BELLE AND SEBASTIAN – Late Developers


Foto-© Matador Records

Did you listen to my prayers?
‘Cause there’s something in the air
And your love is all I need
For your love is true indeed

I been lookin’ in and lookin’ out
And there’s a million faces in the crowd
But you chose to hold your gaze on me
And it only took a moment to see

I don’t know which way to be
I don’t know if it’s enough
I don’t know what you see in me
But I know I’m not ’bout to give you up
I don’t know which way to be
I don’t know if it’s enough
I don’t know what you see in me
But I know I’m not ’bout to give you up

(Belle and Sebastian – I Don’t Know What You See In Me)

“Eine der besten Indiepop-Bands der Welt” – fast schon hymnisch lobte das ansonsten recht sachliche Online-Musiklexikon Allmusic erst kürzlich unsere Lieblings-Schotten von Belle and Sebastian. Der berechtigte Anlass: das Album A Bit Of Previous aus dem vorigen Mai, ein für Stuart Murdoch und seine langjährige Band typischer “return to form” nach einigen weniger spektakulären Platten. Wie gut Belle and Sebastian in jenen ergiebigen Glasgower Sessions drauf waren, wird jetzt noch klarer: Denn Late Developers ploppt als erste dicke Pop-Überraschung des noch jungen Jahres quasi aus dem Nichts auf. Und macht den Hörer mindestens so glücklich wie der Vorgänger.

Kam A Bit of Previous nicht nur vom augenzwinkernden Albumtitel her (“Ein bisschen was von früher”) bereits wie eine Best-of-Scheibe mit lauter neuen Songs daher, so setzt Late Developers diesen den Fan fest knuddelnden Trend fort. Vom verspielten Brit-Folk (Will I Tell You A Secret, When The Cynics Stare Back From The Wall) über den sehnsüchtig-melancholischen Twee-Pop der Anfangsjahre (When We Were Young) bis zu kühleren, synthielastigen Mitsing-Liedern (I Don’t Know What You See in Me) oder Blue-Eyed- und Retro-Soul-Anklängen (The Evening Star, Do You Follow) reicht das Spektrum. In When You’re Not With Me werden Sarah Martins zarte Vocals gegen Ende von einem munter klimpernden Jazz-Piano begleitet, der Titelsong beendet das Album mit fröhlichen Bläsern im Latin-Tanzkapellen-Groove.

Doch nichts wirkt hier bemüht oder angeberisch nach dem Motto: Schaut her, was wir alles können. Stuart Murdoch (mit einer weiterhin erstaunlich alterslosen Singstimme gesegnet), Sarah Martin, Stevie Jackson und der Rest dieser famosen Mini-Bigband flanieren wunderbar lässig durch ihre so zugänglichen wie gehaltvollen Lieder, lassen auch Schweres (in einigen Texten) ganz leicht klingen. Eigentlich alles wie immer bei Belle and Sebastian also, überall die seit Tigermilk und If You’re Feeling Sinister (1996) gewohnte Qualität – in diesem Fall per se eine gute Nachricht.

Aber gar so nüchtern sollte man Late Developers (und letztlich auch das eng verwandte Vorläufer-Album) nicht in den Klassiker-Kanon der besten britischen Indiepop-Alben der vergangenen Jahre aufnehmen – Schwärmen ist erlaubt. Welche andere Band schafft es seit fast 30 Jahren, ihren eingeschworenen Fan-Kreis und (nun, fast alle) Kritiker gleichermaßen mit Können, Charme und Stilbewusstsein (angefangen bei den stets vortrefflichen Albumcovers, auch jetzt wieder!) um den Finger zu wickeln? Und welcher Storyteller neben Stuart Murdoch (54) kann selbst das Altern, Ängste und andere existenzielle Fragen so thematisieren, dass es einen nicht runterzieht?

Richtig: Da muss man lange suchen, auf der Insel etwa in den höchstem Höhen bei Paddy McAloon (Prefab Sprout), Roddy Frame (Aztec Camera) oder Edwyn Collins (Orange Juice). Von all diesen Genies oder erst recht von ihren früheren, stilprägenden Bands hat man leider lange nichts mehr gehört – Belle and Sebastian dagegen lassen uns nie allein. Gut 20 neue Lieder innerhalb knapp eines Jahres – eine quantitativ und qualitativ eindrucksvolle Quote. Der nahezu perfekte Pop von Late Developers bietet eine neue Gelegenheit, diesen liebenswerten Schotten einfach mal Danke zu sagen.

Belle and Sebastian – Late Developers
VÖ: 13. Januar 2023, Matador Records
www.belleandsebastian.com
www.facebook.com/belleandsebastian

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Werner Herpell

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