BEAR’S DEN – So That You Might Hear Me

I think of you much more than I
Would like to admit that I do before strangers
But there you are
Whistling through the trees again
Rustling through the leaves my friend
A feather on my pillow,
Let’s me know that you’re near.

(Bear’s Den – Crow)

Die neue Platte der britischen Indie-/Folk-Band Bear’s Den kombiniert akustische Piano- und Gitarrenklänge mit elektronischen Elementen so intuitiv, dass zusammen mit wahnsinnig folkigen und melodischen Gesangslinien, ein runder und individueller Sound entsteht. Schon im ersten Song Hiding Bottles verbinden die Musiker Synthie Pads mit rockigen E-Gitarrenriffs und erinnern spontan an die Zeit, in der The Killers mit ihrem Song Human ums Eck kamen. Die Drums sind sehr treibend und mächtig, nicht zuletzt dadurch, dass sie extrem weit vorne im Mix liegen. Die erstaunlich positiv assoziierten Harmonien und der dynamische Sound stehen dabei im Kontrast zur besungenen Alkoholproblematik eines nahen Familienmitgliedes.

In Blankets Of Sorrow wird das Dilemma beschrieben, zu jemanden nicht durchdringen zu können. Es lässt sich der starke Wunsch heraushören, auf eine ehrliche Art und Weise miteinander zu kommunizieren. So heißt auch das Album So That You Might Hear Me – ein Ruf gehört werden zu wollen. Majestätische Bläser- und Cembalo-Sounds lassen den Track Evangeline sehr experimentell wirken. Die stolz und anmutig klingende Brass Section unterstützt inhaltlich die innere Sturheit, nicht vergessen zu wollen und auf eine Entschuldigung zu warten. Obwohl der Song zunächst entspannend wirkt, versprüht er einen gewissen Ärger.

Back to the roots geht es mit Breaker / Keeper und Not Every River, die vom Sound am ehesten dem ersten, sehr folkigen Album Islands ähneln. Obwohl sich Kevin Jones und Andrew Davie in ihrem eigenen Studio experimentell austoben konnten und ihnen die Integration akustischer und elektronischer Elemente extrem gut gelungen ist, bereichert der Song Not Every River den Longplayer auf eine andere Weise: Mantraartig wiederholt sich darin die Zeile „Not every river is gonna make it back to the sea“ und während des Hörens fällt es leichter den Ist-Zustand des eigenen Lebens zu akzeptieren. Gesanglich wie ein altes Volkslied vertont, wirkt ein simultanes Synthie-Pad beruhigend und für den Moment scheint es in Ordnung, dass nicht alles in Ordnung ist. Breaker / Keeper verzichtet ebenfalls auf Drums und fokussiert sich auf Akustik-Gitarren-Klänge. Interessante, leicht dissonante Klavierharmonien und die Bear’s Den typische Melodieführung werden perfekt mit Bläsern im Hintergrund ergänzt. Es entsteht der gewohnte pompöse und berührende Sound der Band.

Beim Hören von Conversations With Ghosts hat man das Gefühl, einer Live Akustik Session zu lauschen. Ganz unelektronisch, lebensbejahend und leichtfüßig besingt Andrew Davie den Wunsch, an jemanden heranzukommen, der noch in der Vergangenheit verstrickt ist. Die dritte Single Laurel Wreath ist sehr poppig und balladenhaft, daneben ein richtiger Ohrwurm. Choräle Gesänge im Chorus klingen feierlich, die Lyrics schwanken zwischen Poesie und direkter Erzählerperspektive.

Im Musikvideo zu Crow werden verschiedenste Konstellationen von Familien gezeigt, die zum ersten Mal gemeinsam den Song hören. Die Zeilen des Songs sind extrem offen und direkt und das Lied lässt einen durch seine extreme Intensität inne halten. Der Schmerz, einen Mensch verloren zu haben, der den eigenen Beschützer und Halt darstellte, überwältigt ziemlich. Aber es geht auch um die Legitimation, manche Dinge nicht loslassen zu müssen. Und das ist ein schöner Gedanke.

Es ist interessant, dass das Album so einen starkes thematisches Konzept hat, das allein dadurch entstanden ist, dass sich Andrew darauf fokussiert hat, was instinktiv aus seinem Unterbewusstsein aufs Papier fließt. Um sich selbst und auch dem Umfeld aufzuzeigen, was in ihm vorgeht, vielleicht sogar bevor er es selbst weiß. Dabei schwanken die Texte zwischen verschlüsselter Lyrik und direkten Beschreibungen. Bear’s Den haben auf der neuen Platte reale Unterhaltungen genauso glaubwürdig wie indirekte poetische Zeilen untergebracht. Die kreative Entwicklung der Band wird hörbar und die Verschmelzung von Experimentierfreude und anfänglicher Folk-Verwurzelung ist gelungen.

Bear’s Den – So That You Might Hear Me
VÖ: 26. April 2019, Caroline
www.bearsdenmusic.co.uk
www.facebook.com/bearsdenmusic


Julia Rösner

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