MEN – Filmkritik


Foto-© Koch Films

A man followed me out of the woods.

(Harper – Men)

Die offizielle Beschreibung der Handlung von Men ist bewusst maximal knapp bemessen. Sinngemäß besagt diese, dass eine Frau mittleren Alters (Harper, gespielt von Jessie Buckley), nach dem Tod ihres Mann (James, gespielt von Paapa Essiedu) alleine Urlaub im britischen Hinterland macht. Dem möchte ich noch hinzufügen, dass sich, dort angekommen, alle Männer ihr gegenüber sehr merkwürdig und zumindestens passiv aggressiv verhalten (und nahezu alle von einem extrem wandelbaren Rory Kinnear gespielt werden).

Was es mit dem Tod ihres Mannes auf sich hat, ob und wenn ja, wie dieser mit der merkwürdigen Stimmung der Männer in dem Dorf in Verbindung steht, das erschließt sich Harper und dem Zuschauer im Laufe der 100 Minuten Spielzeit von Men. Zumindest zu einem gewissen Grad. Denn wie man es von einer Produktion des Art House Labels A24 unter Regie und nach einem Drehbuch von Alex Garland (Ex Machina, Annihilation) erwarten würde, ist der Horrorfilm voll von bedeutungsschwangeren Metaphern, aber recht karg im Hinblick auf konkrete Antworten. Es geht um Trauer, Träume und Obsession mit Geschlechterrollen, verpackt in einer Abwärtsspirale von fehlendem Verständnis, über Aggression bis hin zu Gewalt. Harper ist die meiste Zeit alleine mit sich und ihren Gedanken, sodass der Film über lange Strecken nahezu ohne Dialoge auskommt. Die Unterhaltungen, die es gibt, sind nahezu ausschließlich Belehrungen der Männer um sie herum. Angefangen von einer recht neutralen Einführung in das angemietete Anwesen, was natürlich einer Erklärung bedarf, hin zu Lebensweisheiten, schnell aber zu Hinweisen, wie sie ihr Leben zu führen hat. Lichtblicke in all der Dunkelheit entstehen durch Telefonate mit ihrer Freundin Riley (Gayle Rankin), die sie aufbaut und versteht. Kurze Erleichterung schafft auch das viele Horror Tropes angedeutet, aber nicht ausgespielt werden, wobei diese vermeintliche Sicherheit trügt. Denn wenn der „verbotene Apfel“ nicht vergiftet ist und man der komischen Gestalt im Tunnel schnell und einfach entgehen kann, dann nur weil Regisseur Garland euch den wahren Horror dahinter dann reindrückt, wenn ihr ihn nicht erwartet.

Die verstörende Geschichte verlässt relativ schnell den Mainstream und hängt auch viele hartgesottenere Horrorfans spätestens gegen Ende mit seinen teils grotesken Metaphern ab. Die Hoffnung ist, dass möglichst viele sich dennoch wieder in den Film hineinfinden und trotzdem dabeibleiben. Denn Men ist absolut sehenswert, auch wenn er, wie so oft, gerade von denen, die ihn unbedingt sehen sollten, wohl nicht gesehen oder verstanden wird. Für Arthouse-Horrorfans vielleicht im Horror etwas zu plakativ bei den Horror Elementen. Für Fans feministischer Dramen hingegen sicher etwas zu grotesk und teilweise gar plump in manchen Metaphern, findet der Film dennoch ein sehr gesundes Mittel und fordert dabei beide Seiten gleichermaßen, wenn man denn hier von so etwas wie Seiten sprechen kann.

Men (UK 2022)
Regie: Alex Garland
Besetzung: Jessie Buckley, Rory Kinnear, Paapa Essiedu, Gayle Rankin
Kinostart: 21. Juli 2022, Koch Films

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Malte Triesch

Malte wuchs im idyllischen Lilienthal, direkt an der Grenze zu Bremen, der schönsten Stadt im Norden Deutschlands, auf. Seine frühesten Film-Erinnerungen ist, auf dem Schulhof in der neusten TV Movie alles anzustreichen was gesehen und aufgenommen werden muss. Da die Auswahl an Horrorfilmen hier doch recht be- oder zumindest stark geschnitten war entdeckte er Videotheken für sich bzw. seine Mutter, da man diese ja erst ab 18 betreten durfte. Wenn er nicht gerade Filmreviews schreibt ist er wahrscheinlich im (Heim-)Kino oder vor dem Mikrophon für den OV Sneak Podcasts, SneakyMonday.

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