THE UNITED STATES VS. BILLIE HOLIDAY – Filmkritik


Foto-© Takashi Seida

Anytime somebody colored is doing something right, they paint us all wrong!

(Mrs. Fletcher – The United States vs. Billie Holiday)

Seit Billie Holiday den Song Strange Fruit das erste Mal performte sind 82 Jahre vergangen. Erst 2020 wurden Lynchmorde offiziell zu einem Bundesverbrechen in den USA erklärt. Und noch immer werden Schwarze in den Vereinigten Staaten regelmäßig Opfer von Polizeigewalt. The United States vs. Billie Holiday von Regisseur Lee Daniels ist nicht nur ein Biopic über eine der berühmtesten Jazzsängerinnen, sondern auch ein politisches Statement.

Das Leben von Billie Holiday verläuft wie ein Roman von Franz Kafka. Es fängt traumatisierend an und wird mit der Zeit immer schlimmer. Der Film konzentriert sich dabei auf die letzten Lebensjahre der Musikerin und portraitiert ihren Kampf bis zum Schluss. Trotz traumatischer Kindheit, stetiger Konfrontation mit Rassismus und Drogenkonsum schafft es Billie Holiday bis an die Spitze der Jazzmusik. An ihrer Seite treten Größen wie Louis Armstrong auf und die Konzertsäle, in denen sie auf die Bühne steigt, sind immer ausverkauft. Doch die Bundesbehörden der USA sind ihr stets auf den Fersen, stecken sie wegen Heroin-Besitzes ins Gefängnis und verhaftet sie sogar noch auf dem Totenbett – laut Lee Davis und seinem Film alles nur, weil die US-Regierung ihr Lied Strange Fruit zensieren will. The United States vs. Billie Holiday zeichnet eine politische, aktivistische Lady Day, die mit ihrem Lied auf die Lynchmorde an Schwarzen aufmerksam machen will. Ein Bild, das im Vergleich zur Realität leicht populistische Züge annimmt. Holiday galt zu Lebzeiten nicht als Aktivistin der Bürgerrechtsbewegung und auch Strange Fruit konnte sie bei ihren Konzerten singen, ohne dass eine Verhaftung drohte.

Trotz dieser aktivistischen Interpretation von Billie Holidays Leben, ist der Film von Lee Daniels ein sehenswertes Erlebnis. Allein die Performance von Andra Day als Billie Holiday setzt neue Maßstäbe. Jedes von ihr gesungene Lied, könnte direkt von Lady Day persönlich kommen und sie verleiht ihrer Rolle so viel Tiefe und Ausstrahlung, dass die anderen Figuren des Films neben ihr unterzugehen scheinen. Doch nicht nur Andra Day lässt das Publikum im cineastischen Geschehen versinken, auch das Bild, durch Filter auf alt gemacht, zieht in seinen Bann. Leider verliert sich Regisseur Lee in der Fülle des Materials und spätestens nach 90 Minuten Spieldauer scheint dem Film der Atem auszugehen – zu kleinteilig wird erzählt, zu umfangreich wird dargestellt. Und trotzdem ist The United States vs. Billie Holiday ein faszinierendes und politisches Werk, das Billie Holiday zwar nicht ganz gerecht wird, aber dennoch den Nerv der Zeit trifft.

The United States vs. Billie Holiday (USA 2021)
Regie: Lee Daniels
Darsteller: Andra Day, Trevante Rhodes, Garret Hedlund, Natasha Lyonne, Melvin Gregg, Evan Ross, Dana Gourrier, Tone Bell
Heimkino-VÖ: 23. April (digital), 14. Mai auf Blu-ray/DVD, capelight pictures

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Julius Tamm

Hat irgendwas mit Medien studiert, schaut gerne Filme und schreibt auch noch drüber. Autor bei bedroomdisco, FRIZZ Darmstadt, hr-iNFO Online und hessenschau Social Media.

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