COURTNEY BARNETT – Tell Me How You Really Feel


Foto-© Pooneh Ghana

The city looks pretty when you been indoors
For 23 days I’ve ignored all your phone calls
And everyone’s waiting when you get back home
They don’t know where you been, why you gone so long
Friends treat you like a stranger and
Strangers treat you like their best friend, oh well
Spare a thought for the ones that came before
All in a daze bending backwards to reach your goal

Sometimes I get sad
It’s not all that bad
One day, maybe never
I’ll come around

(Courtney Barnett – City Looks Pretty)

Wo war Courtney Barnett eigentlich nicht? Hat man ihre Entwicklung der letzten Jahre beobachtet, konnte man sich fragen, wann sie eigentlich schläft und wann sie das zuletzt im eigenen Bett getan hat. Haben wir sie gerade noch bei Jimmy Fallon auf dem Sofa gesehen, stand sie auf einmal vor uns auf der Bühne beim Haldern Pop. Dann wieder USA, Australien, Europa, zwischendrin das tolle Slacker-Album mit Kurt Vile und dann doch jetzt schon das zweite Solo-Album Tell Me How You Really Feel – ein Album gegen Oberflächlichkeiten.

Im ersten Moment ist es nicht ganz schlüssig, warum nicht mehr Zeit zwischen den Alben vergangen ist, schließlich ist das Debüt Sometimes I Sit And Think, And Sometimes I Just Sit auch erst vor drei Jahren erschienen. Denn das neue Album ist eine Bekenntnis zu sehr drückenden Gefühlen wie Einsamkeit, Unsicherheit und Angst. Schon beim ersten Song Hopefulessness singt sie die Zeile: “You know it’s okay to have a bad day” und lässt den Song in sich und seinem Gitarrenfeedback ergießen. “I’m getting louder now” singt sie am Ende, um dann aber doch in den lethargischen Song City Looks Pretty überzugehen, der zwar beschwingt daherkommt, dann aber durch die Lyrics die ambivalente Einsamkeit besingt (“Friends treat you like a stranger and Strangers treat you like their best friend.”)

Sarkasmus war schon immer fester Bestandteil der Texte Barnetts und hat immer eine gewisse Distanz aufrecht gehalten. Bei Songs wie Need A Little Time oder Nameless, Faceless bricht sie damit. Ganz unverblümt singt sie über das Bedürfnis nach einer Auszeit, da sie sonst weder sich noch ihrem Umfeld gerecht werden kann. Da steht nichts zwischen den Zeilen, da versteckt sich kein Witz, das ist pure Resignation. Anders ist das bei Nameless, Faceless. Hier paraphrasiert sie die ikonischen Worte von Margret Atwood und macht daraus einen wütenden Song: “I wanna walk through the park in the dark, men are scared that women will laugh at them, I wanna walk through the park in the dark, women are scared that men will kill them.” Wütend bleibt es auch bei I’m Not Your Mother, I’m Not Your Bitch. Da spricht nicht nur sie, sondern sie lässt vor allem auch ihre Gitarre sprechen, die immer wieder aufbrausend dröhnend die Worte unterstreicht.

Das titelgebende Tell Me How You Really Feel taucht dann zum ersten Mal beim Song Crippling Self Doubt and a General Lack of Self-Confidence auf und beantwortet im sehr typischen Barnett-Sound die Frage sehr unbefriedigend. Mit Help Your Self folgt dann die beste Bassline der Platte und kommt ungewohnt bluesig daher. Obwohl sie beim nächsten Track Walkin’ On Eggshells anzählt, kommt nicht der zu erwartende klassische Singer/Songwritermoment, vielmehr lässt sie sich hier wieder auf ein Duett mit ihrer E-Gitarre ein. Sehr ruhig und freundschaftlich endet die Platte dann mit Sunday Roast: “Keep on keepin’ on, y’know you’re not alone, and I know all your stories but I’ll listen to them again, and if you move away y’know I’ll miss your face, it’s all the same to me, y’know it’s all the same to me”

Courtney Barnett – Tell Me How You Really Feel
VÖ: 18. Mai 2018, Marathon Artists / Milk! Records
www.courtneybarnett.com.au
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