JEREMY PERRODEAU – RUINEN

Jeremy Perrodeau - Ruinen

Der neue Graphic Novel Ruinen von Jeremy Perrodeau beackert ein in cineastischen Kreisen durch Filme wie Inception, Paprika oder The Cell, nicht gänzlich unbekanntes Feld: Die Reise in das Unterbewusstsein eines Menschen. In diesem Fall handelt es sich um Rose, die Tochter einer bürgerlichen Familie, die seit Jahren im Koma liegt und durch den Einsatz des kämpferischen Psychologen Samuel wieder in die reale Welt überführt werden soll. Die ohnehin gefährliche Mission wird  verkompliziert, als die Schwester der Patientin sich dazu entschließt, Samuel zu begleiten und so entsteht auf gut 200 Seiten ein unaufgeregter Abenteuerroman.

Jeremy Perrodeau bleibt sich treu: Nach seinem fantastischen Graphic Novel Dämmerung (hier unsere Kritik) entführt uns der französische Autor erneut in fremde Welten und lässt mit seinem einzigartigen, reduzierten Zeichenstil neuartige Landschaften entstehen. Leider wurde hier einiges an Potenzial verschenkt, denn die Traumwelt ist in ihrer Darstellung viel zu uniform. Während die reduzierte Darstellung der Emotionen und die weite Panelgestaltung in Dämmerung und im ohnehin kalten und sterilen Weltraumsetting ein Glücksgriff war, entpuppt sich der Stil für Ruinen leider nicht als praktikabel. Die Figuren bleiben über die gesamte Handlung blass, was bei dem ohnehin coolen Söldner Samuel noch zu verkraften wäre, und auch die abstrakte und super simple Darstellung der Gesichter kann diesem ersten Eindruck wenig hinzufügen. Schade, denn Ruinen bietet mit seinem Ansatz über Familienbande und der Ergründung der persönlichen Rätsel der Schwestern durchaus interessante Ansätze.

Ich möchte Ruinen loben! Sowohl das Story-Fundament, als auch der Zeichenstil von Jeremy Perrodeau treffen (von den Gesichtern einmal abgesehen) eigentlich genau meinen Geschmack! Doch leider wird die Geschichte zu oberflächlich erzählt und schafft es nicht, eine Sogwirkung zu erzeugen, ja ich entwickle sogar eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber den Protagonistinnen. Schade – hier wäre viel mehr drin gewesen.

Jeremy Perrodeau – Ruinen
VÖ: 1. März 2022, Edition Moderne
Hardcover, 232 Seiten
ISBN 978-3-03731-233-9

Fred

Fred ist 32 Jahre, wohnt in der Pop-City Damstadt und mag Hunde, Pizza und Musik.

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