer völlig eigen und selbstständig klingt): Van Morrison, Leonard Cohen, Alex Chilton, Lloyd Cole (etwa in der wunderschönen Ballade Such A Shame) – echte Klassiker des gepflegten Songwritings halt.

Und natürlich könnte man sich die meisten dieser Stücke auch immer im Go-Betweens-Kontext vorstellen. Abgesehen vom Closer Diamonds vielleicht, einem Song, der bei Lou Reeds Walk On The Wild Side anknüpft und mit dem Kippen von Forsters sonorer Bariton-Stimme in ein ungewohntes Falsett sowie dem jazzigen Saxophon-Gehupe von Lina Langendorf doch deutlich aus dem Rahmen fällt („Ich wollte meinen musikalischen Kosmos auf dieser Platte erweitern. Ein paar neue Farben reinbringen.“)

Langendorf ist ein besonders prägendes Mitglied der neuen Forster-Studioband rund um den schwedischen Gitarristen und Produzenten Peter Morén (aus dem Trio Peter Bjorn And John). Strawberries wurde dann letztlich auch in Schwedens Hauptstadt aufgenommen, also nicht in einer der üblichen Musikmetropolen wie London, Paris oder Berlin. „Stockholm ist immer noch bei sich, man läuft durch diese schöne Architektur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, aber man ist nicht eingezwängt in Touristenaufläufen. Es ist nicht so überfüllt. Es ist, als wäre man zurück in den 60er-Jahren“, schwärmt Forster.

Fazit: Strawberries ist ein Musterbeispiel dafür, wie sich ein lange etablierter Singer-Songwriter auch nach fast 50 Jahren im Business immer noch ein Stück weit „neu erfinden“ kann, ohne sich modisch und hype-heischend zu verbiegen. Ganz große Kunst.

Robert Forster – Strawberries
VÖ: 23. Mai 2025, Tapete Records
www.robertforster.net
www.facebook.com/robertforsterofficial

YouTube Video

Werner Herpell

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